Ludwigshafen. Vor ziemlich genau fünf Jahren hat der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz das Planfeststellungsverfahren für den Abriss der Hochstraße Nord und den Neubau der ebenerdigen Stadtstraße in Ludwigshafen eröffnet. Dass bei einem solchen Großprojekt mit Einwänden von Anliegern zu rechnen sein wird und sich das Prozedere über Monate und vielleicht Jahre ziehen könnte, war damals schon klar. Dass aber nach fünf Jahren noch immer kein Planfeststellungsbeschluss vorliegt, damit hätten wohl die wenigsten gerechnet.
Dabei sind die Verhandlungen mit fast allen Einwendern abgeschlossen. Verzögert wird der Beschluss einzig und allein noch vom Rhein-Pfalz-Kreis, dessen Verwaltung in unmittelbarer Nähe der Hochstraße Nord am Europaplatz sitzt. Entsprechende Informationen bestätigt auf Anfrage Landrat Clemens Körner (CDU).
Landrat sieht die Kreisverwaltung durch Hochstraßen-Baustelle am meisten betroffen
„Wir haben die Einwendung schon vor Jahren erhoben. Ob wir den Beschluss damit blockieren, weiß ich nicht“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. „Wir wollen wissen, welche Beeinträchtigungen durch die Großbaustelle auf uns zukommen, wie diese vielleicht zu vermeiden sind und welche Kompensationsmöglichkeiten es gibt“, erklärt der Landrat. Aus seiner Sicht sei die Kreisverwaltung am stärksten von dem Projekt betroffen - erst recht, nachdem die Ludwigshafener Stadtverwaltung ja die Räumlichkeiten im Rathaus-Turm verlassen habe und dieser ebenfalls abgerissen werde. „Wir wollen das Vorhaben nicht verhindern, aber das ist schon ein Projekt mit enormen Ausmaßen“, sagt Körner.
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Der Landrat befürchtet während der Bauzeit, die 2026 so richtig beginnen soll, erhebliche Lärm- und Erschütterungsbelästigungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Europaplatz. „Unsere Sorgen sollten da ernstgenommen werden“, fordert er. Schon jetzt sei es durch die Baustellensituation in Ludwigshafen für viele Kolleginnen und Kollegen schwierig, zum Arbeitsplatz zu kommen. Das werde sich alles noch verschlimmern, vermutet er. Den Einspruch gegen das Projekt werde der Kreis solange aufrecht erhalten, bis die genauen Konsequenzen geklärt seien.
Stadt Ludwigshafen überzeugt: „Mitarbeiter nicht beeinträchtigt“
Bei der Ludwigshafener Stadtverwaltung hat man dafür kein Verständnis. „Die Einwände des Kreises wurden durch mehrere Gutachten klar entkräftet. Neben Schallgutachten fand auch eine Begehung des Kreishauses statt. Dabei wurde festgestellt, dass das Gebäude mit gut schallschützenden Fenstern ausgestattet ist und somit die Mitarbeiter nicht in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt sind“, sagt ein Rathaussprecher auf Anfrage. „Auch die Furcht vor Erschütterungen konnte klar widerlegt werden.“
Die Verwaltung sei all ihren Verpflichtungen nachgekommen, nun hoffe und vertraue man auf die Kompetenz der Planfeststellungsbehörde, die Einwände richtig zu bewerten. Stadtvorstand und Fachebene der Stadtverwaltung seien „seit Jahren“ im Austausch mit dem Landkreis, so der Sprecher. „Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck hatte zudem angeregt, im Interesse der Ressourcenschonung und der Effizienzsteigerung ein gemeinsames Rathaus und Kreishaus zu errichten. Dies hat der Landkreis abgelehnt. Zuletzt gab es keine Kontakte mehr - das Verfahren liegt in der Hand der Planfeststellungsbehörde.“
Das sagt der Landesbetrieb Mobilität zum Planfeststellungsverfahren
Der LBM teilt auf Anfrage mit, dass in dem Verfahren „nunmehr ein zeitnaher Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu erwarten“ sei. Inhaltlich macht die Behörde mit Blick auf das laufende Verfahren keine Angaben zu den Einwendern. Insgesamt seien gegen das Projekt Hochstraße Nord 15 Privateinwendungen erhoben worden, so eine Sprecherin. „Außerdem haben etwa 30 Träger öffentlicher Belange und Behörden sowie ein Umweltschutzverband Stellungnahmen zu dem Vorhaben abgegeben.“ Über die Einwände und die entgegenstehenden Stellungnahmen werde abschließend in dem Planfeststellungsbeschluss entschieden.
Landrat Körner verfolgt jedenfalls ganz eigene Ziele. Er will mit der Kreisverwaltung am liebsten in einen Neubau in Schifferstadt ziehen, also weg aus Ludwigshafen. Die Pläne für das Gebäude stehen bereits, im Frühjahr 2024 könnten die Arbeiten beginnen. Doch ein Gesetz von 1969 besagt, dass die Kreisverwaltung in Ludwigshafen ihren Sitz haben muss. Körner ist also auf ein Entgegenkommen des Landes angewiesen. „Mein Vorschlag ist, dass sich Stadt, Land und Kreis mal zusammensetzen. Wir wollen raus und sind gesprächsbereit, unser Grundstück zu verkaufen“, sagt er.
Straffer Zeitplan für Hochstraße Nord in Gefahr
Für die Stadt wird die Auseinandersetzung immer mehr zur Frage der Zeit. Denn das gesamte Hochstraßenprojekt unterliegt einem straff getakteten Plan. „Der Planfeststellungsbehörde sind unsere zeitlichen Zwänge bekannt - insbesondere die schon sehr lange mit der Deutschen Bahn vereinbarten Sperrpausen“, sagt der Sprecher. Diese sind für Vorarbeiten für die neue Westbrücke dringend erforderlich. Sollten sie nicht eingehalten werden, könnte sich das Gesamtprojekt um mehrere Jahre verzögern und um viele Millionen Euro teurer werden. Aus diesem Grund hatte der Stadtrat kürzlich eine vorgezogene Ausschreibung der Arbeiten beschlossen - obwohl noch kein Planfeststellungsbeschluss vorliegt.
Auch mit dem Beschluss wird das Verfahren aber noch nicht automatisch abgeschlossen sein. Denn dagegen besteht immer noch die Möglichkeit der Klage.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Einwände gegen Hochstraßen-Pläne in Ludwigshafen: Unnötige Risiken