Ilvesheim. Dieses Interview ist für Andreas Metz ein besonderes. In wenigen Monaten geht die zweite Amtszeit als Ilvesheimer Bürgermeister zu Ende, bei der Wahl im Mai möchte er noch einmal antreten. Das Gespräch zum Jahresabschluss ist deshalb eine gute Möglichkeit, um zurück zu schauen - aber auch, um den Blick nach vorne zu richten.
Herr Bürgermeister, mit welchem Gefühl schauen Sie auf die anstehende Wahl?
Andreas Metz: Es ist eine gewisse Spannung da, ich empfinde aber auch Vorfreude. Die Wahl gibt mir die Möglichkeit, mich selbst und meine Pläne zu hinterfragen. Außerdem möchte ich mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen, Ziele diskutieren und Rückmeldung erhalten.
Wie gedenken Sie, die Doppelbelastung mit Wahlkampf und Bürgermeisteramt zu stemmen?
Metz: Das wird eine intensive Zeit. Hinzu kommt, dass ich in meiner Funktion als Bürgermeister weitere Ehrenämter wie den Kreisverbandsvorsitz des Gemeindetags übernommen habe. Alles unter einen Hut zu bringen, wird nicht einfach. Aber ich mache das nicht zum ersten Mal und der Zeitraum dieser Doppelbelastung ist begrenzt.
Zur Person - Andreas Metz
Geboren am 7. November 1966 in Mannheim, aufgewachsen in Ilvesheim.
1986: Abitur am Carl-Benz-Gymnasium in Ladenburg, Studium in Heidelberg.
1994: Abschluss mit Magister Artium (Geschichte und Germanistik).
1994: Anstellung bei der Stadt Speyer in verschiedenen Funktionen.
Seit 2007: Bürgermeister von Ilvesheim. Er setzte sich im zweiten Wahlgang mit 54 Prozent der Stimmen durch. Bei der Wiederwahl am 17.Mai 2015 erreichte Metz im ersten Wahlgang 89,4 Prozent der Stimmen. Die nächste Bürgermeisterwahl steht am 7. Mai 2023 an.
Verheiratet mit Olga Metz, zwei Söhne.
Sie sind seit 2007 im Amt. Oft waren Sie als Krisenmanager gefragt, sei es bei der Finanzkrise oder jetzt während der Corona-Pandemie und der Energieknappheit. Konnten Sie überhaupt gestalten?
Metz: Natürlich behindern einen solche Krisen. Trotzdem ist es gelungen, Ilvesheim in den vergangenen 16 Jahren gut aufzustellen. Ich denke da an den Zuwachs an Einwohnern durch das Wohngebiet Mahrgrund, den Ausbau von Kinderbetreuung, Schule und Senioreneinrichtung oder auch an die Sportstätten und Spielplätze. Ein besonderer Dank gilt dabei auch meinen Mitarbeitern. Die konnten zum Beispiel während der Pandemie nicht einfach im Homeoffice arbeiten.
Kürzlich haben Sie den Haushalt 2023 eingebracht. Wie steht die Gemeinde finanziell da?
Andreas Metz: Die Inflation und die Steigerung der Energiekosten sind eine große Belastung. Wir müssen 2023 allein für Strom und Wärme 700 000 Euro mehr ausgeben. Gut ist, dass die Mehrzweckhalle wegen der derzeitigen Sanierung als Energieverbraucher wegfällt, die Energiekosten für das Hallenbad zahlt die Schwimmschule. Insgesamt sieht die Lage ganz gut aus. Ich gehe von einer schwarzen Null im Haushalt aus.
Die Wirtschaftslage ist aber unsicher. Ilvesheim ist besonders auf Steuereinnahmen angewiesen. Eine drohende Rezession könnte die Aussichten eintrüben.
Metz: Das Jahr 2023 wird nicht einfach. Dennoch ist die Erwartung da, dass sich die Inflation im Laufe des Jahres normalisiert. Außerdem halte ich es für wichtig, dass die Kommunen auch in Krisenzeiten die Weichen für die Zukunft stellen. Das bedeutet auch zu investieren - eine Ansicht, die auch die Bundesvorsitzende der Grünen teilt.
Das heißt, das Kombibad haben Sie weiter fest im Blick - trotz steigender Baukosten und unsicherer Wirtschaftslage?
Metz: Ja, das Bad haben wir weiter fest im Blick. Genauere Kostenkalkulationen wird es geben, wenn das beauftragte Fachbüro ein neues klimaneutrales Energiekonzept ausgearbeitet hat. Die Baukosten sind aber nicht das einzige. Es geht auch darum, Betrieb und Unterhalt zu sichern. In der aktuellen Haushaltslage mit diesen Energiekosten wird das schwierig. Unter normalen Bedingungen ohne hohe Inflation sind die Betriebskosten darstellbar. Eine Einnahmequelle während des Betriebs sind teilweise Verpachtungen an Schwimmschulen.
