Sport

Trainieren, lernen und leben im Olympiastützpunkt Heidelberg

Von 
Jan Kotulla
Lesedauer: 
Viel Zeit für Computerspiele bleibt den Sportlerinnen und Sportlern nicht. Dazu ist der Tag oft zu prall gefüllt. © OSP

Heidelberg. Internat - das klingt nach hochherrschaftlichem Anwesen, Privatlehrern, Schul-Uniformen. Wer den Olympiastützpunkt in Heidelberg von außen kennt, dem ist vom ersten Augenblick an klar, dass das Sportinternat so gar nicht in diese Klischees passt. Und das ist auch gut so.

„Wir haben hier derzeit 19 Jugendliche, von Boxern, über Judoka und Schwimmer bis zum Tennis- und Rugbyspieler“, erzählt Carmen Bruckmann, die pädagogische Leiterin des OSP-Internats. Gemeinsam mit dem Pädagogen-Team Irena Wanner, Varinia Wöhr, Christian Thomas, Jacob Hesselschwerdt und Laura Tischer sowie engagierten Aushilfen kümmert sich die Bundestrainerin für die Paralympics-Judoka um diese besondere Wohngemeinschaft für Sporttalente in Heidelberg.

Carmen Bruckmann ist erst seit einem knappen Jahr an Bord. Was Streiche oder witzige Schlamassel angeht, hat Irena Wanner in den acht Jahren, in denen sie vor allem die Abendschichten übernimmt, schon einiges mehr erlebt. „Dabei darf man nicht vergessen, dass die Jugendlichen bei uns früher auf ihren eigenen Beinen stehen. Aber natürlich passiert es beispielsweise, dass ein Junge sich beschwert, dass das Waschmittel viel schneller leer ist, als auf der Packung versprochen. Es hat sich dann rausgestellt, dass er etwa das Vierfache an Pulver genommen hat“, erinnert sich Irena Wanner. „Ach darum schäumt das so heftig, kam als Antwort.“

Mehr zum Thema

Wohungsmarkt

Mannheimer Mietverein: „Konversion bringt keine echte Entlastung für Mietmarkt“

Veröffentlicht
Von
Martin Geiger
Mehr erfahren
Besondere Wohnungen

Wie es sich auf dem Anwesen des Hirschberger Schlosses Wiser lebt

Veröffentlicht
Von
Konstantin Groß
Mehr erfahren

Kommentar Wenn der Traum vom Einfamilienhaus in weite Ferne rückt

Veröffentlicht
Kommentar von
Karsten Kammholz
Mehr erfahren

Wie wichtig das richtige Sortieren und der Blick auf das Etikett ist, davon zeugen etliche rosafarbene oder auf Kleinkindmaße geschrumpfte Kleidungsstücke. Learning by doing. Und das trotz eines vollen Terminkalenders. „Unsere Athletinnen und Athleten sind wirklich extrem fokussiert auf ihre Karriere - in ihrem Sport und in der Schule“, erklärt Carmen Bruckmann. Entsprechend früh piepsen die Wecker - so gegen 6.30 Uhr. „Die Schwimmer sind noch vor dem Unterricht ins Wasser. Danach geht es in die Schule, es folgen das Mittagessen in der Mensa sowie weitere Trainingseinheiten. Und die Hausaufgaben müssen auch noch erledigt werden“, beschreibt die pädagogische Leiterin den üblichen Ablauf am Internat. „Diese Taktung sorgt dafür, dass der pädagogische Ansatz markant anders ist, als an anderen Internaten. Die Jugendlichen sind sehr eingespannt. Der Tag ist zu kurz für viel Privatleben. Aber sie lieben, was sie tun“, weiß Carmen Bruckmann aus ihren Unterhaltungen. Dass diese nicht immer lang ausfallen - für die Pädagogin ist das normal. „Die Pubertät ist nie einfach. Wir geben den Jugendlichen ihren Freiraum, führen sogenannte ,Tür-und-Angel-Gespräche‘, also hören sehr niederschwellig nach, ob und wo der Schuh drückt“, weiß das OSP-Team um die große Verantwortung. Schließlich vertrauen die Eltern darauf, dass es ihren Kindern, die weg von zu Hause sind, gut geht.

