Buga 2019 - Die Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn war ein enormer Schrittmacher der Stadtentwicklung, für Wohnbebauung und Begrünung. Das zeigt ein Besuch drei Jahre danach.

Buga in Heilbronn - das Grün ist geblieben

Von 
Peter W. Ragge
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Die ehemalige Ausstellungshalle und das „Inzwischenland“ der Heilbronner Bundesgartenschau 2019 (im oberen Bildteil) sind jetzt Baugebiet – aber viel Grün gibt es dort nach wie vor. © Stadt Heilbronn /jürgen Westenberger

Er düst mit dem Fahrrad heran, mehrfach täglich fährt er diesen Weg. Aber jetzt, mit dem Besucher, hält Wilfried Hajek einen Moment inne, schaut sich um. „Ich kann es selbst kaum glauben“, sagt dann der Heilbronner Baubürgermeister. Denn die Stelle, wo er steht, hat in den vergangenen Jahren einen enormen Wandel erlebt – dank der Bundesgartenschau 2019.

„Hey, Wahnsinn, es war eine Riesennummer“, erinnert sich Hajek gerne an die 173 Tage, an denen 2,3 Millionen Besucher gekommen sind – mehr als erwartet. Vom „Sommermärchen“ sprechen sie in Heilbronn, in Anlehnung an die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006. Aber während im Märchen manche Träume Träume bleiben, sind für die Heilbronner die Träume nicht nur im Hinblick auf die Veranstaltung im Sommer 2019 wahr geworden, sondern auch danach. Die Bundesgartenschau habe „einen Wahnsinnsschub für die Stadtentwicklung“ gebracht, betont Hajek.

Leben am Wasser

Das sieht jeder, der sich an die Großveranstaltung 2019 erinnert und den gleichen Weg durch das Gelände wie damals nimmt. Es gibt nämlich einen beeindruckenden Wiedererkennungseffekt. Das Stahlgeflecht, um das sich Lianen schlängeln, die an Wänden emporrankenden Pflanzen und von Stahlplatten umgrenzten Beete vor und in einer Unterführung gibt es immer noch. Bei dieser Bundesgartenschau, so der erste Eindruck 2019, erobert sich die Natur die Stadt zurück. Drei Jahre später kann man sagen: Die Natur hat sich behauptet – an vielen Stellen mitten in der Großstadt.

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„Natürlich nicht mehr in der Üppigkeit“, muss Hajek mit Blick auf die Unterhaltskosten einschränken. Der aufwendige Wechselflor, die bunte Saisonbepflanzung einer Bundesgartenschau, ist Gräsern und Stauden gewichen. Aber das Grün ist geblieben – nicht nur an der Kranenstraße und ihrer Unterführung, die über das Buga-Provisorium von 2019 hinaus weiter für Autos tabu und nur für Fußgänger und nun auch für Radfahrer geöffnet sind.

Dauerhaft verlegt ist ebenso die einst von 40 000 Fahrzeugen täglich genutzte Bundesstraße, die direkt am Neckar verlief. Stattdessen ist das möglich geworden, wovon in Mannheim und anderen Städten nur geredet wird: Leben am Wasser. „Bei gutem Wetter sitzen da ganz viele Leute“, verweist Hajek auf den breiten, begrünten und zum Flussufer hin abgestuften Uferstreifen – 1,5 Kilometer lang und neue Natur, neuer Lebensraum, wo vorher keiner war.

Das gilt nicht allein am Neckar und damit am Rand des früheren Gartenschaugeländes. Ein „neuer Hotspot“ sei etwa die zur Gartenschau eröffnete, danach erhalten gebliebene Gastronomie in der alten Reederei geworden, berichtet der Bürgermeister. Und am für 2019 angelegten, dann beibehaltenen Wasserspielplatz sowie dem Sandstrand vom Karlssee sei im Sommer „so viel los wie in Rimini“, hebt er hervor.

