Mannheim. Für Lukas Müller ist das Bild, das sich an der Glasfassade des Jugendtreffs in der Schwetzingerstadt zeigt, keine Überraschung. „Bei allen Kandidat-O-Maten hingen in letzter Zeit die meisten Thesen beim Thema Verkehr“, erklärt der Referent der Landeszentrale für politische Bildung. Warum also sollte das gerade in Mannheim, wo der Verkehrsversuch das bestimmende kommunalpolitische Thema der letzten Zeit gewesen ist, anders sein? Etwas mehr als 20 Zettel finden sich unter der Rubrik „Verkehr & öffentliche Infrastruktur“ - mit Abstand die meisten.
Neun Mannheimerinnen und Mannheimer haben die Thesen für den Kandidat-O-Mat zur Oberbürgermeisterwahl formuliert. Bewerben konnten sich Menschen zwischen 16 und 26 Jahren - egal, ob politisch aktiv oder nur interessiert.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Verkehr & öffentliche Infrastruktur, Bildung, Umwelt & Energie, Religion, Wirtschaft & Finanzen, Sport, Migration & Integration, Persönlichkeit und vieles mehr - die Gebiete, zu denen die Jugendlichen und jungen Erwachsene Thesen formulieren sollten, sind breit gefächert. Beim Finden und Formulieren der Aussagen unterstützen Vertreterinnen und Vertreter der LpB sowie Redakteure und Redakteurinnen des SWR-Studio Mannheim und des „Mannheimer Morgen“ die politisch Interessierten. Die Thesen, die in Gruppen erarbeitet werden, müssten sich um die politische Zuständigkeit des Stadtoberhaupts drehen sowie konkret und eindeutig formuliert, gleichzeitig aber inhaltlich kontrovers sein, erklärt Müller.
Breites politisches Spektrum
Mit an den Tischen sitzt Leon. „Ich finde es super, dass so viele junge Leute da sind“, sagt der 22 Jahre alte bei der Deutschen Bahn angestellte Ingenieur. Es habe „einen guten Mix“ aus vielen politischen Meinungen gegeben. Tatsächlich sammelt fast das gesamte demokratische Spektrum die Thesen. Da ist auf der einen Seite etwa Lennart, Vorsitzender der Jungen Union Mannheim und stellvertretender Vorsitzender der CDU Mannheim - auf der anderen Seite diskutiert Elena, die sich als Aktivistin bei der politisch links angesiedelten Seebrücke engagiert.
Im Vergleich zum Workshop für den Kandidat-O-Mat zur Oberbürgermeisterwahl in Heidelberg vergangenes Jahr hätten in Mannheim aber weniger politisch-aktive, sondern mehr politisch-interessierte Jugendliche teilgenommen, erklärt Müller. „In Mannheim haben sich auch mehr Schülerinnen und Schüler beworben als in Heidelberg.“
Etwa 180 Thesen schreibt die Gruppe auf die weißen Zettel, die an der Glaswand hängen. Nun werden die Aussagen besprochen: Sind sie kommunalpolitisch sinnvoll oder fallen sie in die Zuständigkeit der Landes- oder Bundespolitik? Gibt es bereits entsprechende Angebote, auf die man sich berufen könnte? Suggerieren Thesen von vornherein Nachteile oder Vorteile für einen Bewerber? Ist das Thema zu spezifisch oder spricht es eine breite Bevölkerung an? Sind die Thesen kontrovers oder eignen sie sich weniger dazu, Unterschiede zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten herauszuarbeiten? Bei Prävention etwa seien Thesen für mehr Angebote zwar nachvollziehbar, sagt Müller. „In der Theorie sind sie aber wenig kontrovers, weil sich niemand dagegen aussprechen wird.“ Zettel aussortieren, abheften – weiter diskutieren.
„Es hat beim Workshop viele konstruktive Diskussionen gegeben“
Zunächst knapp 80 Aussagen
„Ich denke, dass sich die Wählerinnen und Wähler anhand der Thesen ein gutes Bild machen können“, hofft Leon am Sonntagnachmittag. Mittlerweile hängen nur noch etwas mehr als 80 Aussagen an der Wand. Bei vielen Thesen hat es einen Konsens gegeben. Bei anderen wurde dagegen minutenlang diskutiert. Was bedeutet etwa Gentrifizierung? Kann man den Fachbegriff in eine höchstens zwei Sätze lange These verpacken? Und welche logischen Folgen hat die Aufwertung eines Stadtteils durch Sanierung oder Umbau? „Die Diskussion war etwas anstrengend“, sagt Emma, die die Integrierten Gesamtschule Herzogenried besucht. Mannheim habe aber kommunalpolitisch eine Menge spannender Themen zu bieten, etwa das Sicherheitsgefühl in der Stadt. „Es hat beim Workshop viele konstruktive Diskussionen gegeben.“
Nach dem Workshop bearbeitet die LpB die etwas mehr als 80 verbliebenen Thesen. Sie werden sprachlich vereinheitlicht, inhaltlich nochmals geprüft und an die bislang bekannten Kandidaten und Kandidatinnen verschickt. Die müssen innerhalb einer Frist den Thesen zustimmen, sie ablehnen oder sich enthalten - und ihre Entscheidungen begründen. Alle Personen, die noch bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 22. Mai ihre Kandidatur einreichen, können am Kandidat-O-Mat teilnehmen.
Im letzten Schritt stellt die LpB bis zu 30 kontroverse und das thematische Spektrum abdeckende Thesen zusammen. Ende Mai sollen dann die Wählerinnen und Wähler die Thesen online beantworten und ihre Einstellungen mit denen der Kandidatinnen und Kandidaten vergleichen können.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-wie-der-kandidat-o-mat-fuer-mannheim-entsteht-_arid,2066533.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/schwetzingerstadt-oststadt.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html