Festival des deutschen Films

Spielfilm über KZ-Arzt Josef Mengele gewinnt in Ludwigshafen

„Das Verschwinden des Josef Mengele“ ist beim Festival des deutschen Films mit dem Filmkunstpreis geehrt worden. Am Sonntag endet die 21. Festival-Ausgabe.

Von 
Thomas Groß
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Gruppenbild mit Preisträgern: Die vom Festival Geehrten, die Jury sowie (l. und re.) Programmdirektorin Daniela Kötz und Festival-Intendant Michael Kötz. © Rosalie Nagy/FFLU

Ludwigshafen. Mehr als gut besucht war dann auch die Preisverleihung des Festivals des deutschen Films auf der Ludwigshafener Parkinsel am Samstagabend. Und wie gewohnt voll wurde es auch am Ende der Preisgala auf der Bühne des großen Zeltkinos, als alle Ausgezeichneten noch einmal zum Gruppenfoto zusammenkamen. Dass zwei Hauptpreisträger nicht dabei sein konnten, trübte die Laune nicht; die Preise wurden stellvertretend entgegengenommen, von Drehbuchautorin Louise Peter für Regisseurin Mascha Schilinski, die am Samstag bereits auf dem Weg zum Filmfestival nach Toronto war, um dort ihren in Ludwigshafen mit dem Regie-Preis geehrten Film „In die Sonne schauen“ zu präsentieren - und von Felix von Boehm, der den „besten Film“ des Wettbewerbs in Ludwigshafen, „Das Verschwinden des Josef Mengele“, mitproduziert hatte.

Serebrennikow und Schilinski konnten nicht teilnehmen

Inszeniert hat den eindringlichen Spielfilm der russische Exil-Regisseur Kirill Serebrennikow, der ebenfalls nicht anwesend sein konnte. Die Preisjury begründete ihre Wahl damit, dass das Werk über die Nachkriegsexistenz des berüchtigten KZ-Arztes Josef Mengele zeige, wie man „die banale Realität des Bösen in große Filmkunst“ verwandle. Der in Koproduktion mit weiteren Ländern entstandene deutsche Film mit August Diehl in der Hauptrolle sei „eine schonungslose Anatomie des Bösen, die zugleich ein Meisterwerk des Autorenkinos darstellt“, befanden die Preisrichter, die Schauspielerin Lina Wendel, die die Begründungen verlas, sowie die Produzierenden Martina Haubrich und Wolfgang Esser.

Szene aus „Das Verschwinden des Josef Mengele" mit August Diehl in der Hauptrolle. © Lupa Film/CG Cinema Hype Studios

Den Regie-Preis vergab die dreiköpfige Jury für jenen unkonventionellen Spielfilm von Mascha Schilinski, der zuvor schon als deutscher Oscar-Kandidat nominiert worden war und in Cannes den Großen Preis der Jury gewonnen hatte. Der Film „von poetischer Kraft“, so die Jury, nehme das Publikum mit „auf eine Reise, die Zeit und Raum auflöst und dabei eine völlig eigenständige Filmsprache entwickelt“.

Der Filmkunstpreis fürs beste Drehbuch ging an Moritz Binder, der die Vorlage für „September 5“ mitgeschrieben hat, einen dramatischen und hintergründigen Film über das Olympia-Attentat 1972. Das Drehbuch „von außergewöhnlicher Intelligenz“, so das Urteil der Jury, liefere die Vorlage für „packendes Kino über journalistische Verantwortung“. Die Preise sind allesamt undotiert.

Der Publikumspreis wurde aufgeteilt

Außerdem hatte das Preisgericht noch drei „Ludwigshafener Auszeichnungen“, also lobende Erwähnungen, parat: Sie gingen an Melanie Blocksdorf, die „Karla“ produziert hat, einen Film über die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs, sowie Schauspielerin Saskia Rosendahl, für ihre Darstellung in „Zikaden“, und Kai Wessel, den Regisseur des Spielfilms „An einem Tag im September“.

Der „Rheingold“ genannte Publikumspreis des Festivals wurde in diesem Jahr geteilt, weil die Bewertungen sich nur sehr wenig unterschieden. Die von Joachim Lang inszenierte Künstlerbiografie „Cranko“ über den legendären Choreografen John Cranko wurde ebenso geehrt wie die schräg-komische Produktion „Theken-Cowboys“ von Orlando Klaus und Alexander Wipprecht.

Ausverkauft waren viele Vorstellungen beim Festival in diesem Jahr. © sebastian weindel

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Bereits am Freitag hatten die Verantwortlichen des Festivals mitgeteilt, dass sie dieses Jahr mit einer Gesamtpublikumszahl von 135.000 rechnen – bei über 130.000 verkauften Eintrittskarten. Das sind noch einmal 10.000 Besucher mehr als im bisherigen Rekordjahr 2024. Auch die Zahl der Fachbesucher, darunter vor allem Filmschaffende, sei in diesem Jahr mit 464 so hoch wie nie zuvor gewesen, hieß es.

Entsprechend herrschte auf dem Festivalgelände vor allem an Freitag- und Samstagabenden vor und zwischen den Filmvorführungen reges Treiben und mitunter drangvolle Enge. Das nach Besuchszahlen zweitgrößte Filmfestival Deutschlands nach der Berlinale hat seinen Rang damit mehr als bestätigt.

Das Filmfestival in Ludwigshafen ist „eine Art Volksfest“

Festival-Intendant Michael Kötz bilanzierte die 21. Festivalausgabe im Gespräch mit dieser Redaktion am Samstagnachmittag zufrieden als sehr positiv. Er hob hervor, dass auch die insgesamt 124 Filmgespräche mit Mitwirkenden an den Produktionen nach den Vorstellungen gut besucht gewesen seien: Etwa 30.000 Menschen hätten teilgenommen. Und gefragt war nicht zuletzt die Möglichkeit, Autogramme zu holen oder ein Selfie mit Prominenten am roten Teppich zu machen.

Es sei zuweilen tatsächlich eine „Autogrammstunde“ gewesen, sagte Kötz. Er nannte das Festival, das am Sonntagabend zu Ende geht, „eine Art Volksfest“, wobei allerdings die allermeisten Besucher doch auch kommen würden, um zumindest einen Film anzuschauen, wenn nicht gleich mehrere. Und Michael Kötz ist zuversichtlich, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird, denn gerade in Krisenzeiten sei das Bedürfnis, zusammenzukommen und sich durch ein gemeinsames Erleben zu verbinden, groß.

Preisträger des Festivals

  • Filmkunstpreis für den besten Film : „Das Verschwinden des Josef Mengele“, Regie: Kirill Serebrennikow.
  • Filmkunstpreis für Regie : Mascha Schilinski für „In die Sonne schauen“.
  • Filmkunstpreis für Drehbuch : Moritz Binder für „September 5“.
  • Ludwigshafener Auszeichnungen : Melanie Blocksdorf (Produzentin von „Karla“), Saskia Rosendahl (Darstellerin in „Zikaden“), Kai Wessel (Regie bei „An einem Tag im September“).
  • Publikumspreis „Rheingold“: „Cranko“ und „Theken-Cowboys“. tog

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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