Großprojekt

Kritik an Ludwigshafener Hochstraßen-Plänen trotz Förderzusage

Am Montag wurde das Baufeld für die neue Hochtraßen-Brücke im Süden an die Firmen übergeben. Gleichzeitig fällte der Stadtrat einen weiteren wegweisenden Beschluss. Vor dem Gebäude wurde protestiert

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Julian Eistetter
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Noch tut sich auf der am Montag an die Baufirmen übergebenen Hochstraßen-Baustelle nicht allzu viel. Das soll sich in den kommenden Wochen ändern. © Julian Eistetter

Ludwigshafen. Die Förderzusage von Bund und Land zum Ludwigshafener Hochstraßensystem am vergangenen Freitag sorgte zwar in der gesamten Region für Erleichterung, einige Fragezeichen blieben aber doch - insbesondere, was die Gesamtkosten des Projekts angeht. Das wurde auch bei der Sitzung des Stadtrats am Montag deutlich, in der sowohl Bürger in der Fragestunde als auch Ratsmitglieder zu den genannten Summen nachfragten.

Denn während in den vergangenen Wochen und Monaten Gesamtkosten zwischen 800 Millionen und 1,5 Milliarden Euro genannt wurden, liegen die zuwendungsfähigen Kosten laut Förderbescheid „nur“ bei 557 Millionen Euro.

Mögliche Preissteigerungen und Planungskosten seien darin aber nicht enthalten, erklärte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) am Montag. Dass potenzielle Kostensteigerungen in der öffentlichen Kommunikation bereits eingepreist worden seien, sei auch ein Teil der Verhandlungsstrategie gewesen.

Förderung: Ludwigshafen hatte mehr erwartet

Gleichwohl sind die genannten Worst-Case-Szenarien alles andere als unwahrscheinlich. Und deshalb habe sich die Stadt von Bund und Land auch eine Zusage geben lassen, dass bei explodierenden Kosten Nachforderungen an die Fördergeber gestellt werden können, so die Rathauschefin. „Sofern wir nachweisen können, dass wir sie nicht selbst verursacht haben.“ Ein Rechtsrahmen, eine solche Zusage schriftlich zu fixieren, existiere leider nicht. „Deshalb ist sie auch nicht im Förderbescheid enthalten“, erklärte Steinruck.

Das Großprojekt

  • Die Hochstraße Süd wird bis Ende 2025 neu gebaut und modernisiert. Kosten: zwischen 120 und 170 Millionen Euro.
  • Im Anschluss wird die Hochstraße Nord abgerissen und durch eine ebenerdige Stadtstraße ersetzt.
  • Die Gesamtkosten könnten im schlechtesten Fall auf 1,5 Milliarden Euro steigen.
  • Die Stadt hat in ihrem Förderantrag die zuwendungsfähigen Kosten auf 595 Millionen Euro beziffert. Der Bescheid geht von nur etwa 557 Millionen aus.

 

Noch ist dieser Förderbescheid nicht in Ludwigshafen eingetroffen. Weshalb dieser mit 473,5 Millionen niedriger ausfällt als die von der Stadt beantragten 505 Millionen Euro, könne also noch nicht beantwortet werden, sagte Björn Berlenbach, Leiter des Bereichs Tiefbau und Geschäftsführer der Bauprojektgesellschaft. „Da sind wir im Ungewissen.“ 31,5 Millionen Euro mehr müsste die Stadt nach der Einschätzung von Bund und Land zahlen - insgesamt also knapp 200 Millionen Euro.

Ausschreibung für Westbrücke

Insgesamt sei man aber „heilfroh“, die Förderzusage bekommen zu haben. Und das gerade rechtzeitig zur Übergabe des Baufelds für die neue Brücke im Süden sowie zur Stadtratssitzung, bei der am Montag auch ein weiterer wegweisender Beschluss zum Hochstraßen-Komplex gefasst wurde: Mit großer Mehrheit und bei Gegenstimmen von Grünen und Linken bewilligte das Gremium die vorgezogene Ausschreibung der Arbeiten für die neue Westbrücke über die Bahnanlagen, die ein wichtiger Teil der neuen Nordtrasse ist und an die künftige Helmut-Kohl-Allee anschließt.

