Mannheim. Radlader kurven herum, Muldenkipper steuern ständig das Areal an. Noch türmen sich einige Erdhügel auf, aber die meisten Flächen hier sind glatt – glatt und leer. Rund 15 Monate nach Ende der Bundesgartenschau 2023 ist auf dem Spinelli-Gelände kaum noch etwas von dem sommerlangen Fest zu sehen. Ende Januar soll auch auf dem während der Buga als Experimentierfeld bezeichneten Areal nördlich der U-Halle der Rückbau abgeschlossen sein. Dann übergibt die Bundesgartenschau-Gesellschaft, die sich ja in Auflösung befindet, auch diesen und damit den letzten Geländeteil an die Stadt. Fragen und Antworten von einem letzten Besuch mit Michael Schnellbach, dem bisherigen Geschäftsführer und nun Liquidator der Bundesgartenschau-Gesellschaft.
Warum wird dieser Teil des Geländes erst jetzt übergeben?
Weil der Abbruch und die Arbeiten hier, offiziell Rückbau genannt, viel aufwendiger waren. Die sogenannte Parkschale, der nördliche Streifen des Buga-Areals entlang der neuen Wohnbebauung mit Spielplätzen und Radweg, ist bereits Ende November 2023 für die Öffentlichkeit freigegeben worden, das Klimapark genannte Areal westlich des Fuß- und Radwegs „Völklinger Achse“ zwischen Feudenheim und Käfertal-Süd im April 2024. Das Experimentierfeld blieb noch gesperrt, weil sich hier die ganzen Blumenbeete und Ausstellungsbeiträge von Gärtnern und Firmen befanden, deren Entfernung sehr viel länger dauerte.
Welchen Sinn haben die ganzen aufwendigen Erdarbeiten, die seit Monaten auf dem Gelände laufen?
Es erfolgte ein nahezu kompletter Austausch des Bodens. Während der Buga war große Blumenvielfalt zugelassen. Nun dürfen nach Vorgabe der Naturschutzbehörde künftig nur einheimische („gebietsheimische“) Pflanzen auf Spinelli wachsen. Zudem gilt das Spinelli-Gelände (anders als der benachbarte Bürgerpark) als „Außenbereich“. Also ist nur Magerrasen zugelassen.
Daher musste rund 10 000 Kubikmeter nährstoffreicher Mutterboden abgegraben und durch Boden für Magerrasen ersetzt werden, der überwiegend aus Sand besteht und nur geringe Teile von Humus aufweisen darf. Das ist fast überall auf dem Gelände erledigt, die Flächen sind glatt gezogen. Die letzten Arbeiten finden derzeit dort statt, wo zur Buga die große Bühne stand.
Bleiben gar keine schönen Wiesen erhalten?
Doch, drei kleinere Wiesen direkt am Nordrand der U-Halle mit einem etwas höheren Humusanteil.
Was bleibt sonst von der Bundesgartenschau?
Wenig. Anfangs hatte die Vorgabe vom Naturschutz gelautet, die gesamte Fläche einzuebnen. Nun dürfen wenigstens drei der sanften Hügel, die das Buga-Gelände gegliedert haben, bleiben. Auch die in den alten, breiten Betonstraßen der US-Kaserne zur Buga in aufgebrochenen Spalten angelegten Beete mit Stauden bleiben bestehen. Nur eines musste entfernt werden, dafür wurde aber eines neu geschaffen. Auch die Bepflanzung und der kleine Wasserspiegel zwischen den beiden Schenkeln der U-Halle bleibt. Zudem bleiben der Naturgarten und der Garten der Naturfreunde – das war von Anfang an so vorgesehen.
Warum ist eine Fläche mit niedrigen Holzzäunen eingefasst worden?
Das ist als Brutgebiet für die Haubenlerche reserviert – auch wenn keiner weiß, ob und wann dieser seltene Vogel hier ansässig werden will und ob er es dann genau hier tut. Die Fläche liegt zwischen dem Naturgarten und dem früheren Pfitzenmeier-Sportfeld zu Buga-Zeiten. Dass sie hier geschaffen wird, war Bestandteil des auf Betreiben von Oberbürgermeister Christian Specht ausgehandelten Kompromisses mit der Naturschutzbehörde im Karlsruher Regierungspräsidium.
