Mannheim. So wirklich beschreiben kann Raymond Fojkar am Sonntagabend seine Gefühlslage nicht. Mit weniger als 14 Prozent hat der Grünen-Kandidat, der bei seiner Nominierung vor einigen Monaten gesagt hatte, Oberbürgermeister werden zu wollen, dieses Ziel natürlich deutlich verfehlt. Aber: „Wir haben unser Hauptziel erreicht, dass niemand im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit geholt hat und wir einen zweiten Wahlgang brauchen“, sagt er.
Wir können zufrieden sein und haben ja auch das beste Ergebnis der Grünen bei einer Oberbürgermeisterwahl in Mannheim jemals erreicht.
Die Themen seiner Partei seien im Wahlkampf sichtbar geworden. „Wir können zufrieden sein und haben ja auch das beste Ergebnis der Grünen bei einer Oberbürgermeisterwahl in Mannheim jemals erreicht.“ Bislang waren die Grünen selten mit eigenen Kandidaten angetreten - Wolfgang Raufelder hatte 2007 zu einer Zeit, als die Grünen bundes- und landesweit weniger stark waren, auch immerhin 13,4 Prozent geholt.
OB-Wahl in Mannheim: Gemischte Stimmung bei den Grünen
Trotzdem sei seine Stimmung „gemischt“. Die geringe Wahlbeteiligung trübe sie deutlich. „Wir alle, und damit auch ich, müssen uns hinterfragen, warum wir es nicht geschafft haben, für eine so wichtige Wahl für Mannheim nicht mehr Begeisterung zu entfachen.“

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Vieles dreht sich nun darum, wie sich der Kandidat der Grünen verhalten wird. Tritt er am 9. Juli nochmal an, so wie er es im Vorfeld immer wieder hatte anklingen lassen - oder verzichtet er auf eine Kandidatur, um dadurch Christian Specht oder Thorsten Riehle zu unterstützen? „Ich halte mir heute Abend alles offen“, antwortet der Stadtrat. „Meine Bereitschaft ist für beide Optionen da.“ Heißt: Wenn überhaupt wird sich Fojkar im Laufe des Montags entscheiden. Dem Vernehmen nach ist damit sogar erst im Laufe dieser Woche zu rechnen. Die parteiinternen Gespräche führen, ganz Grünen-like, Vertreterinnen und Vertreter aus Fraktion und Partei - und Fojkar. „In dieser Woche wird eine Entscheidung fallen“, sagt er.
Riehle alles andere als enttäuscht nach OB-Wahl
Auch Riehle zeigt sich alles andere als enttäuscht. Zwar hat er das schlechteste SPD-Ergebnis bei einer Oberbürgermeisterwahl eingefahren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es wohl selten eine derart offene Wahl gegeben hat wie diese. „Ich bin zufrieden, weil wir es so erwartet haben“, sagt der SPD-Kandidat.
Wir wollten das Lager um Herrn Specht deutlich unter 50 Prozent halten, das ist eingetreten.
„Wir wollten das Lager um Herrn Specht deutlich unter 50 Prozent halten, das ist eingetreten. Ich habe eine eigene Einschätzung gehabt von 30 Prozent, das ist auch eingetreten. Es ist das eingetreten, was wir erwartetet haben, von daher sind wir gut vorbereitet.“ Riehle betont, Ziel sei nun, die Wähler im zweiten Durchgang an die Urnen zu bringen: „Jetzt geht es darum, die Leute zu aktivieren, die fortschrittlich sind - die sitzen nämlich nicht auf Spechts Seite.“
Im ersten Wahlgang ist es laut Riehle darum gegangen, „zu zeigen: Wir verhindern Specht“. Am Montag werden die Parteien intern Gespräche führen, sich zusammensetzen, so Riehle. „Dann werden wir sehen, was passiert. Selbstverständlich gehen wir auf die anderen Parteien im fortschrittlichen Lager zu.“
Wer zieht zurück? Isabell Belser will sich am Sonntag nicht festlegen
Auch Linken-Kandidatin Isabell Belser will sich noch nicht festlegen. Die Gespräche hierfür gebe es ab Montag. „Jetzt gibt es erstmal Party und Pizza“, sagt sie. Aus Reihen der Grünen ist derweil zu hören, dass es schon Termine für Gespräche mit der Konkurrenz geben soll. „Wir sprechen jetzt mit allen Demokraten“, sagt Fojkar. Auch Fraktionsvorsitzende Stefanie Heß und Ines Joneleit aus dem Kreisvorstand verweisen auf die üblichen Gepflogenheiten.
Letztere sagt, dass es bei den Ergebnissen zwischen Riehle und Fojkar einen „deutlichen Unterschied“ gibt und das linke Lager mit allen Stimmen auf einem Niveau mit Specht sei. Ob das schon eine Empfehlung ist? „Nein, wir werden das jetzt intern abstimmen, analysieren und entscheiden“, antwortet Joneleit. Auch Heß erklärt, man habe noch über „nichts gesprochen“, was die Entscheidung nach dem ersten Wahlgang anbelangt.
SPD-Kreisvorsitzender Fulst-Blei: "Das Rennen ist absolut offen"
Der Kreisvorsitzende der SPD, Stefan Fulst-Blei, erklärt indes: „Das Rennen ist absolut offen, das weiß auch Herr Specht. Er ist nicht so nah an der 50.“ Deshalb bleibe es „spannend“. Jetzt gehe es darum „Leute zu mobilisieren. Die SPD sei bekannt dafür, dass „sie kämpfen kann.“ Juso Pascal Wasow, er ist seit wenigen Wochen Bürgermeister der Gemeinde Epfenbach im Rhein-Neckar-Kreis, erhöht indes den Druck auf die Grünen. Die hätten es nun in der Hand, wer die Stadt regieren soll, sagt er und meint: „Riehle hat nach dem Ergebnis die mit Abstand besten Chancen.“
OB-Wahl in Mannheim: Wahlbeteiligung enttäuscht alle
Alle zeigen sich indes über die erneut Wahlbeteiligung enttäuscht. Angesichts der vielen Foren, Gespräche und des Online-Wahlkampfs sei es „schwer vorstellbar, was noch möglich“ sei, um mehr Menschen an die Urne zu bekommen, sagt Fojkar. „Wir brauchen wohl noch mehr persönliche Gespräche“, sagt der Grüne. „Vielleicht werden soziale Medien doch auch überschätzt.“ Die Oberbürgermeisterwahl werde als „zu wenig wenig angesehen“, konstatiert auch Heß, die die „unglaublich niedrige Wahlbeteiligung“ am meisten beschäftige.
Wie geht es weiter? Man müsse abwarten, welche Themen gespielt werden, sagt Heß. Fojkar will sich auf mehrfache Nachfrage nicht festlegen, ob er sich eher für Riehle oder für Specht aussprechen würde, falls er zurückziehe. Dabei saß er doch auf vielen Podien mit beiden und müsste wissen, mit wem es thematisch mehr Überschneidungen gebe, vermutet der Redakteur. „Mal so, mal so“, antwortet Fojkar. So sieht er beim Thema Verkehr mehr Konsens mit Riehle, beim stärkeren Einbinden freier Träger beim Schaffen von Kita-Plätzen dagegen mehr mit Specht. „Ich habe Grüne Wählerinnen und Wähler als so selbstbewusst wahrgenommen, dass sie nicht unbedingt eine Empfehlung brauchen, falls ich nicht mehr antrete“, sagt Fojkar noch. Es ist alles offen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Träume und Trümpfe bei der Mannheimer OB-Wahl