Das „Nein“ auf die Frage, ob sie denn nun mit der Buga ihren Frieden gemacht habe, kommt bei Ursel Risch prompt und ohne Zögern. Und die Begründung gleich hinterher: „Werfen Sie doch nur einmal einen Blick in die Feudenheimer Au!“ Die Tränen würden ihr kommen, sagt die durchaus sturmerprobte Kämpferin in Sachen Natur-, Umwelt- und Klimaschutz, wenn sie sich die Zerstörungen in dem Landschaftsschutzgebiet anschaue.
Ganz abgesehen davon, dass sie die Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet für See, Wasserlauf, Versickerungsbereich, Panoramasteg, Unterführung und Seilbahn-Pfeiler für „überflüssig“ und alles andere als nachhaltig einschätzt, könne sie sich „überhaupt nicht vorstellen, wie das alles bis in einem Jahr noch fertig werden und gut ausschauen soll.“ Zu teuer sei das gesamte Projekt obendrein, meint sie und befürchtet durch Corona- und kriegsbedingte Lieferengpässe weitere Preissteigerungen.
Großprojekte wie Gartenschauen „passen nicht mehr in die Zeit“, meint Ursel Risch, die von Anfang an – also seit dem ersten Aufkommen der Buga-Vorschläge – kritisch gegenüber dem Projekt eingestellt war. „Ich mag die Natur lieber natürlich, so wie sie ist“, sagt sie. Wie Ursel Risch denken viele in Feudenheim. Die Buga, der viele Beton und der Stahl (der den Angaben zufolge aus Finnland importiert werde) in der Feudenheimer Au sind für sie ein mindestens ebenso so großes Ärgernis wie die vielen Millionen Steuergelder, die dafür gerade ausgegeben werden.
Vorlagen studiert
Auch Heike und Wolfgang Reiser haben sich intensiv gegen die Bauvorhaben engagiert, haben die Vorlagen des Gemeinderats studiert und ihre Einwendungen vorgebracht. „Wir haben aufgegeben, weil wir nicht mehr die Kraft haben weiterzumachen“, sagt Heike Reiser – deren „Nein“ zum Thema „Frieden mit der Buga machen“ aber trotzdem mindestens genauso prompt wie bei Ursel Risch kommt.
Die beiden Frauen sind zwei aus einer im Lauf der Jahre geschrumpften Gruppe von Aktiven, die es im Herbst 2013 – mit anderen gemeinsam – zwar nicht geschafft haben, die Bundesgartenschau im Bürgerentscheid zu verhindern, aber mit dafür gesorgt haben, dass das „Ja“ der Mannheimer denkbar knapp ausgefallen ist. Seither versuchen sie, das – aus ihrer Sicht – Schlimmste zu verhindern. Letztlich ohne Erfolg, denn Eingaben, Proteste, Petitionen blieben unberücksichtigt. Dass in Feudenheim dennoch manche Bürger mit der Buga und ihren Auswirkungen auf den Stadtteil unglücklich sind, kann man am Anwohnerschutzkonzept zum Parken und am Kopfschütteln über die Bauarbeiten in der Au ablesen.
Aufgeben kommt nicht in Frage
„Richtig aufgeben“ ist jedenfalls Ursel Rischs und Heike Reisers Sache nicht. Schon seit mehreren Jahren engagieren sie sich mit anderen in der Initiative SOS Stadtbaum, die überall in Mannheim und auch in der Feudenheimer Au Baumfällungen jeder Art verhindern und so zum Klimaschutz beitragen möchte. Sei’s in der Au, am Rheindamm, im Wäldchen bei der Spiegelfabrik, im Herzogenriedpark oder am Friedrichspark – „wenn man als Stadtverwaltung so in seinem eigenen Baumbestand wütet, das ist schlimm“, findet Heike Reiser.
Sie fürchtet, dass die Feudenheimer Au schon bald wegen fallender Grundwasserspiegel austrocknet. Denn dass der Au-See, der zur Zeit entsteht, eines Tages tatsächlich aus dem Neckar gespeist werden könnte, glaubt sie nicht. Und mit dem Grundwasser werde das Bugagelände auf dem Spinelli-Areal künstlich bewässert. „Die Feudenheimer Au war für mich immer ein Kraftort“, sagt Heike Reiser. Schon jetzt sei wegen der Buga viel davon zerstört worden. „Ich wüßte nicht, was ich daran gut finden soll“, ärgert sie sich. Und fügt nach einer kurzen Pause an: „Die Feudenheimer Au weint.“
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