Ludwigshafen. Im Fernsehen hat das Krimigenre Hochkonjunktur, vor allem im Reihen- und Serienformat in öffentlich-rechtlichen Sendern. Und weil das Festival des deutschen Films diesen eine breite Bühne bietet, laufen auch dort regelmäßig Krimis - in diesem Jahr etwa die noch nicht gesendete vierte Folge der ZDF-Reihe „Theresa Wolff“, die wie noch weitere Repräsentanten des Genres auch um den Filmkunstpreis konkurriert.
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Zu Recht? Nun, die Folge ist spannungsreich, Regisseur Hansjörg Thum hat sie souverän inszeniert; sie bietet witzige Details, lakonische Dialoge und erzählt von einem interessanten, betroffen machenden Kriminalfall in Jena, der ins Rotlichtmilieu führt und mit dem Fund der Leiche eines berüchtigten Zuhälters den Anfang nimmt. Der Film lebt vor allem von seiner von Nina Gummich verkörperten Titelfigur. Als Gerichtsmedizinerin und in allen Belangen eigenwilliger Mensch vermag es die Schauspielerin, für die durchaus skurrile Rolle einzunehmen. Wolff spricht mit Toten gefühlvoller als mit lebenden Menschen in ihrer Nähe. Und ein besseres Sozialverhalten versucht sie, mithilfe von Merkzetteln zu erzielen. Aber dann gibt es doch immer so viel Anderes zu tun und zu denken.
Universelle Dimensionen
Mehr als nur gut unterhalten fühlt man sich hier. Es versteht sich, dass viel heute Genretypisches aufgeboten wird, angefangen bei makabren Details, die spätestens gängig sind, seit Ulrich Mühe den Pathologen in der ZDF-Reihe „Der letzte Zeuge“ gab. Dennoch ist alles einen Tick anders. Der Film erinnert - auch durch die fehlbaren Mitarbeiter Wolffs -wohltuend daran, dass wir alle nicht perfekt sind. Aber dass er doch in einer anderen Liga spielt als etwa Christian Petzolds ebenfalls und fraglos zu Recht in der Preiskonkurrenz gezeigter „Roter Himmel“, versteht sich auch.
Hintergründiger, tiefer und viel atmosphärischer noch ist alles im jüngsten Film des Regiemeisters und Mannheimer Schillerpreisträgers Petzold. Die zunächst ganz individuell anmutende und gleichfalls genrespezifische Geschichte, die den typisch französischen Sommerfilm zitiert, wird erst allmählich in ihrer universellen und gesellschaftskritischen Dimension erkennbar. Dicht und fesselnd ist „Roter Himmel“ von der ersten Einstellung an.
Die Geschichte dreht sich um einen Autor, der mit einem Freund die Ferien an der Ostsee verbringen möchte, um an einem Roman zu schreiben. Im Ferienhaus und am Strand kommt es zu Zufallsbekanntschaften, die den Plan beeinträchtigen. Fein und sensibel registriert der Film mit souveränen Schauspielern die wachsenden Sym- und Antipathien der Charaktere füreinander.
Spielerisch leicht wirkt das, zugleich erinnern Meldungen über sich ausdehnende Waldbrände in der Nähe und Feuerwehreinsätze an eine allgemeine Gefahr. Der Klimawandel ist überall, der Mensch setzt die Welt in Brand, doch besonders Autor Leon dreht und kümmert sich vor allem um sich selbst. Diesen bedrängenden Widerspruch erfährt der Zuschauer auch als allgemeine Aussage des Films. Ein Regiemeister wie Petzold versteht es freilich, sie nahezulegen, ohne dazu irgendwie plakativ vorzugehen.
Fesselnd ist sein Film bis zum mehrdeutigen Schluss. Es lässt sich deshalb auch jetzt und hier noch in das vor Monaten weithin geäußerte Unverständnis darüber einstimmen, dass Petzolds hochklassiges Kinostück nicht für den Deutschen Filmpreis nominiert gewesen ist.
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