Ludwigshafen. Freude, Stolz, Zuversicht - mit positiv besetzten Begriffen wird an diesem Montagvormittag im Ludwigshafener Faktorhaus nicht gegeizt. Drei Fünftel des Stadtvorstands und sämtliche Verantwortlichen für die großen Hochstraßen-Projekte haben Pressevertreter eingeladen, um über das zu berichten, was in nur noch wenigen Tagen in Steinwurf-Nähe zum Veranstaltungsort passieren wird: Das Baufeld für den Ersatzbau der 2020 abgerissenen Pilzhochstraße wird an die Baufirmen übergeben - der offizielle Startschuss für den lange ersehnten Lückenschluss in der südlichen Verkehrsader fällt am Montag, 17. Juli. Errichtet wird das Bauwerk bis Ende 2025 von den Unternehmen Implenia und Heberger, die gemeinsam ein Angebot für den Auftrag eingereicht hatten.
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) spricht von einem „Meilenstein“. Sie könne sich noch gut daran erinnern, wie ihr wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt mitgeteilt wurde, dass die Pilzhochstraße den heutigen Anforderungen nicht mehr genüge. Es folgten erste Überlegungen für eine Stabilisierung des Bauwerks, im November 2019 kam dann aber die Schreckensnachricht: Wegen Einsturzgefahr muss die Brücke vollständig gesperrt werden. Im folgenden Sommer wurde sie aufwendig abgebrochen. Etwas mehr als dreieinhalb Jahre danach sei es nun möglich, mit dem Neubau zu starten - auch dank des Planungsbeschleunigungsgesetzes. „Darauf können wir stolz sein, das sucht in Deutschland seinesgleichen.“
Mit Implenia, ehemals Bilfinger Construction, und Heberger seien zwei Unternehmen mit regionalem Bezug bei der Ausschreibung zum Zug gekommen, erläutert Björn Berlenbach, Leiter des Bereichs Tiefbau und Geschäftsführer der Bauprojektgesellschaft Ludwigshafen, die das Großprojekt verantwortet. „Sie kennen die Region und die Stadt, darüber freuen wir uns.“
Große Bedeutung für die Region
Eberhard Küssner, Gesamtprojektleiter für beide Hochstraßen, hebt noch einmal die Bedeutung der beiden Verkehrsachsen hervor. „Im Großraum Ludwigshafen-Mannheim gibt es nur drei Rheinquerungen. Deshalb brauchen wir bei beiden Hochstraßen immer eine 100-prozentig funktionierende Querung“, sagt er. Bis zur geplanten Freigabe der neuen Südtrasse im Januar 2026 müsse die Nordtrasse durchhalten. Anschließend werde diese erneuert, und die Ausweichverkehre könnten im Süden aufgefangen werden.
Die Ausmaße sind enorm: Rund 520 Meter lang wird das neue Bauwerk, es hat eine Fläche von 12 600 Quadratmetern, 18 Pfeilerreihen mit 43 Pfeilern und ruht auf fünf Widerlagen, die wiederum auf 39 Fundamenten verankert werden. Insgesamt werden 20 500 Kubikmeter Beton verarbeitet, 3100 Tonnen Bewehrungsstahl und 570 Tonnen Spannstahl kommen zum Einsatz. „Es sind erstaunliche Massen, die da verarbeitet werden“, sagt Küssner. Die Weiße Hochstraße, die im Westen an die neue Brücke anschließt, wird ab Herbst umfassend saniert - auch an ihr waren erhebliche Schäden festgestellt worden.
Mit dem Neubau sollen laut Küssner im Vergleich zur Pilzhochstraße gleich einige Dinge optimiert werden. So sollen die Auf- und Abfahrten praktischer gestaltet sowie Flüsterasphalt eingebaut werden. Künftig wird es zudem eine direkte Bahnschiene von der Adenauer-Brücke in Richtung Rheingönheim geben. „Das ist insbesondere dann wichtig, wenn die Kurt-Schumacher-Brücke beim Abriss der Hochstraße Nord abgekappt wird. Denn dann erfolgt die Direktverbindung nach Mannheim nur noch über die Adenauer-Brücke“, erklärt Baudezernent Alexander Thewalt.
Öffentlicher Nahverkehr und Fußgänger können passieren
Während der Arbeiten soll der öffentliche Nahverkehr weitgehend ungestört rollen. „Nur wenn die Brücke in ihre Endposition gebracht wird, muss der Bereich an Wochenenden gesperrt werden“, so Küssner. Für Radfahrer und Fußgänger soll das Durchqueren des Baustellenbereichs durchgehend möglich sein.
Majed Nasser, Projektleiter der Hochstraße Süd, erklärt die nächsten Schritte ab 17. Juli. Zunächst werde der Bauzaun aufgestellt, dann folge die Errichtung der Baustelleneinrichtung. Auch Versorgungsleitungen müssen noch verlegt werden. „Wir haben es hier mit einer räumlich sehr engen Stelle zu tun“, schildert Nasser die Schwierigkeiten. Ab Oktober sollen Bohrpfähle in den Boden eingelassen werden, auf denen dann später die Fundamente ruhen. Da die oberen Bodenschichten nicht tragfähig seien, müssten die Betonpfähle 20 Meter lang sein.
Belastungen gering halten
Das Ziel der Verantwortlichen ist es, die Beeinträchtigungen für Anwohner und Gewerbebetriebe so gering wie möglich zu halten. „Es kommen geräuscharme Bauverfahren zur Anwendung“, sagt Küssner. Sollte es zu Staubentwicklung kommen, so wird diese mit Wasserberieselung eingedämmt. „Bei einem Neubau ist die Staubentwicklung aber längst nicht so stark wie bei einem Abriss.“
Die Finanzierung des Projekts - Hochstraße Süd, Abriss Hochstraße Nord und Neubau der Stadtstraße werden weit mehr als eine Milliarde kosten - ist noch immer nicht offiziell kommuniziert. „Das müssen die Geldgeber übernehmen“, sagt Steinruck mit Blick auf Bund und Land. Sie habe aber keine schlaflosen Nächte. Und auch Kämmerer Andreas Schwarz berichtet von einem „guten Ergebnis“. Bund und Land hätten auch die Zusage gegeben, die Stadt bei etwaigen weiteren Preissteigerungen nicht im Regen stehen zu lassen. Die Erneuerung der Südtrasse mit Neubau und Sanierung der Weißen Hochstraße wird zwischen 120 und 170 Millionen Euro kosten. Der städtische Eigenanteil liegt zwischen 31 und 37 Millionen Euro. Hinzu kommen fixe Planungskosten von zwölf Millionen Euro.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Hochstraßen-Neubau in Ludwigshafen: Für deutsche Verhältnisse beachtlich