Die wollte ursprünglich einen großen Bereich auf dem westlichen Teil vom Spinelli-Gelände, das schon seit April 2024 wieder für die Bevölkerung zugänglich ist, für Artenschutzzwecke ganz sperren. Das konnte die Stadt verhindern. Als Ausgleich sollte die Stadt dann eine weitere Fläche im früheren Experimentierfeld ausweisen und so einzäunen, dass Menschen und Katzen als natürliche Feinde der Haubenlerche sie nicht mehr betreten können.
Wie wird diese Fläche gestaltet?
Sie ist mit einer Umgrenzung mit einem Meter hohen Rundhölzern mit aufliegender Querstange, zwischen denen ein Draht gespannt ist, umgeben. Vor und hinter den Zaun werden dichte Wildrosenhecken gepflanzt, „damit der Zaun einwächst und man nicht hineinkommen kann“, wie Schnellbach erläutert.
Gibt es noch weitere Artenschutzflächen?
Ja, auch auf dem einstigen Experimentierfeld sind – wie schon im westlichen Geländeteil – Schotterstreifen angelegt worden: als Eidechsenhabitat.
Wer pflegt das eigentlich alles künftig?
Die Verantwortung geht an den Stadtraumservice über. Der hat für die Pflege des ganzen Spinelli-Areals einschließlich der Spielplätze zusätzliche Mittel bekommen – aber ob die ausreichen, dafür fehlen noch genaue Erfahrungen. Stadtintern wird es angezweifelt. Aber für die Freiflächen ist ohnehin keine große Pflege vorgesehen. Um die Beete zwischen den beiden Schenkeln der U-Halle sowie in den aufgebrochenen Betonstraßen kümmern sich Ehrenamtliche vom Freundeskreis Buga, der ja auch nach Ende der Großveranstaltung weiter aktiv ist.
Was ist mit den Bäumen, die noch mit Wurzelballen auf dem Areal lagern?
Das sind die Reste der 2023 sogenannten Zukunftsbäume, die auf dem Buga-Areal gepflanzt wurden. Es diente für sie als Baumschule, denn von Anfang an war klar, dass sie dort nicht bleiben dürfen. Laut Schnellbach sind etwa 250 übrig. Die meisten werden noch von der Stadt oder der Wohnungsbaugesellschaft GBG abgeholt und bei sich eingepflanzt, auch der Reiterverein Mannheim übernehme einige Bäume. Es seien noch ein paar übrig, für die Interessenten gesucht würden. „Ein paar“ seien auch nicht gut angewachsen und eingegangen.
Warum dürfen auf dem Spinelli-Areal keine Bäume bleiben?
Auch das ist eine Vorgabe des Naturschutzes. Damit das Spinelli-Areal seine Funktion als Frischluft-Korridor erfüllen und die frische Luft vom Odenwald ungehindert in die Innenstadt gelangen kann, dürfen da keine Bäume und keine Gebäude sein. Daher gab es dauerhafte Baumpflanzungen auch nur wenige, meist an den Rändern bei den Spielplätzen.
Sind deshalb auch alle Gebäude auf dem Experimentierfeld abgebrochen worden?
Genau. Wobei die alte Heizzentrale der Kaserne, während der Buga als „Treffpunkt Grün“ für die Beratung von Hobbygärtnern dienend, auch mit Asbest belastet gewesen sein soll und daher abgebrochen wurde – trotz aller Ideen, sie etwa für Künstlerateliers stehen zu lassen. Auch sonst musste alles nördlich der U-Halle weg, denn das gilt rechtlich als „Außenbereich“, wo keine Gebäude zulässig sind.
Wieso ist ein kleines Quadrat mit einem Mast neu eingezäunt worden?
Dabei handelt es sich um eine Klimastation vom Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung der Stadt. Mit ihr wird der sogenannte Temperaturgradient vom überwärmten Stadtzentrum bis in den kühleren Außenbereich Mannheims erfasst. Im Abstand von zehn Minuten messen Sensormodule an dem zehn Meter hohen Mast Temperatur, Niederschlag, relative Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und -geschwindigkeit, Globalstrahlung sowie Sonnenscheindauer. Damit wird die im zehnjährigen Turnus fortgeschriebene Stadtklimaanalyse ergänzt. Die Station gab es schon während der Buga, aber an einer etwas anderen Stelle und wurde zum Schutz vor Vandalismus eingezäunt.
