Festival des deutschen Films

Ludwighafener Festival eröffnet mit sehenswerter TV-Komödie

Ein Auftakt nach Maß: Der Eröffnungsfilm "Sayonara Loreley" ist nicht nur amüsant, sondern überzeugt auch mit Hintersinn, schaupielerischen Leistungen und gesellschaftskritischen Noten

Von 
Thomas Groß
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Filmszene mit Katharina Marie Schubert. © Tivoli Film/Peter Porst

Einen Ort im Leben braucht jeder – was aber, wenn man sich nur noch als „Existenzminimum“ begreift? Wenn der Koffer mit den wichtigsten Sachen auf dem Weg nach Tokio ist, man selbst aber in Rüdesheim am Rhein bleiben musste, weil die Mutter in einer Kurklinik in der Nähe ins Koma fiel und zuvor noch die Geldkarte der Tochter sperren ließ?

Marie (Katharina Marie Schubert) hat’s nie leicht gehabt; ihr Ex-Mann setzte die gemeinsame Firma in den Sand und sich dann ab; im Mode- und Geschenkeladen mit zugehöriger Postagentur, den die Mutter (Victoria Trauttmansdorff) führt, arbeitet Marie nun als Minijobberin. Ihre schönste Aussicht war eine Japanreise mit dem Chor, in dem sie leidenschaftlich singt. Doch da fällt die eigensinnige Frau Mama eben ins Koma – und Marie strandet in Rüdesheim, ohne Geld, Koffer und ohne Perspektive, wie es weitergeht.

Unter dem Titel „Sayonara Loreley“ hat Regisseur Wolfgang Murnberger für die ARD aus solchen Voraussetzungen eine muntere Melange aufbereitet, ein Werk, das zuweilen droht, ins Klamottenhafte abzurutschen, aber nicht zuletzt der überzeugenden Darsteller wegen immer die Waage hält zwischen überdrehter Komödie und gepflegter Abendunterhaltung, und das auch gesellschaftskritische Noten bereithält. Ein Gute-Laune-Film ist das, der, obwohl in Hessen und Rheinhessen angesiedelt, auch auf die Parkinsel in Ludwigshafen passt, wo er an diesem Mittwoch zur Eröffnung des Festivals des deutschen Films läuft.

Was für den Film zudem spricht, ist sein Spiel mit Literatur- und Märchenmotiven: So wirkt die Hauptfigur wie eine Mischung aus Pechmarie und hässlichem Entlein oder verwandelt sich ein Weinlokal in Auerbachs Keller und bietet noch weitere Zitate aus Goethes „Faust“ auf. Überhaupt schwebt hier irgendwie alles über Raum und Zeit. Der Touristenort ist international geprägt, was die Gäste ebenso betrifft wie die Personen, die in Hotelerie und Gastronomie arbeiten. Alleinunterhalter passen ins Heute so gut wie in eine Zeit vor gut und gerne 50 Jahren, ebenso ein von Armin Rohde gewohnt kernig verkörperter Fährmann.

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Bewährtes Rollenschema

Bier und „Rüdesheimer Kaffee“ sind gleich gar zeitlos, Verweise auf eine nicht nur positive Globalisierung und Migrationswellen zeigen dagegen klar aufs Hier und Jetzt; erst recht gilt das für Maries Freundschaft mit einer lebenstüchtigen Ukrainerin (Janina Elkin) und die nebenbei geübte Kritik an Russland unter Putin. Auch das bewährte Spiel um Schein und Sein greift man auf: Mit Männern ist es hier meistens nicht so weit her, allerdings scheinen einige auch krimineller, als sie tatsächlich sind; auf Frauen – sofern sie nicht Maries Mutter sind – ist dagegen viel eher Verlass. Im Zentrum bleibt vor allem Katharina Marie Schubert, die ihr bewährtes Rollenschema der unterschätzten Frau bestätigt und zeigt, dass sie damit einen Film zu tragen vermag.

Es gibt Lebensweisheit vom Fährmann, der meint, man solle wie er mit seiner Rheinfähre „quer schwimmen“, dann sei man unterwegs und bleibe dennoch daheim. Und es folgt die Einsicht, dass neben Geschäften auch Musik verbindet und man mit Freundlichkeit und Humor stets am besten fährt. Für gute Unterhaltung ist zum Auftakt auf der Parkinsel gesorgt. Und mit Katharina Marie Schubert, Victoria Trauttmansdorff und weiteren Gästen soll auch sogleich erste Filmprominenz zu Besuch kommen.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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