Mannheim. Dieser Beitrag ist unter den sechs Finalisten der Serie "75 Ideen für ein besseres Mannheim".
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Günstiger oder freier Eintritt in Museen, Bädern sowie bei Sport- und Kulturveranstaltungen für alle, die sich ehrenamtlich engagieren – in anderen Städten gibt es das schon lange. So geben inzwischen mehr als 100 Kommunen in Rheinland-Pfalz die 2014 kreierte landesweite Ehrenamtskarte aus. Wie wäre es also, das auch für Mannheim einzuführen? Bernd Kupfer, Mitglied des Vorstandes von Mannheims größtem Sportverein TSV 1846 sowie von 2009 bis 2014 und 2017 bis 2019 CDU-Stadtrat, schlägt das vor.
„Immer häufiger wird berichtet, dass die Bereitschaft zu freiwilligem Engagement in Vereinen und Organisationen spürbar rückläufig sei“, begründet er seinen Vorstoß. „Diesem Trend müssen auch die Kommunen zukünftig stärker entgegenwirken“, findet er und fordert: „Da wäre eine Ehrenamtskarte in Mannheim ein Schritt in die richtige Richtung!“ Der uneigennützige und unentgeltliche Einsatz vieler Ehrenamtlicher müsse stärker gewürdigt und anerkannt werden, „denn der dafür verdiente Dank bleibt häufig unausgesprochen und gilt oft als selbstverständlich“, so Kupfer.
Ludwigshafen macht es vor
Wenn er auf dem Gelände seines Sportvereins sei, denke er oft an das, so Kupfer, „großartige Engagement von Ehrenamtlichen“, die ihn 1975 zu Beginn seiner aktiven Jugendsportzeit begleitet und unterstützt hätten, sagt der aus Feudenheim stammende Meister im Maler- und Lackierer-Handwerk, der vor seinem Einsatz für den TSV 1846 schon in seinem Stadtteil in mehreren Vereinen engagiert war.
„Unsere Betreuer und Betreuerinnen haben uns unglaublich viel Zeit gewidmet, trainiert, betreut und uns am Wochenende zu Wettkämpfen gefahren. Sie haben bei den Wettspielen mitgefiebert, angefeuert, nach Niederlagen getröstet und uns wieder aufgebaut“, erinnert er sich dankbar. „So wie ich das erleben durfte, ergeht es vielen anderen auch, die sich an ihre Zeit im Sportverein, bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Fasnachts- oder Musikverein mit Freude zurückerinnern“, sagt der frühere Fußballer.
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In Deutschland habe das ehrenamtliche Engagement eine lange und starke Tradition – anders als in vielen anderen Ländern. Oft wollten die Menschen gemeinsam etwas bewegen, mit anderen Menschen zusammen kommen und die Gesellschaft mitgestalten. „Hier wird aus einem Nebeneinander ein Miteinander“ argumentiert, Kupfer: „Ohne das freiwillige Engagement wäre das gesellschaftliche Leben in seiner heutigen Form nicht möglich“, gibt er zu bedenken: „Aber Bürgerschaftliches Engagement ist keine Selbstverständlichkeit!“
Deshalb fände er es wichtig, dass der in einigen Städten wie Aachen, Berlin, Bonn, Düsseldorf, Leipzig, Mainz und Dresden bereits etablierte Ehrenamtspass als Anerkennung und Auszeichnung für ehrenamtliche Tätigkeit auch in Mannheim eingeführt wird. In Berlin kann die Ehrenamtskarte beantragen, wer nachweislich seit einem Jahr 200 Stunden engagierte Tätigkeiten nachweisen kann und die Absicht hat, das Ehrenamt fortzusetzen.
In Ludwigshafen können die Karte Menschen bekommen, die mindestens fünf Stunden pro Woche oder 250 Stunden im Jahr ehrenamtlich arbeiten und dafür keine finanzielle Entschädigung erhalten. In Frage kommen Trainer in Sportvereinen, sofern sie keine Übungsleiterpauschale erhalten, „Grüne Damen“ in Krankenhäusern oder Menschen, die sich bei einer Telefonseelsorge, in einem Hospiz oder als Leiter von Selbsthilfegruppen einbringen. „Die bloße Mitgliedschaft in einem Verein reicht nicht aus“, stellt die Stadt klar und verlangt, dass die Vereine die Tätigkeit bescheinigen.
Wer das Kärtchen hat, kann zum ermäßigten Eintrittspreis ins Wilhelm-Hack-Museum gehen sowie für 2,50 Euro statt für vier Euro die städtischen Bäder nutzen. Außerdem gewährt die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz eine Ermäßigung, die Verbraucherzentrale Nachlässe auf rechtliche Beratungen. Es gibt sogar Städte oder Bundesländer, die Inhabern von Ehrenamtskarten Rabatte beim Nahverkehr oder vergünstigte Versicherungen einräumen. In Nordrhein-Westahlen erhält man gar in einigen Städten zehn Prozent Nachlass bei Getränken in Restaurants, Übernachtungen in Hotels, beim Einkauf in Blumenläden oder von Wein.
Und in Mannheim? Bisher nichts. Auf Initiative von Kupfer hat der CDU-Kreisparteitag zwei Anträge in diese Richtung beschlossen. Doch das ist nicht allein ein christdemokratisches Thema. Die Grünen brachten bereits 2007 einen Antrag dazu im Gemeinderat ein. „Verwiesen in Hauptausschuss“, vermerkt das Protokoll. Dort hat die Verwaltung dann einen schriftlichen Bericht oder eine Vorlage zugesagt.
Es gab dann 2008 in einem dicken Papier der städtischen Ehrenamtsbeauftragten drei Absätze dazu, warum es nicht geht. Man müsse von etwa 5000 Berechtigten ausgehen. „Die uneingeschränkte Versorgung aller Engagierten mit Vergünstigungen ist in jedem Falle unrealistisch“, heißt es da, nötig sei ein Kriterienkatalog, der die Zahl der Berechtigten „auf ein überschaubares Maß reduziert“, doch dann könnten sich Einzelne „durchaus ungerecht behandelt fühlen“. Zudem brauche man Personal, der Aufwand sei zu groß. Passiert ist dann nichts.
Anträge im Gemeinderat gab es
2008 brachte die SPD zwar wieder einen entsprechenden Antrag bei den Etatberatungen ein. „Verwiesen in Hauptausschuss“, so das knappe Ergebnis. Erneut passiert – nichts.
Nachdem es von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern aber klappt, stellt sich die Frage, warum sich nur hier die ewigen Bedenkenträger durchsetzen. Man könnte ja mal mit einem eng begrenzten Personenkreis anfangen – nämlich jenen Personen, die weit über ein reines Hobby hinaus ungewöhnliches Engagement für das Leben und die Sicherheit ihrer Mitmenschen zeigen: Mitglieder von Rettungsdiensten, Freiwilliger Feuerwehr, DLRG und Technischem Hilfswerk (THW).
Aber dann müsste es weitergehen, vom Sozialbereich bis zum Sport. Denn gerade nach dem Ende der Corona-Pandemie wird die Gesellschaft dankbar sein, wenn sich Menschen selbstlos engagieren, damit das gesellschaftliche Leben wieder funktioniert.
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