75 Ideen für ein besseres Mannheim – Teil 23 - Das sommerlange Fest 2023 ist eine große Chance für Mannheim – aber bisher werden zu wenig positive Emotionen geschürt

Mannheim, wie wär’s mit … mehr Begeisterung für die Buga?

Von 
Peter W. Ragge
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Blick vom Aussichtsturm am Ostrand des Spinelli-Geländes auf das künftige Experimentierfeld der Bundesgartenschau, den Haupt-Schauplatz der gärtnerischen Ausstellung. © Michael Ruffler

Mannheim. Es klang erstaunt, fast ein bisschen neidisch. Viel Begeisterung und „spürbare Leidenschaft“ fielen den Mannheimern auf, die mit dem Freundeskreis Buga die Bundesgartenschau in Erfurt besichtigten. In der Quadratestadt ist davon indes, weniger als eineinhalb Jahre vor der Eröffnung der Großveranstaltung, leider wenig zu spüren - zu wenig. Wie wäre es also mit mehr Begeisterung für die Buga 2023?

„Emotional ist da noch Luft nach oben“, sagte Gerhard Mandel schon im Juli 2020, als er zum Vorsitzenden des neu gegründeten Freundeskreises gewählt wurde. Die von ihm angekündigte „Emotionsoffensive“ ist durch viele Corona-Einschränkungen ausgebremst worden. Aber auch unabhängig von Corona sind die Vorzeichen für eine positive Grundstimmung eher schlecht.

Zwar kam die Idee für eine Bundesgartenschau auf einer ehemaligen Kasernenfläche direkt aus der Bürgerschaft. Es war also kein Projekt, das „von oben“ verordnet wurde. Noch 2012 votierten im Bürgerbarometer des „Mannheimer Morgen“ 75 Prozent der Befragten für diese Idee. Aber an der Einbeziehung der Feudenheimer Au entzündete sich dann ein heftiger Streit - weil Bürger erst in den 1980er Jahren dort Straßenbau vehement verhindert und die Einstufung als Landschaftsschutzgebiet erkämpft hatten. Schon der Bürgerentscheid zur Bundesgartenschau im September 2013 ging daher äußerst knapp aus. Eine Zustimmung von gerade mal 50,7 Prozent, ein Vorsprung von weniger als 2000 Stimmen, war keine gute Basis - sondern eher ein Beleg für eine gespaltene Stadt.

Dass danach dann die Planung geändert, die Au doch nicht in das eingezäunte Buga-Gelände einbezogen und dafür der Luisenpark wieder zum Buga-Schauplatz und dadurch gewaltig aufgewertet wird, hat komischerweise nie für einen Stimmungsumschwung gesorgt.

Es fehlt etwas fürs Herz

Das liegt auch daran, dass die Mannheimer Bundesgartenschau-Gesellschaft sich eben nicht auf die Buga konzentrieren darf. Dem Team um Michael Schnellbach wurde von der Stadtverwaltung das ganze Thema Grünzug Nord-Ost aufgedrückt. Dazu gehört der umstrittene Radschnellweg, der die Au durchschneidet, und dazu zählt, dass für das geplante „Augewässer“ derzeit Lkw und Bagger das Landschaftsschutzgebiet durchfurchen. Mit der Buga unmittelbar hat das gar nichts zu tun, aber das Buga-Team muss diese Gemeinderatsbeschlüsse durchsetzen und kommunizieren. Es wird zum Sündenbock, statt nur viele positive Schlagzeilen zu produzieren.

Als schwierig erweist sich zudem, dass die Buga viel zu lange lediglich als „Stadtentwicklungsprojekt“ propagiert wurde. Es gibt nichts fürs Herz. Wer sich vom Begriff der „Blümchenschau“ abgrenzt, grenzt eben auch genau jene Menschen aus, die sich genau so etwas wünschen. Dafür wirkt das Mannheimer Buga-Konzept, und sei es noch so innovativ und zukunftsträchtig, einfach viel zu verkopft. Das Logo ist sachlich, praktisch, nüchtern, die darin verwendete Pflanze - eine Distel! - löst nicht gerade positive Emotionen aus, und ein Maskottchen als Sympathieträger fehlt völlig.

Natürlich lässt sich der Erfolg vom „Jäger aus Kurpfalz“ nicht kopieren. Als von Loriot gezeichnete Comicfigur und von Fred Reibold verkörpert, war er für die Mannheimer Bundesgartenschau 1975 und lange danach für die Stadtparks ein sympathisch-beliebter Werbeträger. Aber ganz auf ein Maskottchen, auf Werbung mit Herz zu verzichten -das kann keine Lösung sein.

Auch darüber hinaus sollte die Bundesgartenschau 2023 mehr an die Buga 1975 anknüpfen. Sie war mit 8,1 Millionen Besuchern die bis dahin mit Abstand am stärksten besuchte Gartenschau. Klar, die Zeiten haben sich nicht verändert, die Zahlen sind nicht vergleichbar. Aber auch um die 2023 angepeilten 2,1 Millionen Besucher zu erzielen, muss Mannheim sich anstrengen - und dazu gehört, dass sich mehr Mannheimer mit der Großveranstaltung und ihre Zielen identifizieren.

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Der Luisenpark gewinnt

Der kommende Sonntag bietet mit dem Spinelli-Fest eine gute Gelegenheit, sich zu informieren - und zu sehen, dass der Buchtitel von 1975 stimmt. „Ein Fest verändert eine Stadt“ war die Bilanz der damaligen Buga betitelt worden. Erste Rosengarten-Erweiterung, Fußgängerzone Planken, Fernmeldeturm, Multihalle, Seebühne, Wohnbebauung Herzogenried, zwei deutlich erweiterte Stadtparks mit wunderbaren Spielplätzen - Mannheim hat von der Buga 1975 enorm profitiert. Diese Chance bietet sich nun wieder.

Das Spinelli-Areal, seit über 75 Jahren eine für die Bürger unzugängliche, mit Asphalt, Beton sowie Hallen versiegelte Wüstenei, wird zur Grünfläche und den Mannheimern zurückgegeben. Zuschüsse für die hohen Kosten dafür gibt es nur dank der Bundesgartenschau.

Zudem gewinnt der Luisenpark. Er war seit Jahren vernachlässigt, der Etat für Investitionen, ja sogar für die normalen Unterhaltungsarbeiten immer weiter zusammengestrichen worden. Nun passiert endlich eine ganze Menge, worüber sich die Mannheimer auch noch lange nach 2023 freuen dürfen - und wofür es ohne (zugegebenermaßen verzögert beschlossene) Einbeziehung des Luisenparks in die Bundesgartenschau keine Gelder gegeben hätte.

Man muss nicht jedes Detail der Planungen gut finden, kann die Entwicklung kritisch-konstruktiv begleiten. Aber eine grundsätzlich positive Stimmung, ja mehr Begeisterung würde das Projekt Bundesgartenschau endlich verdienen. Dazu ein Beispiel aus Überlingen. Auch da war die Landesgartenschau umstritten, die Mehrheit beim Bürgerentscheid mit 59,6 Prozent nicht riesig. Aber derzeit helfen dort über 600 Bürger ehrenamtlich bei der Veranstaltung mit - dabei hat Überlingen viel weniger Einwohner als Käfertal. Am Bodensee hat der Funke der Begeisterung doch noch gezündet - hoffentlich auch bald in Mannheim.

Redaktion Chefreporter

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