OB-Wahl Druck auf OB-Kandidaten: Hier muss dringend ein „Geht gar nicht!“-Signal her

Dass sich ein parteiunabhängiger Bewerber zum Verzicht „genötigt und übelst bedrängt“ fühlt, ist absolut inakzeptabel, kommentiert Steffen Mack zum OB-Wahlkampf in Mannheim

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Steffen Mack
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In der Hitze des Wahlkampfs muss man jetzt aufpassen. Einigen in Mannheim steigt sie offenbar ungesund zu Kopf. Dass nach dem ersten Durchgang über einen möglichen Rückzug abgeschlagener Kandidaten gefeilscht wird, ist zwar den noch geltenden Regeln geschuldet (bei künftigen OB-Wahlen wird es zum Glück im zweiten Durchgang automatisch eine Stichwahl zwischen den Bestplatzierten geben). Aber das Gekungel darf nicht übertrieben werden. Dass sich nun ein parteiunabhängiger Bewerber zum Verzicht „genötigt und übelst bedrängt“ fühlt, ist absolut inakzeptabel. Hier sind moralische Grenzen deutlich überschritten.

David Frey ist hoch anzurechnen, dass er sich an diese Redaktion gewandt und den auf ihn ausgeübten Druck so öffentlich gemacht hat.

David Frey ist hoch anzurechnen, dass er sich an diese Redaktion gewandt und den auf ihn ausgeübten Druck so öffentlich gemacht hat. Auf die Gefahr persönlicher Nachteile und weiterer negativer Reaktionen hin. Hier muss jetzt dringend mal ein „Geht gar nicht!“-Signal her. Zumal das Locken und Drohen hinter den Kulissen – keineswegs nur vor Wahlen – wohl in der Mannheimer Lokalpolitik dem Vernehmen nach sehr beliebt ist, und das quer durch die Parteien.

„Wir gegen die“ kommt spät

Diesmal richtet sich der Fokus auf Thorsten Riehle. Doch sollte man berücksichtigen, dass Frey nicht dem SPD-Kandidaten vorwirft, ihn unter Druck gesetzt zu haben. Sondern seinen Arbeitgebern bei einem gemeinnützigen Projekt in der Neckarstadt. Geografisch wie politisch gibt es zwar eine Nähe zum Capitol-Chef, aber eine direkte Verbindung zu ihm oder seinem Wahlkampfteam wohl nicht.

Und generell ist „Wir gegen die“ zwar ein bewährtes Mittel zur Mobilisierung. Aber dass sie diesmal erstmals seit Jahrzehnten einem vereinten bürgerlich-konservativen Lager gegenüberstehen, muss SPD und Grünen schon im Januar aufgefallen sein. Als Schreckgespenst zur Aufrüttelung ihrer Anhänger hat das – ausweislich ihrer schwachen bis miserablen Ergebnisse – nicht gereicht. Ob der Schock nun so groß ist, dass sich das auf der Zielgeraden schlagartig ändert?

„Gott sei bei uns!“-Parolen (die übrigens auf der Gegenseite über Rot-Rot-Grün erklingen) sind auch inhaltlich nicht angemessen. Sowohl dem Christdemokraten Christian Specht als auch Riehle ist – persönliche Meinung – durchaus zuzutrauen, diese Stadt kompetent und vernünftig zu führen. Und so stark die Rolle des Oberbürgermeisters auch ist: „Durchregieren“ kann er nur mit einer Mehrheit im Gemeinderat. Da laufen einige gerade Gefahr, bei der Kommunalwahl in nicht mal einem Jahr das nächste Desaster zu erleben.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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