Die frühzeitige Ausschreibung war laut Stadt dringend erforderlich, um mit der Deutschen Bahn (DB) vereinbarte Sperrzeiten für die Arbeiten nutzen zu können. Blieben diese ungenutzt, könnte das jahrelange Verzögerungen und erhebliche Kostensteigerungen zur Folge haben, hieß es.

So soll die neue Hochstraße Süd in Ludwigshafen nach ihrer Fertigstellung Ende 2025 aussehen. Links der S-Bahnhof Mitte, unten die Pendler-Radroute. © Stadt Ludwigshafen

Dass die Umsetzung der Helmut-Kohl-Allee in Ludwigshafen auch kritisch gesehen wird, zeigte sich an einer kleinen Demonstration der Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen vor dem Pfalzbau, in dem der Stadtrat tagte. Die BI setze sich für eine ökologische und soziale Stadtentwicklung ein, stand auf einem Flyer. „Die weitere Verschuldung durch unsinnige Mammutprojekte muss verhindert werden.“ Für die Stadtstraße Nord solle nach kostengünstigen Alternativen gesucht werden.

Linke vertraut nicht auf Minister-Versprechen

Die gleiche Position vertraten im Rat auch die Fraktionen der Grünen und der Linken. Die geplante Stadtstraße sei „überdimensioniert“, sagte Heike Heß (Grüne im Rat). Bei der zu befürchtenden Kostensteigerung auf über eine Milliarde Euro für das Gesamtprojekt decke die Förderung durch Bund und Land nicht einmal die Hälfte ab. „Gut gemeinte Zusagen“ aus Ministerien seien da keine Sicherheit, zumal diese mit wechselndem Personal schnell hinfällig sein könnten.

Auch Bernhard Wadle-Rohe sah „keinen Grund für Freudensprünge“. Die Linke vertraue nicht auf Minister-Versprechen: „Vertrauen ist gut, Verträge sind besser“, sagte er. Das „Millionenspiel“ um die Hochstraßen führe die Stadt in den Abgrund.

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Die übrigen Fraktionen trugen die Entscheidung mit. „Wir haben jetzt eine Grundlage, mit dem Projekt weiterzumachen“, sagte David Guthier (SPD). „Wir stehen zum Lückenschluss im Süden und zur Helmut-Kohl-Allee.“ Peter Uebel (CDU) sprach von einem „guten Tag und einem starken Signal“, das von der Förderzusage ausgehe. „Wir bleiben ein attraktiver Standort für Unternehmen.“ Dass bei den Kosten aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sei, müsse allen bewusst sein. „Da müssen wir immer wieder nachverhandeln.“

Zustimmung kam auch von FDP, AfD, Bürgern für LU und Grünem Forum (mit zwei Enthaltungen). Die FWG stellte einen Änderungsantrag, wonach bei der Stadtstraße mehr Grün, großzügige Radwege und bessere Querungsmöglichkeiten zum Hemshof eingeplant werden sollen. Steinruck versprach, die Anregungen „mitzunehmen“. Man wolle aber durch Änderungen nicht den Planfeststellungsbeschluss gefährden.

Baulast künftig beim Bund?

Dieser sei noch immer nicht eingegangen, weshalb die jetzt erfolgte vorzeitige Ausschreibung der Arbeiten ein gewisses Risiko berge. Nach Freigabe der neuen Hochstraße Süd 2026 soll es im Norden direkt mit dem Abriss der Hochstraße weitergehen, den Björn Berlenbach allein auf rund 200 Millionen Euro schätzt.

Für die Hochstraße Süd hat Steinruck dann einen Wunsch. Sie möchte die Baulast an den Bund übergeben. „Dazu werden wir in Gesprächen bleiben“, betonte sie. Sollte dies gelingen, wäre künftig der Bund für Planung, Bau, Betrieb und Unterhalt der B 37 zuständig. Da diese eine Verlängerung einer Autobahn darstelle, sieht Steinruck durchaus Chancen. Auch dies sei ein Ergebnis der wochenlangen Verhandlungen mit dem Bund.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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