Ludwigshafen. Belastend ist die Großbaustelle nicht nur für Autofahrer, die schon seit vier Jahren eine größere Umleitung nehmen müssen. Auch für Anwohner bedeutet der Neubau der Hochstraße Süd mitten in der Innenstadt Unannehmlichkeiten und Beeinträchtigungen. Lärm, Staub und auch Erschütterungen lassen sich nicht vermeiden, wenn die 500 Meter lange autobahnähnliche Schnellstraße abgerissen und in gleicher Dimension neu aufgebaut wird.
In den vergangenen Monaten kam eine neue Belastung hinzu. Ein 110 Tonnen schweres Bohrgerät trieb Löcher für die 170 Gründungspfähle bis zu 20 Meter tief in den Untergrund - mit erstaunlicher Resonanz. „Dazu gingen nur sehr wenige Beschwerden ein“, berichtet Dieter Jung, der als Ansprechpartner der Verwaltung für die Bürger bei den Hochstraßenprojekten fungiert, im Gespräch. Stattdessen habe er auch positive Rückmeldungen erhalten mit dem Tenor „Man hört und sieht nichts von den Bohrungen“.
Ansprechpartner vor Ort
- Dieter Jung ist unter der Telefonnummer 0621/504-66 86 oder per Mail an dieter.jung@bpg-ludwigshafen.de erreichbar. Der Infopunkt am Rathaus-Center ist montags bis donnerstags jeweils von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
- Der 57-Jährige war früher Mitarbeiter der städtischen Lukom und wechselte 2022 zu Bauprojektgesellschaft Ludwigshafen, die die Hochstraßenprojekte betreut.
- Die einsturzgefährdete Hochstraße Süd wurde 2020 abgerissen, der Neubau soll Anfang 2026 fertig sein. Die marode Hochstraße Nord soll zusammen mit dem Rathaus-Center abgebrochen und bis 2031 durch eine ebenerdige Stadtstraße (Helmut-Kohl-Allee) ersetzt werden.
Generell sind die Klagen laut Jung im Laufe der Jahre seltener geworden. Immer häufiger erkundigen sich indes die Bürger über die aktuelle Verkehrsführung. „Sind die Rheinbrücken normal erreichbar?“ „Ich muss zum Mannheimer Hauptbahnhof, gibt es Sperrungen und Staus auf den Hochstraßen?“, lauten typische Fragen. Nicht nur Privatleute, sondern auch Mitarbeiter benachbarter Kommunen, wie etwa aus Bad Dürkheim, haben sich deswegen schon beim ihm gemeldet. Nicht immer ist freilich die Hochstraßen-Baustelle für Verkehrsbehinderungen verantwortlich, vor Wochen sorgte der Austausch von Brückenlagern auf der Schumacher-Brücke für Staus. „Gut ein Drittel aller Anfragen betreffen mittlerweile den Verkehr“, sagt Jung. Insgesamt schwanke die Zahl pro Monat zwischen 20 und 100.
Die Zeit massiver Beschwerden ist inzwischen vorbei
„Immer wieder kommen auch Schulklassen und lassen sich die Fortschritte auf der Baustelle erläutern“, nennt der Mitarbeiter der Bauprojektgesellschaft (BPG) Ludwigshafen eine weitere Aufgabe. Ein Lehrer des Carl-Bosch-Gymnasiums zählt inzwischen zu den Stammgästen bei Jung.
Die Zeit massiver Beschwerden ist nach seinen Angaben vorbei. Zur Erinnerung: Sein Telefon stand im Frühjahr 2020 nicht still, als Bagger die einsturzgefährdete Brückenkonstruktion über sieben Monate hinweg abtrugen. Auch wenn der Abriss nur tagsüber erfolgen durfte, klagten viele Anwohner über Lärm und noch häufiger über die Staubentwicklung. Daraufhin ordnete die Verwaltung an, dass die Baufirma den Bereich öfters mit Wasser abspritzt, um Staubpartikel zu binden. Um Anwohner zu besänftigen, hatte der Stadtvorstand um Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck auch 1000 Rosen verteilt und um Verständnis für Unannehmlichkeiten gebeten.
Gut erinnern kann sich Jung an einen erbosten Anruf nachts um halb zwei wegen Nachtarbeit auf der Baustelle in jener Zeit. „Eine Säge, um Querkraftkoppelungen der Fahrbahnteile durchzutrennen, war kaputt gegangen. Um den Zeitplan einzuhalten, musste ein Monteur aus der Schweiz kommen, der nachts die Säge reparierte. Das war die absolute Ausnahme und ein Notfall“, erzählt der BPG-Mitarbeiter.
Anregungen der Anrufer werden nach Möglichkeit umgesetzt
Bei den relativ wenigen Anrufen im Zusammenhang mit den Pfahlgründungen ging es laut Jung nicht immer um die Bohrungen. „Ein Mann hat sich über den Lärm beim Umfüllen eines Metallcontainers beschwert.“ Ein anderer Anwohner, Mieter aus der 12. Etage des angrenzenden Mosch-Hochhauses, habe sich indes schriftlich dafür bedankt, dass man wie er in der ersten Reihe sitzend nichts mehr höre. Positive Rückmeldungen zum Baufortschritt sind laut Jung keine Seltenheit. So manche Anregungen der Bürger hat die Stadt aufgegriffen und etwa einen zweiten Zugang zur unterirdischen Haltestelle Rathaus-Center eingerichtet. Vor wenigen Tagen beklagte ein Anrufer, dass ein Bauzaun die Sichtverhältnisse an einer Kreuzung beeinträchtige. Auch hier will sich Jung um Abhilfe bemühen.
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Seit dem Abriss des 15-stöckigen Rathaus-Centers ist er auch für Rückmeldungen zu diesem Projekt zuständig. In diesem Zusammenhang kontaktierte ihn auch der Sohn des Architekten des Hochhauskomplexes, der vor allem die sehr gute Bauqualität gelobt habe. Etliche Bürger sprechen ihn hingegen aus einem anderen Grund an. Sie wollen ihren Unmut über den Abriss des Centers los werden und kritisieren dies als unnötig und Verschwendung von Steuergeldern. Die Mehrheit des Stadtrats hatte dies anders gesehen mit Verweis auf ein Gutachten, wonach ein Neubau wirtschaftlicher sei als die Sanierung.
Auch wenn bei der Hochstraße Süd alles planmäßig verläuft und der neue Trasse Anfang 2026 befahrbar sein soll, hat der 57-Jährige noch länger mit den Großprojekten zu tun. Voraussichtlich bis 2031, wenn die Helmut-Kohl-Allee als Ersatz für die Hochstraße Nord fertig sein soll. „Ich mache diesen Job vermutlich, bis ich in Rente gehe“, sagt Jung.
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