OB-Wahl

Wie der Mannheimer OB-Kandidat David Frey zum Rücktritt gebracht wurde

Im ersten Durchgang der Mannheimer Oberbürgermeisterwahl hat der parteiunabhängige David Frey 1,4 Prozent geholt. Warum er nun plötzlich seine Kandidatur zurückgezogen hat

Von 
Steffen Mack
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David Frey bei der Ergebnispräsentation im Stadthaus am Sonntag. Links ein politisch interessierter Bürger, rechts Linken-Kandidatin Isabell Belser. © Christoph Blüthner

Mannheim. Am Mittwoch hat David Frey dem „Mannheimer Morgen“ zwei Mails geschickt. Die erste um 14.47 Uhr, die zweite um 22.51 Uhr. Man sollte Sachverhalte nicht übertrieben formulieren. Aber dass dazwischen die politische Welt des 58-Jährigen zusammengebrochen ist, lässt sich kaum anders sagen.

Nachmittags antwortete der Parteilose auf die Anfrage, ob er auch in der zweiten Runde der Oberbürgermeister-Wahl antrete, nach mehreren Gesprächen sei „die Entscheidung positiv ausgefallen. Ich kandidiere hiermit offiziell für den 09.07.2023.“ Acht Stunden später schrieb er, seine politischen Ambitionen aufzugeben. Bei seiner Arbeit habe man ihn genötigt und „übelst gedrängt“, seine Kandidatur doch noch aufzugeben. Weil er dem psychischen Druck wohl nicht gewachsen sei, habe er sich gefügt.

Ergebnis bei OB-Wahl in Mannheim: Im ersten Durchgang 1,4 Prozent

Beim Telefonat am Donnerstagmorgen ist sich Frey sicher: Er will den Vorgang öffentlich machen. Auch als Entschuldigung bei seinen Wählern, „dass ich nicht hartnäckiger war“. Mit 1,4 Prozent hat der Sozialarbeiter im ersten Durchgang von den drei Unabhängigen das beste Ergebnis geholt, obwohl er seine Kandidatur als letzter erst Anfang Mai bekannt gab. Darauf ist er stolz.

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Da Frey sich selbst „zwischen grün und links“ ansiedelt, seine Schwerpunktthemen Jugend-, Sozial- und Umweltpolitik sind, dürften seine Stimmen aus dem ersten Wahlgang im zweiten - jedenfalls grundsätzlich - eher nicht an Christdemokrat Christian Specht, sondern an Thorsten Riehle gehen. Mit dem Sozialdemokraten sprach er am Mittwochmittag etwa eine halbe Stunde im Capitol. Aber das war noch vor Freys erster, euphorischer Mail. Er betont, der SPD-Kandidat habe ihn auch nicht unter Druck gesetzt. „Er hat nur etwas geschluckt, dass ich nicht verzichten wollte.“

Kandidat Thorsten Riehle zu Freys Verzicht

Riehle nennt das Gespräch auf Anfrage auch gut und sachlich. Frey habe seine Gründe für eine erneute Kandidatur dargelegt, „das habe ich selbstverständlich akzeptiert“. Der spätere Verzicht habe ihn überrascht. „Die Hintergründe, wie es dazu kam, sind mir nicht bekannt.“

Noch drei Kandidaten bei OB-Wahl

  • Nach David Freys Rückzug gibt es jetzt nur noch drei Bewerber für die zweite Runde der Oberbürgermeister-Wahl.
  • Neben Christian Specht (CDU), der auch von Mannheimer Liste und FDP nominiert wurde, sowie Thorsten Riehle (SPD) tritt am 9. Juli auch der parteilose Ugur Cakir an.
  • Eine weitere Bewerberin nur für den zweiten Wahlgang wurde abgelehnt, weil sie nicht die nötigen 250 Unterstützer-Unterschriften bekam. 

Freys Vorwürfe richten sich an seinen Arbeitgeber, den Verein POW. Der betreibt das gemeinnützige Projekt ALTER am Alten Meßplatz, das auch mit städtischen Mitteln unterstützt wird. Als der 58-Jährige dort am Mittwoch um 16 Uhr seinen Dienst begann, wurde nach seiner Darstellung umgehend Druck auf ihn ausgeübt. Seitens der Vereinsführung sei er als „dumm“ und „unverantwortlich seinen Wählern gegenüber“ bezeichnet worden. Wenn Mannheim an die Rechten falle, sei er daran mitschuldig.

Zum Verzicht gedrängt? Geld für Taxi ins Rathaus

Nach längeren Gesprächen mit mehreren Personen - Namen möchte er nicht nennen - habe ihm schließlich um 17.45 Uhr jemand von der Vereinsführung 20 Euro in die Hand gedrückt, damit er eine Viertelstunde vor Fristablauf noch ins Rathaus fahre und seinen Verzicht erkläre. Nach seiner Rückkehr habe er das Geld aus eigener Tasche zurückgegeben und erklärt, dass er jetzt vier Tage Urlaub nehmen wolle.

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Auf Anfrage weist POW die Anschuldigungen „aufs Schärfste“ zurück. Allerdings bezieht sich das offenbar vor allem auf die Rolle des Vereinsvorstands. Die Personen, die Frey einen Verzicht auf seine Kandidatur nahegelegt hätten, „haben dies als Privatpersonen (nicht in der Rolle des Vorstands) getan“, heißt es. „Dies fällt unter die freie Meinungsäußerung und muss getrennt vom Verein betrachtet werden.“ Dass eine „Privatperson“ Frey Geld für ein Taxi gegeben habe, wird bestätigt. Es sei jedoch seine freie Entscheidung gewesen, zum Rathaus zu fahren. Drohungen etwa mit Konsequenzen für seinen Arbeitsplatz habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Verein POW weist Anschuldigungen zurück

Generell sei die Arbeit im ALTER von flachen Hierarchien und Duzen geprägt, so der Verein. Wer bei einer Wahl kandidiere, müsse sich seiner Auffassung nach auch entsprechenden Diskussionen stellen. Aber: „Sollten die Bekundungen unserer abweichenden Meinungen und Einschätzungen David Frey emotional zugesetzt haben, dann tut uns das gleichwohl sehr leid, denn wir haben mit ihm immer vertrauensvoll zusammengearbeitet und schätzen ihn als Mensch sehr.“

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Verbindungen zwischen Vereinsführung und Riehles Wahlkampfteam werden von beiden Seiten verneint. Der Capitol-Chef sagt, „natürlich“ kenne man sich, er sei ja Anfang Juni auch bei einem Wahlforum im ALTER gewesen. „Einen weiteren Kontakt gab es von mir nicht.“ POW weist darauf hin, dass ein SPD-Mitglied im Vorstand im März nach einem Engagement für Riehle gefragt worden sei. Der Betreffende habe abgelehnt, um die politische Neutralität des Vereins zu wahren.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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