Nicht gerade vielversprechend.
Metz: Es ist schwierig, in die Zukunft zu schauen. Das gleicht einem Blick in die Glaskugel. Es hilft hier, auch in die Vergangenheit zu blicken. Ilvesheim konnte früher zwei Bäder unterhalten, mit denselben finanziellen Voraussetzungen wie heute. Warum sollte es dann nicht möglich sein, in Zukunft ein Bad zu betreiben?
Zuerst kommt die Sanierung der Mehrzweckhalle. Wann kann die fertig sein?
Metz: Es ist schwierig, ein Datum zu nennen. Ich gehe von Mitte 2024 aus. Die Sanierung ist ein richtungsweisendes Projekt. Wir erneuern die Heimstätte vieler Vereine und der Schule, sorgen mit der Sanierung für eine bessere Energiebilanz und schaffen mehr Raum für die Kinderbetreuung.
Weitere Vorhaben sind die Sanierung der Hebel- und Lessingstraße sowie der Bau eines Aufzugs samt Übungsturm am Feuerwehrgerätehaus. Wie geht es da weiter?
Metz: Am Spielplatz in der Lessingstraße wurde die Baustelle jüngst eingerichtet, hier kann es bald losgehen. Am Feuerwehrgerätehaus stehen bereits die Fundamente des Turms. Hier laufen die weiteren Arbeiten etwas schleppend, da es schwer war, Anbieter für die einzelnen Gewerke zu finden.
Das alles sind große Vorhaben und der Gemeinderat beschließt weiterhin viele verschiedene Maßnahmen. Bei so viel Arbeit kann die Verwaltung doch gar nicht hinterherkommen, oder?
Metz: Ich sehe das Problem hier nicht auf Seiten der Kommunalpolitik, sondern bei immer mehr Anforderungen und Vorgaben, die vom Gesetzgeber kommen und die wir vor Ort umsetzen müssen. Genau das habe ich auch in dem Brandbrief an Bund und Land kritisiert, den ja fast alle Bürgermeister und der Landrat des Rhein-Neckar-Kreises unterzeichnet haben.
Wie fielen die Reaktionen aus?
Metz: Ich habe nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen begriffen haben, worum es geht. Das Problem ist nicht, dass die Kommunen mehr Geld brauchen, sondern dass sie den immer größer werdenden Aufgaben nicht mehr gerecht werden können. Ich sehe eine Gefahr für die Demokratie, wenn Bund oder Land Erwartungen wecken, die nicht erfüllt werden können. Ein Beispiel: der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung ab 2026. Wir sind in Ilvesheim gut aufgestellt. Insgesamt muss man sich fragen: Wie soll das gehen? Schon jetzt fehlen tausende Fachkräfte in der Kinderbetreuung.
Eine kommunale Aufgabe ist auch die Schaffung von Wohnraum. Die Zeit drängt, Mieten werden immer teurer.
Metz: Wir durchforsten die Bebauungspläne auf mögliche Lücken und schauen, wo wir nachverdichten können. Außerdem gibt es Gebiete für künftigen Wohnraum, wo wir aber an Fristen gebunden sind. In der Kanzelbachstraße kann die Fläche der Kleintierzüchter erst bebaut werden, wenn der Pachtvertrag ausgelaufen ist. Beim Gelände des Hallenbads stehen noch dessen Nutzung durch die Schwimmschule und der nötige Umbau des Heizungssystems für die Neckarhalle im Weg. Konkrete Schritte wird es 2023 für das Wohngebiet Sichelkrümme geben. Hier streben wir den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan an.
Ein weiteres Thema, das die Kommunen beschäftigt, ist die steigende Zahl an geflüchteten Menschen. Wie will die Gemeinde diese Personen unterbringen?
Metz: Das ist eine große Herausforderung für alle Kommunen. Wir halten das Bürgerhaus Hirsch weiterhin für Geflüchtete vor. Darüber hinaus mieten wir Wohnungen an. Große Hoffnungen setzen wir in die drei Häuser in der verlängerten Mozartstraße. Dort wird die Gemeinde Wohneinheiten für Geflüchtete anmieten. Sie bieten zusätzlichen und vor allem geeigneten Wohnraum.
Ein weiteres Zukunftsthema ist der Klimawandel. Was kann eine Gemeinde wie Ilvesheim hier überhaupt bewegen?
Metz: Wir können ein Vorbild sein, mit dem European Energy Award können wir zum Beispiel Prozesse in der Verwaltung optimieren und zeigen, wie es gehen kann. Außerdem gibt es die kommunale Wärmeplanung. Hier ist es auch möglich, die Bürger einzubeziehen - zum Beispiel, indem neue Wohngebiete an ein mögliches Nahwärmenetz angeschlossen werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei regenerative Wärmequellen. Die Flusswärme und die Geothermie sind dabei interessante Alternativen.
