Dass er „unter enormem Druck“ steht, das gibt Fabian Burstein offen zu. Aber er lächelt ihn weg, strömt Wiener Gelassenheit aus und die Selbstsicherheit eines Mannes, der sehr strukturiert und schrittweise vorgeht - in der festen Überzeugung, dass er sein Ziel erreichen wird: Ein unter dem Motto „Lebenslust“ stehendes attraktives Kulturprogramm für die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim, das kein Strohfeuer sein soll, sondern nachhaltig der kulturellen Stadtentwicklung dient.
Dabei war er schon weg. 2019 ist der Wiener aus der Kurpfalz zurück in seine Heimatstadt, wo seine Frau arbeitet. Er wollt einfach wieder dort leben, weil da sein Sohn gerade in die Schule kam. Freiberuflich arbeitete er in Österreich, war gut ausgelastet - bis der Anruf aus Mannheim mit dem Angebot kam, das Kulturprogramm für die Bundesgartenschau auf die Beine zu stellen. Er habe „sofort Feuer gefangen“, so Burstein.
„Kein eingekauftes Programm“
Das Wort „Gartenschau“ löste bei ihm gleich positive Assoziationen aus. 2013, als damaliger Leiter vom Mannheimer Jugendkulturzentrum Forum, startete er im Vorfeld des Bürgerentscheids über das Projekt die Initiative Juga 2013 (kurz für Jugendgartenschau), bei der Jugendliche alte, ausrangierte Schuhe bepflanzt und mit persönlichen Statements im Stadtgebiet verteilt haben. Er erfuhr, welche wunderbaren Erinnerungen die Mannheimer an ihre Bundesgartenschau 1975 haben.
Daher wisse er aber auch, dass Mannheim „eine im positiven Sinne anspruchsvolle Stadt“ sei und auf ihm gehörige Erwartungen von Bürgern wie Politik lasten, was das Veranstaltungsprogramm der Bundesgartenschau betrifft. Aber er hatte und habe Lust, sich dieser Herausforderung zu stellen - aus zwei Gründen.
Fabian Burstein
- Fabian Burstein, geboren 1982 in Wien, begann seine Laufbahn als Werbetexter, Journalist und Autor. Dann kreierte er diverse Veranstaltungsformate an Wiener Alltagsorten.
- 2013 kam er aus Wien nach Mannheim als Leiter des Kulturzentrums Forum – aber 2016 schied er im Streit aus, weil er für sein Konzept des Ausbaus als soziokulturelles Zentrum keinen Rückhalt im Rathaus hatte.
- Daraufhin wechselte er über den Rhein nach Ludwigshafen als Leiter des dortigen Kulturbüros, verantwortlich für das Kulturzentrum dasHaus sowie mehrere Festivalformate. Im Sommer 2019 ging er zurück in seine Heimatstadt Wien, wo er weiterhin wohnt.
- Veranstaltungsorte gibt es auf beiden Buga-Flächen. Die Hauptbühne befindet sich hinter der U-Halle auf dem Spinelli-Areal, wo zusätzliche kleinere und größere Bühnen auf der gesamten Fläche geplant sind. Im Luisenpark sind Veranstaltungen auf der Seebühne sowie am Teehaus geplant, zudem eine neue, temporäre Bühne auf der Freizeitwiese.
Einmal habe ihm die Leitung der Bundesgartenschauen vermittelt, dass sie Kultur als „tragende Säule“ des Konzepts und nicht nur als schmückendes Beiwerk neben der Blumenschau betrachte, sich also auch als Kulturfestival begreife. Und zudem, weil es nicht nur darum gehe, an den 178 Tagen den Veranstaltungskalender zu füllen, sondern damit nachhaltig zu wirken.
Sein Konzept dafür habe „in der Form noch keine Bundesgartenschau gehabt. Er will nämlich „ganz sicher kein eingekauftes Programm“, sprich keine tingelnden Shows, keine Gastspiele engagieren oder große Stars nach Mannheim holen. „Es gibt keinen popkulturellen Größenwahn“, hat er das umschrieben. Stattdessen setzt er komplett auf die Akteure der Region, die „ein enormes Potenzial“ habe.
Und nicht nur das: Burstein gibt auch grob die Richtung dessen vor, was auf die Bühnen kommen soll. Alle Veranstaltungen sollen sich irgendwie um zumindest eines der vier Leitthemen der Bundesgartenschau - Klima, Umwelt, Energie und Nahrung - drehen. Das sei „natürlich sehr ambitioniert und anspruchsvoll“, gibt Burstein zu.
„Manche, mit denen ich spreche, finden es seltsam“, räumt er ein, „aber viele denken dann nach - und siehe da: Es funktioniert“, freut er sich. Andererseits „schreckt das Konzept auch jene ab, die für uns nicht interessant sind - Tourneeproduktionen, die doch nur nacheinander die Städte abgrasen“, merkt er. Er will dagegen etwas schaffen, was originär nur zur Bundesgartenschau entsteht und dazu passt. Er sieht sich dabei in der Rolle, dass er inspiriert, ermuntert, ermöglicht, koordiniert, ja auch Co-Produzent ist. „Es ist ein eigener, ein spezielle Mannheimer Weg, für den es keine Blaupause gibt“, so Burstein.
Anfangs ist ihm dabei viel Skepsis entgegengeschlagen, und ganz gelegt hat sich die bis heute nicht. Im Kulturausschuss des Gemeinderats hieß es, Bursteins Ansätze seien „intellektuell interessant“, aber zu intellektuell, es fehlten Volkstümlichkeit und Erlebnischarakter. Aber inzwischen nimmt sein Konzept immer mehr konkret Gestalt an.
Gut 2000 Veranstaltungen, die an den 178 Tagen auf dem Spinelli-Gelände und im Luisenpark stattfinden sollen, habe er „finalisiert“ und dafür 50 Partner gewonnen. 5000 Events mit 100 Partnern sollen es am Ende werden. Für Eröffnung, Bergfest und Finale würden „Headliner auf dem Programm stehen“, deren Namen aber noch offen sind. Hinzu kommen „Signature Abende“, also größere Veranstaltungen im Lauf des sommerlangen Fests, sowie eine als „Grundrauschen“ bezeichnete Masse kleinerer Veranstaltungen - auf vielen Bühnen auf dem Gelände.
Konzerte in der Seilbahn
Einige bekannte Namen hat er als Partner schon bekannt gegeben. Bülent Ceylan, Joris und Gringo Mayer werden auftreten. Die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz entwickelt mit ihm ein Programm. Beim „Pop-Roulette“ werden Künstler der Popakademie einmal im Monat zum Afterwork-Seilbahn-Konzert einladen. Kuratiert von Thomas Siffling, gibt es sonntags einen hochkarätigen Jazzclub und das Improvisationstheater „DRAMA-light“ will 150 Improführungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten kreieren. Das Capitol und die „Mannheimer Runde“ produzierten ein Musical, das dem Leben von Joy Fleming gewidmet ist.
Er habe viele weitere Ideen, die er „noch finalisieren“ müsse, kündigt er an und strahlt: „Es ist eine wunderschöne Aufgabe!“, und am Ende würden die Mannheimer stolz sein.
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