Die Städte Hannover, Marburg und Tübingen haben sich dazu bereiterklärt, die Forderungen der „Letzten Generation“ (LG) öffentlich zu unterstützen, um zu erreichen, dass die Gruppe ihre Blockaden einstellt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund kritisierte die Entscheidung. Hamburg, Köln und Berlin haben derartige Arrangements abgelehnt. Was passiert, wenn Mannheim in diesem Sommer ein neues Stadtoberhaupt bekommt? Diese Redaktion hat die Kandidaten Raymond Fojkar (Grüne), Thorsten Riehle (SPD) und Christian Specht (CDU, FDP, ML) sowie die Kandidatin Isabell Belser (Linke) gefragt: Wenn Sie Oberbürgermeister werden, würden Sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt mit der „Letzten Generation“ eine Vereinbarung eingeht, um Aktionen zu verhindern?
Raymond Fojkar
Der Grüne erklärt, dass es keine vertraglichen Vereinbarungen zwischen Protestbewegung und Verwaltung geben könne. Den Städten sei es gelungen, der LG zu vermitteln, dass ihre Proteste nicht das Problem seien, sondern sich beide Seiten für richtige Maßnahmen starkmachen wollten. Insbesondere die Unterstützung für die von seiner Partei lange geforderte Verstärkung der Bürgerbeteiligung führe dazu, dass die LG von „umstrittenen Protestformen“ ablassen werde. „Das hat mit Eingehen auf Nötigung oder Erpressung aus meiner Sicht gar nichts zu tun“, sagt Fojkar. Es könne nichts „abgepresst“ werden, was man selbst als Ziel verfolge. „Wenn dann die störenden Protestformen unterbleiben, halte ich das selbstverständlich für gut.“
Thorsten Riehle
Der SPD-Politiker bezweifelt, die Mehrheit bereits hinter der Klimaneutralität bis 2030 zu haben. Dafür müsse man sich „Verlust- und Zukunftsängsten“ stellen. „Deshalb fordere ich von Land und Bund deutlich mehr Unterstützung für Kommunen bei der Aufgabe, die Klimaziele zu erreichen.“ Bedingung für einen Dialog mit der LG wäre, dass diese „gesetzeswidrige Aktionen einstellt“, so Riehle. „Nur dann ist es möglich, sich aufeinander zuzubewegen. Proteste, die sich jenseits des rechtlich Zulässigen befinden, machen einen Dialog unmöglich.“ Man müsse aber den Weg zur Klimaneutralität unterstützen. „Dafür brauchen wir einen breiten gesellschaftlichen Konsens mit allen, auch denen, die sich durch Demonstrationen für das Klima einsetzen.“
Christian Specht
Laut dem vom bürgerlichen Lager aus CDU, FDP und ML unterstützten Christdemokraten überschreite die LG mit ihrer Protestform Grenzen – „und zwar in inakzeptabler Weise“, erklärt er. „Daher kann es keine Verhandlungen mit dem Ziel eines Deals geben, denn die Demokratie und der Rechtsstaat sollten sich nicht erpressbar machen.“ Specht schlägt den Aktivistinnen und Aktivisten allerdings vor, „grundsätzliche Gespräche“ zu führen. Wenn die dabei helfen würden, einer weiteren Radikalisierung entgegenzuwirken, „dann mache ich das gerne“, sagt er. Miteinander zu reden sei schließlich immer besser als übereinander zu reden. „Ich würde nicht ausschließen, dass das zu Erkenntnisgewinnen führen würde.“
Isabell Belser
Die Kandidatin der Linke hält mehr Bürgerbeteiligung bei Klimafragen für „grundsätzlich richtig“, erklärt sie. „Eine Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Klimaschutz-Maßnahmen auf allen Ebenen, auch auf Bundesebene, ist erfolgversprechender als ,von oben herab’.“ Deshalb halte Belser das Vorgehen der Tübinger Stadtverwaltung, die Forderungen der LG öffentlich zu unterstützen, für richtig – „auch wenn der Vorschlag von Boris Palmer kommt“. Für Mannheim könne sie sich so etwas auch vorstellen. „Ja, denn letztendlich ist ja allen Menschen in Mannheim daran gelegen, die schlimmsten Folgen der Klimakatastrophe abzuwenden“, sagt sie. „Für mich steht außer Frage, dass wir da an einem Strang ziehen müssen.“
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