Ähnlich wichtig wird in Zukunft die Digitalisierung. Was tut sich da?
Metz: Wir werden intern die Umstellung auf das papierlose Rathaus beginnen. Das ist ein langwieriger Prozess. Am Ende möchten wir es aber schaffen, alle Verwaltungsleistungen digital anzubieten. Dies gibt der Bund in seinem Onlinezugangsgesetz vor.
Wird es auch in absehbarer Zeit Fortschritte bei der Digitalisierung geben?
Metz: Hier ist der Glasfaserausbau zu nennen. Die Deutsche Giganetz legt ein hohes Tempo an den Tag. Im März gibt es die ersten Termine für die Öffentlichkeit. Ich bin sehr zufrieden mit der professionellen Herangehensweise und gehe davon aus, dass Ilvesheim in absehbarer Zeit vom Glasfaserausbau profitieren wird.

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Kommen wir noch einmal auf Sie und den Gemeinderat zurück. Die Stimmung im Gremium ist nicht immer die Beste, die Zusammenarbeit schwierig.
Metz: Ich hoffe, dass wir wieder zu einem besseren Miteinander kommen. Ich bin zuversichtlich, dass das möglich ist - jetzt, da wir wieder vermehrt in Präsenz tagen und uns nach den Sitzungen auch treffen können. Manche Themen wurden durch Corona in ein etwas grelleres Licht gerückt.
Ein weiteres Thema ist die Jugendarbeit. Hier ist schon seit längerem die Aufstellung eines Bauwagens beschlossen. Wie ist da der aktuelle Stand?
Metz: Der Bauwagen ist schon da. Er steht auf dem Gelände des Jugendzentrums JUZ. Nun geht es ab 2023 darum, den Wagen einzurichten und Regeln für die Nutzung aufzustellen.
Kommen wir noch einmal zum Thema Bäder zurück. Schwimmenlernen ist wichtig, doch es fehlen Wasserflächen. Nicht zuletzt durch die Schließung des Hallenbads für den öffentlichen Betrieb wurde das sichtbar. Die Schwimmschule kann nun wieder Kurse anbieten. Wie sieht es aber mit anderen Organisationen und Vereinen aus?
Metz: Die Volkshochschule (mit ihren Aquajogging-Kursen) und die Schwimmschule Kiss der TSG Seckenheim können weiterhin im alten Hallenbad Unterricht anbieten. Hier hat Swim2grow den Betrieb übernommen und auch eine entsprechende Vereinbarungen mit den jeweiligen Partnern geschlossen. Die DLRG und die Friedrich-Ebert-Schule können das Hallenbad der Schlossschule nutzen. Das war nicht leicht zu organisieren und ich möchte mich ausdrücklich bei der Schloss-Schule und Rektorin Stephanie Liebers bedanken, dass sie das möglich gemacht hat.
Bleiben wir kurz bei den Bädern: Auf dem Gelände des alten Freibads wird sich bis zum Bau des Kombibads erst einmal nichts tun. Was ist für die Zwischenzeit geplant?
Metz: Wir haben verschiedene Nutzungen diskutiert und manche Ideen auch wieder verworfen. Aktuell planen wir, eine Beweidung für Schafe zu ermöglichen. Das wäre eine ökologisch sinnvolle Nutzung ohne zu großen Aufwand für die Verwaltung und den Bauhof.
Stichwort Ökologie. Gerade bei dem Wohnbaugebiet Sichelkrümme zeigt sich der Zielkonflikt „Wohnraum schaffen“ gegen „Versiegelung“. Wie kann man diesen Konflikt lösen?
Metz: Auflösen kann man diesen Zielkonflikt grundsätzlich nicht, aber man kann Ausgleichsflächen schaffen und so etwas für die Natur tun. Da kann man auf kleiner Fläche manchmal mehr für die Artenvielfalt erreichen als auf einem Hektar Acker, auf dem Mais angebaut wird. Ich denke hier zum Beispiel an Blühstreifen.
Kommen wir zum Schluss zur Verkehrswende. Wie weit ist die Machbarkeitsstudie für eine Verlängerung der Straßenbahnlinie von Feudenheim über den Ilvesheimer Norden bis nach Ladenburg?
Metz: Diese Studie ist gerade in ihrer Erstellung. Dabei geht es aber erst einmal nur darum zu prüfen, ob sich das Vorhaben wirtschaftlich lohnen würde und ob die Förderfähigkeit gegeben ist. Allein für dieses Gutachten ist ein Horizont von zwei Jahren angesetzt. Das wird also noch etwas dauern.
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