Kommentar Hochstraßen-Neubau in Ludwigshafen: Für deutsche Verhältnisse beachtlich

Es wurde viel genörgelt in den vergangenen Jahren, wenn es um die Hochstraße Süd ging. Viele zogen den Vergleich zu Genua - der hinkt aber gewaltig, kommentiert Julian Eistetter. Dass es jetzt losgeht, ist beachtlich

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Julian Eistetter
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Im November 2019 musste die Pilzhochstraße in Ludwigshafen von einem Moment auf den anderen gesperrt werden. Einsturzgefahr. Nichts ging mehr. Der Abriss war die einzig verbliebene Lösung. Gut dreieinhalb Jahre nach dieser Hiobsbotschaft beginnen nun die Arbeiten für das Bauwerk, das die 500 Meter lange Lücke in der Hochstraße Süd schließen soll. Etwa sechs Jahre danach, Anfang 2026, soll die Verkehrsader wieder befahrbar sein. Das ist beachtlich – allen Nörgeleien zum Trotz.

Nur allzu oft fiel in den vergangenen Jahren der Vergleich mit der italienischen Hafenstadt Genua. Dort war im August 2018 eine Brücke eingestürzt, 43 Menschen starben. Knapp zwei Jahre später wurde das neue Bauwerk feierlich eröffnet. „Wieso geht das nicht auch in Ludwigshafen?“, wurde immer wieder gefragt – und der Stadt und den Planern Unvermögen vorgeworfen. Dabei hinkt der Vergleich. Der Brückenneubau in Genua sollte einem gesamten Land Hoffnung geben, zeigen, dass Italien als Staat handlungsfähig ist. Er wurde zu einem Symbol der Wiedergeburt.

Der Ludwigshafener Stadtspitze ist kein Vorwurf zu machen

Das Genua-Dekret, ein eigens erlassenes Notfallgesetz, ermöglichte es den Verantwortlichen, sämtliche bürokratischen Hindernisse einfach zu umschiffen. Die Auftragsvergabe beispielsweise erfolgte ohne öffentlichen Bieterwettbewerb. Das ist hierzulande völlig undenkbar – und mit Blick auf mögliche unlautere Machenschaften auch zurecht.

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Der oft berechtigt kritisierten Ludwigshafener Stadtspitze ist in diesem Fall nichts vorzuwerfen. Sie muss sich an gesetzliche Vorgaben halten. Durch hartnäckigen Einsatz ist es sogar gelungen, dass das Planungsbeschleunigungsgesetz in Ludwigshafen zur Anwendung kam und die Verfahren für den Ersatzneubau deutlich verkürzt werden konnten. Dass eine neue Brücke von dieser Dimension fünf Jahre nach dem Abriss freigegeben werden kann, ist für deutsche Verhältnisse eine ziemliche Leistung.

Noch ist es aber nicht soweit. Der Bausektor und die horrenden Kosten bergen jede Menge Unsicherheiten, die den ambitionierten Zeitplan ins Wanken bringen könnten. Verzögerungen darf es mit Blick auf die ebenfalls schon seit Jahren marode Hochstraße Nord nicht geben. Wie schnell es gehen kann, hat man schließlich im November 2019 bei der Südtrasse gesehen. Zu viel Freude sollte nun also wegen des erreichten Etappenziels nicht aufkommen. Wenn aber die chronisch klamme Stadt Ludwigshafen die neue Brücke bis Ende 2025 baut, dann hat das doch was von Genua. Und irgendwie auch ein bisschen was von Wiedergeburt.

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Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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