Mannheim. Spannend war’s, überraschend nicht. Die Wenigsten hatten mit einer absoluten Mehrheit für einen Kandidaten gerechnet. Doch so erwartbar das Ergebnis auch sein mag, der Ausgang des zweiten Wahlgangs in drei Wochen ist es ganz und gar nicht. Denn obwohl es einen deutlichen Wahlsieger gibt, hat der Verlierer noch letzte Trümpfe.
Als Wahlsieger darf sich Christian Specht auf jeden Fall fühlen. Mit seinen 45,6 Prozent bringt er – mit Hilfe von ML und FDP – seine zuletzt arg gebeutelte CDU dem ganz großen Coup einen Schritt näher. Nur etwas mehr als zwei Jahre nach dem Masken-Eklat ihres daraufhin zurückgetretenen Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel lässt er seine Partei von der Wiederauferstehung und dem Oberbürgermeisteramt in Mannheim träumen. Doch wie sicher ist das Polster?

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SPD-Bewerber Thorsten Riehle muss auf Isabell Belser und Raymond Fojkar hoffen. Die Linke und der Grüne haben zusammen 18,8 Prozent der Stimmen geholt – Prozentpunkte, die Riehle dringend benötigt, um überhaupt noch eine Chance auf den Chefsessel im Rathaus zu haben. Vor allem Fojkars Entscheidung ist wegweisend: Tritt er nicht mehr an und spricht möglicherweise sogar eine Empfehlung für seinen SPD-Kontrahenten aus, könnten sich die Wähler hinter Riehle vereinen – und Spechts Sieg noch ernsthaft gefährden. Hinter den Kulissen dürften jetzt die Verhandlungen beginnen: Welche politischen Zugeständnisse ist einem Oberbürgermeister Riehle der Verzicht des Kandidaten Fojkar wert?
Dieses Standing hat sich Fojkar hart erarbeitet. Nach seiner Nominierung zum OB-Kandidaten der Grünen wurde er noch als Notnagel abgetan, der seiner Partei lediglich die Blamage erspart, als größte Fraktion im Gemeinderat ohne eigenen Bewerber dazustehen. Dass ihm das Notnagel-Image nicht gerecht wird, hat er bewiesen.
Egal, wie sich Fojkar und die Grünen entscheiden: Einen weiteren Trumpf hält Riehle noch in der Hand – und den muss er zwingend ziehen, wenn er noch Oberbürgermeister werden will. Denn selbst wenn Belser und Fojkar verzichten sollten, ist es alles andere als wahrscheinlich, dass er deren Wähler komplett auf seine Seite zieht. Deswegen liegt seine Chance in der desaströsen Wahlbeteiligung. Bislang hat Riehle dem sozialdemokratischen Wählerpotenzial in Mannheim nicht vermitteln können, wie ernst die Situation ist. Jetzt muss die Partei ihre Anhänger mobilisieren. Christian Spechts Ergebnis ist mehr als ein Warnschuss für die SPD.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Träume und Trümpfe bei der Mannheimer OB-Wahl
Florian Karlein über das spannende und doch erwartbare Ergebnis der Mannheimer OB-Wahl