Mannheim. Blumenschau, Sommerfest und ein Open-Air-Festival mit 5000 Kulturveranstaltungen – all das soll die Bundesgartenschau Mannheim sein, die am 14. April 2023 eröffnet wird. Genau 365 Tage vorher beginnt jetzt der Verkauf der Dauerkarten, die Tagestickets gibt es ab Oktober. Aber Mannheim will 2023 mehr als nur Sommerfest und Blumenschau sein, sondern die nachhaltigste Bundesgartenschau bieten, die es je gab.
Um das zu erklären, führt Michael Schnellbach, der Geschäftsführer der Bundesgartenschau, gerne in und vor die U-Halle, die gerade teilweise abgebrochen wird. Das war mal der Güterbahnhof der US-Armee, die hier zentral für Europa Material entgegengenommen, gelagert und an die Truppe weiterverteilt hat. Die Halle hat die Form von einem U, dazwischen liegt noch das Gleis.
Aber es liegt da noch mehr. Man sieht über 200 Dachpaneelen, rund 1000 Glasbausteine, Teile alter Lüftungsanlagen, viel Aluminium. Ob zur Begrenzung von Blumenbeeten, für Hochbeete – viele dieser Teile werden bei der Gestaltung der Bundesgartenschau wiederverwendet, 400 herausgeschnittene Betonblöcke etwa für Mauereidechsen, die sich darauf künftig sonnen. „Wir nutzen so viel wie möglich dieser Materialien“, so Schnellbach. „Existierendes weiter zu nutzen – re-use und recycle“, laute dazu das Motto.
Die einst düster-mächtigen Hallen – teils von der Wehrmacht, teils von der US-Armee stammend – wirken derzeit leicht und luftig. Sie werden von 21 000 auf rund 13 000 Quadratmeter Fläche reduziert, Dächer bis auf das Traggerüst entfernt und während der Bundesgartenschau vielfältig genutzt – für Gastronomie, für Veranstaltungen sowie für die 19 großen Blumenschauen. Wo jetzt noch Gleise liegen, entsteht eine kleine Wasserfläche.
Sieht man von der Hauptbühne ab, die nur ein temporärer Bau ist, gibt es für die Bundesgartenschau auf dem Spinelli-Areal keine Neubauten. Alles wird irgendwie wiederverwendet – eine alte Panzerhalle als Eingangsbereich statt neu gebauter Kassenhäuschen, eine alte Tankstelle als Kiosk, die Heizzentrale als Anlaufpunkt für Hobbygärtner.
Dauerkarten-Verkauf
- Der Verkauf der Dauerkarten startet am Donnerstag, 14. April, 10 Uhr, am Paradeplatz, bei der Touristinfo am Hauptbahnhof oder im Luisenpark.
- Ab 10.30 bis 18 Uhr gibt es auf dem Münzplatz zwischen Q 6 und Q 7 ein Programm mit Grußworten, Musik, Pflanzentalk (11.15 Uhr), Aktionen für Kinder und Eisverkostung.
- Wer zum Start eine Dauerkarte kauft, bekommt einen kleinen Frühlingsgruß.
- Am Karfreitag sind die Luisenpark-Vorverkaufskassen von 11 bis 13 Uhr geöffnet. An Karsamstag ist am Münzplatz Dauerkartenvorverkauf, Eisverkostung und Kinderprogramm.
- Erwachsene zahlen im Vorverkauf 130 Euro, später 145 Euro. Die Dauerkarte für junge Menschen bis 24 Jahren kostet im Vorverkauf 60 Euro, später 65 Euro. Begünstigte 85 Euro im Vorverkauf, dann 95
- Stadtpark-Jahreskarten gibt es 2023 nur für den Herzogenriedpark. In den Luisenpark, der ab November 2022 bis 14. April 2023 geschlossen wird, kommt man nur mit einer Eintrittskarte für die Buga.
Neu gebaute Wege gibt es nicht – obwohl die Landschaftsplaner das zunächst vorgehabt hätten, wie Schnellbach verrät. Mit den breiten, betonierten Straßen wolle man aber nicht nur an den einstigen Charakter des 62 Hektar großen Areals als Militärgelände erinnern, sondern zudem verhindern, dass erst Schutt und Staub beim Abbruch die Umwelt belasten, danach Kosten für den Neubau entstehen.
Nachhaltigkeit strebt Schnellbach indes nicht nur bei der Vorbereitung des Geländes an. „Einen schönen Tag“ sollen die Besucher hier haben, das stehe natürlich im Vordergrund. Zudem möchte er „mit den Besuchern ins Gespräch kommen, Denkanstöße geben, in Teilen auch provozieren, aber ohne erhobenen Zeigefinger“, wie er betont. Dazu ist in erster Linie das sogenannte Experimentierfeld da, ein riesiger Garten- und Ausstellungsbereich, wo es um Abfallvermeidung, Stromgewinnung aus Urin, moderne Baumethoden, Energiegewinnung, Landwirtschaft und vieles mehr geht. Auf „spielerisch leichte Art“ will Mannheim laut Hanspeter Faas, dem Abteilungsleiter Ausstellungen, alles rund um Klima, Umwelt, Energie und Nahrungssicherung vermitteln, die Leitthemen der 50 Ausstellungsbeiträge.
Baumschule und Seilbahn
17 Zukunftsgärten verkörpern zudem die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in Form von künstlerisch-gärtnerischen Inszenierungen. Erstmals fungiert eine Bundesgartenschau als Baumschule: 2023 Bäume, passend zum Jahr der Bundesgartenschau, werden derzeit als Schattenspender auf dem Spinelli-Areal gepflanzt – aber danach entfernt. Sie stünden, so die Begründung, wenn sie größer werden, der „Durchwindung“ dieses als Frischluftschneise wichtigen Areals im Wege. Dafür kommen die Bäume später in Mannheimer Wohnsiedlungen. „Sie kommen von der Baumschule zur Buga, also auf die Universität, und dann ins Leben, in die Stadt“, formuliert es scherzhaft Lydia Frotscher, die Gärtnerische Leiterin der Bundesgartenschau. Die Heilbronner Buga hatte 1700 Pappeln als vorübergehende Schattenspender gepflanzt, danach gefällt und als Biomasse zur Energiegewinnung genutzt. In Mannheim bleiben sie dauerhaft als grüne Lungen.
Frotscher befasst sich, auch das im Sinne der Nachhaltigkeit, mit Konzepten für klimaresistente Pflanzen – also einem Frühjahrs- und Sommerflor, der auch bei immer heißerem, trockenerem Wetter überlebt. Das gilt etwa für Stauden, die im Luisenpark gepflanzt werden.
Zwischen dem Luisenpark und dem Spinelli-Areal als den beiden Geländen der Bundesgartenschau wird im nächsten Jahr eine Seilbahn pendeln, leise und ohne Abgase oder Feinstaub. Auch sie ist eine Art Recyclingprojekt: Die beiden Stationen, der Antrieb, das Seilsystem und die Kabinen werden derzeit bereits in den Niederlanden in Almere bei Amsterdam betrieben – bei der niederländischen Weltgartenbauausstellung Floriade Expo, die alle zehn Jahre stattfindet. Wer aber neugierig ist, wie die Kabinen aussehen: Am Donnerstag steht eine auf dem Münzplatz – als blumengeschmücktes Fotomotiv.
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