Was passiert mit dem Holzpavillon?
Der Holzpavillon, bereits zur Buga 2019 in Heilbronn entstanden und dann nach Mannheim transportiert, diente während der Bundesgartenschau der Metropolregion als Plattform für viele Veranstaltungen. Dann stand er für einen Euro zum Verkauf – aber es fand sich kein Käufer. Nun ist geplant, dass er so lange erhalten bleibt, wie das ohne Investitionen geht. Er wird fest eingezäunt, der Zaun mit einem Tor versehen. Was die Bundesgartenschau-Gesellschaft als Mittel für den Abbruch an Rückstellungen gebildet hatte, etwa 200 000 Euro, überträgt sie an die Stadt.
Aber es gibt zwei Probleme: Einmal ist mit Ende der Buga die Baugenehmigung erloschen. Naturschützer und Grüne verlangen zudem, dass bei einem Erhalt des Pavillons für die an dieser Stelle vorgesehene Sandrasenfläche eine Ausgleichsfläche gefunden werden müsse – was man bei der Stadt angesichts der ohnehin vielen neu entstandenen Sandrasenflächen für absurd hält.
Wer kümmert sich künftig um den Holzpavillon?
Das Büro des Oberbürgermeisters versucht derzeit, dass sich aus Aktiven von Kirchen und Vereinen ein Trägerverein bildet, damit der Pavillon verwaltet und für Veranstaltungen etwa für das nahe Neubaugebiet genutzt werden kann.
Was wird aus dem gelben Aussichtsturm?
Das ist unklar. Der 23 Tonnen schwere und 6,60 Meter hohe Turm aus Betonröhren diente früher an der U-Bahnhaltestelle Alexanderplatz in Berlin zur Information über die Großbaustelle. 2015 kam er mit einem Schwertransporter aus der Hauptstadt, stand erst am Aubuckel und ab 2021 am Feudenheimer Bürgerpark bei der Skateranlage. „Er wäre ideal für andere Großbaustellen in der Stadt, es müsste ihn nur jemand umsetzen“, so Schnellbach.
Wie lange gibt es die Buga-Gesellschaft noch?
Sie ist derzeit bereits „i. L.“, also in Liquidation, wie das offiziell heißt. Außer Schnellbach gibt es nur noch zwei Mitarbeiterinnen, die letzte Abrechnungen machen und für Zuschüsse die Verwendungsnachweise erbringen. Bis Jahresende soll das alles komplett erledigt sein. Mit den Kosten liege man bisher „im Plan“, sagt Schnellbach.
Und was ist mit der U-Halle?
Die Halle und der umliegende Bereich sind bereits wieder ganz in Verantwortung der Stadt. Dort fest untergebracht sind das Lapidarium vom Verein Stadtbild, also eine Sammlung von historischen Skulpturen und Bauteilen zerstörter oder erneuerter historischer Gebäude sowie der Originale von Denkmälern, die früher auf Bauhöfen verrotteten, sowie Gastronomie.
Das Apero soll ab April wieder öffnen, „Spinelli Kitchen“ wird für Firmen- und Privatfeiern vermietet. Weitere Flächen will die Stadt vermieten, hat aber noch keine Mieter gefunden. Das ursprünglich geplante Jugendzentrum für Umwelt, Freizeit und Spiel hat sich als viel zu teuer erwiesen. Daher wird nun neu nachgedacht.
Waren nicht auch Abrissarbeiten an der U-Halle geplant?
Ja, der beschlossene Bebauungsplan sieht vor, noch bei drei Teilflächen Dach und Wände zu entfernen und nur das Traggerüst stehen zu lassen. Dafür waren 2,1 Millionen Euro eingeplant. Nach einer Ausschreibung gingen nur Angebote von Firmen ein, die 43 Prozent höher lagen. Daher kam das bisher nicht voran.
Und was ist mit dem Wohngebiet, wo bisher Kasernenblocks standen?
Die zwei alten Blocks, die inzwischen komplett abgerissen sind, sollen durch zwei ebenso viergeschossige Neubauten gleicher Größe ersetzt werden. Zudem plant die GBG auf der freien Fläche zwischen Sporthalle und U-Halle sieben Punkthäuser von vier bis sechs Geschossen. Insgesamt sind hier 198 Wohnungen auf Spinelli vorgesehen, der Baubeginn noch 2025.
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