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Aber tatsächlich ist die ganze schöne, durchgrünte und weitläufige Gestaltung der einst sehr düsteren Brachfläche zwischen Alt-Neckar und Neckarkanal, die für 2019 entstand, immer noch da. 2004 hatte die Stadt das 40 Hektar große Areal von der Bahn gekauft und beschlossen, es mit Hilfe einer Bundesgartenschau zu entwickeln – als die Modellsiedlung „Neckarbogen“.

Von diesen 40 Hektar sind dauerhaft 20 Hektar Grünfläche erhalten geblieben, dazu drei Hektar zusätzliche Wasserflächen (Karlssee, Floßhafen) sowie sechs moderne Spiel- und Sportanlagen einschließlich Wasserspielplatz, Multifunktionssportfeld und Beachvolleyballplatz. Den Containerturm, in dem einst die Bundesgartenschau Hobbygärtner beraten hat, gibt es auch noch – weil ihn der Buga-Freundeskreis, der sich nach 2019 nicht aufgelöst hat, weiter als Treffpunkt nutzt und mit Veranstaltungen belebt.

Aber die Bundesgartenschau 2019 sollte ja nicht nur mehr Grün auf eine Industriebrache bringen, sondern Initialzündung für ein neues, modernes Stadtviertel sein. Sie verstand sich daher erstmals als „Garten- und Stadtausstellung“. 22 Häuser, alle architektonisch individuell gestaltet, plus Jugendherberge und Kindertagesstätte standen 2019 bereits, darunter Deutschlands höchstes Holzhaus, in dem Bürgermeister Hajek selbst lebt – und von dem aus er derzeit stolz mehr als zehn Baukräne im Umkreis zählt.

Die Bundesgartenschau-Gesellschaft hat das Gelände abschnittsweise an die Stadt zurückgegeben, die letzten Flächen im Herbst 2021. „Kaum waren die Zäune weg, kamen wieder die Leute“, berichtet Hajek. Die Siedlung und die Grünflächen seien sofort zum Heilbronner Ausflugsziel geworden. „Es gab einen Ansturm, wir wurden hier förmlich überrannt“, sagt er aus der Anwohnerperspektive, so stark sei das Interesse gewesen. Man habe „verkehrlich nachsteuern“ und Straßen – außer für Anlieger – sperren müssen.

Diese neue, derzeit 650 Bewohner zählende Siedlung „Neckarbogen“ wächst jetzt gewaltig und ist eine riesige Baustelle. Im „Inzwischenland“, wie das Buga-Ausstellungsgelände mit bewussten Verweis auf die Vorläufigkeit genannt wurde, und auf der künstlich aufgeschütteten Dünenlandschaft „Sommerinsel“ wird ganz kräftig gebaut.

Bis 2024 sollen hier 3500 Menschen wohnen. Das Interesse an den Grundstücken sei „immens groß“ gewesen: „Sechsfach überzeichnet“, so Hajek, und das trotz einer strengen Konzeptvergabe mit hohen gestalterischen Ansprüchen an die Wohnbebauung. Das alte Bahngebäude „Fruchtschuppen“, wo die Buga-Blumenschauen stattfanden, ist weg. Hier errichtet die Dieter-Schwarz-Stiftung, die hinter Lidl und Kaufland steht, auf 50 000 Quadratmetern Fläche eine internationale Schule für 1000 Schüler.

Termin ist unerbittlich

Solche Investitionen wären nach Ansicht des Baubürgermeisters ohne die durch die Bundesgartenschau gewonnenen Flächen, aber auch ohne den Imagegewinn der Stadt nicht erfolgt. „Heilbronn stünde heute nicht so gut da – da war die Bundesgartenschau ein gewaltiger Treiber“, bekräftigt Hajek. Das gelte übrigens, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu, auch verwaltungsintern. „Es gibt da einen Eröffnungstermin, der ist unerbittlich, und bis dahin muss eben alles fertig sein, dazu muss man dann eben alle Kräfte bündeln!“, betont er.

Redaktion Chefreporter

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