Und ähnlich wie zu Hause, gibt es mit der einen oder dem anderen schon mal einen „Kampf“, damit der Bus noch erreicht wird. „Da wird schon sehr genau ausgerechnet, wie viel Zeit man morgens braucht, um die Bettzeit bis zum Schluss auszukosten“, erzählt Irena Wanner. Doch das klappt genauso, wie das Aufräumen. „Wir gestehen schon auch zu, unordentlich zu sein. Aber mindestens so zweimal in der Woche schauen wir schon mal nach, ob zumindest eine Grundordnung herrscht“, berichtet die Pädagogin über ein Phänomen, dass alle Eltern kennen.

Mehr zum Thema

Neubaugebiet

Ladenburger Mehrgenerationenprojekt lockt Interessenten aus Nah und Fern

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren
Besonderes Projekt

"Wohnen mit Freu(n)den" in Oggersheim: Hier sind die Bewohner mehr als nur Nachbarn

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Umwelt

Wie Kinder auf dem Buga-Gelände die Natur entdecken können

Veröffentlicht
Von
Eva Baumgartner
Mehr erfahren

Nur, dass es am Internat 25 Zimmer gibt - mit dem Charme von 1972. „Aber natürlich wird kontinuierlich modernisiert und fast jeder versucht sein Zimmer so wohnlich wie möglich zu machen“, erklärt Carmen Bruckmann. Es habe zwar auch schon den Fall gegeben, dass ein Bewohner seine Bude fünf Jahre im Ursprungszustand gelassen. Ansonsten werden Betten und Schränke rumgeschoben, Lichterketten installiert, Poster und Fotocollagen aufgehängt. „Nur Streichen geht nicht“, gibt es gewisse Einschränkungen.

Dass sich in der Regel zwei Jugendliche eine „Bude“ teilen, sei nicht Teil des Internatskonzeptes, sondern habe praktische Gründe. „Wir versuchen zumindest den Abiturienten Einzelzimmer anzubieten, denn der Lernrhythmus ist dann doch unterschiedlich“, berichtet Carmen Bruckmann.

Ansonsten sei es so, dass sich zwei Athleten der gleichen Disziplin ein Zimmer teilen. „Die sind dann wirklich fast 24/7 zusammen“, formuliert es die pädagogische Leiterin. Denn neben dem Training besuchen die Sportlerinnen und Sportler dann oft auch die gleiche Klasse. „Ein Vorteil, wenn man zu zweit ist, das sehen wir immer wieder, ist, dass untereinander Klamotten verliehen werden“, ergänzt Irena Wanner.

Während unter dem Jahr - logischerweise - Jogginghosen und Hoody erste Wahl sind, gibt es für die Weihnachtsfeier eine besondere Regel: „Da sind Sportklamotten tabu“, berichtet Irena Wanner. „Da werden dann alle ganz aufgeregt. ,Ich weiß gar nicht, ob ich was zum Anziehen habe‘ heißt es dann immer. Und dann am Abend tauchen die Jungs im Hemd auf und die Mädels tragen schicke Schuhe, einen Rock, eine Bluse und die Haare sind toll gemacht. Da sind wir vom Team immer wieder überrascht.“

Solche gemeinsamen Abende sind jedoch selten, angesichts von Training, Schule und Wettkämpfen. Dennoch versucht das Internats-Team ihren Schützlingen eine zweite Heimat, eine Gemeinschaft, einen Rückzugsort auf Zeit zu bieten. Und nicht wenige haben ihr Herz in und an Heidelberg verloren.

Redaktion Sportredakteur

Thema : Wohnen

  • Wohnen Hunderte neue GBG-Wohnungen kommen in Mannheim bald auf den Markt

    GBG-Chef Karl-Heinz Frings über die Großprojekte der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, drohende Mieterhöhungen und den einzigen Weg zur Entspannung des Mannheimer Wohnungsmarktes.

    Mehr erfahren
  • Mannheim Mannheims spektakulärstes Hochhaus bald fertig

    In Mannheims jüngstem Stadtteil Franklin gibt es dieses Jahr einiges zu feiern: Etliche imposante Gebäude werden fertiggestellt. Ein Rundgang in Bildern.

    Mehr erfahren
  • Bundesgartenschau So sieht es jetzt auf dem Buga-Gelände in Mannheim aus

    Ende Januar soll auch der letzte Teil des Mannheimer Spinelli-Geländes der Bundesgartenschau wieder an die Öffentlichkeit zurückgegeben werden. Wie der Rückbau lief und was dort jetzt noch ist.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen