Bundesgartenschau

Was Mannheimer Landfrauen auf der Buga bieten

Landfrauen in der Großstadt? ja, auch das gibt es - und was sie machen, zeigen sie ehrenamtlich auf dem Spineli-Gelände

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Die Wallstadter Landfrauen mit Sonja Leyghdt (2.v.l.) auf dem Landfrauenstand auf dem Spinelli-Gelände der Bundesgartenschau. © Christoph Blüthner

Mannheim. Weitere über 200 Muffins, noch zusätzlich ein paar Liter Waffelteig – wer erst am Sonntag Dienst hatte, musste am Samstag zu Hause schnell noch an Herd und Backofen. „Die haben uns überrannt“, sagt Sonja Leyghdt, die Vorsitzende der Landfrauen Wallstadt, mit Blick auf die große Besucherresonanz auf dem Stand des Kreisverbands der Landfrauen auf dem Spinelli-Areal der Bundesgartenschau, weshalb sie noch Nachschub orderte.

Ihr kann man auf diesem Stand doppelt begegnen – live an zwei Wochenenden, an denen sie den ehrenamtlichen Einsatz der Wallstadter Landfrauen koordiniert. Und auf einer der Tafeln der Ausstellung „75 interessante Jahre“, die dem Jubiläum des Landfrauenverbands Württemberg-Baden gewidmet ist, findet man – stellvertretend für den Mannheimer Kreisverband – ihr Bild.

Wieso gibt es in Mannheim Landfrauen?

Der Text dazu greift auf, was sich wohl mancher Besucher denkt: Wieso gibt es in einer Industriestadt Landfrauen? Aber tatsächlich sind in Mannheim fünf Ortsverbände der Landfrauen aktiv – in Feudenheim, Käfertal, Sandhofen, Seckenheim und Wallstadt. Hier lebe die einst bäuerliche Tradition der früher selbstständigen Orte weiter, so Sonja Leyghdt, die selbst aus einer Landwirte-Familie stammt. Die Wurzeln der Landfrauenverbände liegen im Schwäbischen und in der Nachkriegszeit.

Von hier hat sich die Idee erst im ganzen Bundesland, dann in ganz Deutschland durchgesetzt
Sonja Leyghdt Vorsitzende der Landfrauen Wallstadt

„Die Amerikaner wollten, dass sich nach dem Krieg wieder Vereine gründen – als Mittel der Demokratisierung, aber zunächst ohne Männer“, erzählt Sonja Leyghdt anhand der Ausstellung. Daher werden die ersten Nachfolgeorganisationen der früheren, von den Nationalsozialisten aufgelösten landwirtschaftlichen Hausfrauenvereine in der amerikanischen Besatzungszone gegründet. Marie-Luise Gräfin Leutrum zu Ertingen, in Laupheim geboren und aus einer jüdischen Familie stammend, rief dann in Unterriexingen im heutigen Landkreis Ludwigsburg den Landfrauenverband für Württemberg-Baden ins Leben.

„Von hier hat sich die Idee erst im ganzen Bundesland, dann in ganz Deutschland durchgesetzt“, verweist Sonja Leyghdt darauf, dass die Gräfin 1948 – also noch vor Gründung der Bundesrepublik – aus zehn Landesverbänden den Deutschen Landfrauenverband formte und bis 1970 dessen Vorsitzende war. „Und gleich nach der Wende hat sich die Idee auch in Ostdeutschland verbreitet“, hebt sie hervor.

Mehr zum Thema

Mannheim

Es summt und brummt - Bienen auf der Buga

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Bundesgartenschau

Über die Kunst auf der Buga

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Spinelli (mit Video)

Bauhaus gelingt Weltrekord auf der Mannheimer Buga

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren

Freilich habe sich die Idee weiterentwickelt, und längst sind nicht nur Bauersfrauen bei den Landfrauen aktiv. „Unser Weiterbildungsangebot richtet sich an alle Frauen“, betont Leyghdt. „Wir haben Frauen aller Berufs- und Altersgruppen, mittlerweile auch sportliche Aktivitäten wie Zumba-Gruppen“, ergänzt die Kreisgeschäftsführerin Annette Renkert. „Wir sind überparteilich und überkonfessionell offen für alle Frauen, aber auch für Männer und vertreten die Interessen unserer Frauen“, verweist sie auf das Motto „Miteinander Zukunft gestalten“ der Landfrauen.

Bücherschrank und Brotaufstrich

Ihr Logo – eine Biene – weist sie als fleißige Bienen mit sozialem Engagement und mit politischen Zielen aus. „Wir setzen uns schon lange dafür ein, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird“, so Leyghdt, die auch zehn Jahre im Vorstand des heute 52 000 Frauen zählenden Landesverbands war.

Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei der Rente sei ebenso unter anderem auf Betreiben der Landfrauen erreicht worden wie eine bessere Brustkrebsvorsorge. „Das haben wir mitinitiiert, und wir informieren sehr intensiv darüber“, erklärt sie. Ihre landwirtschaftlichen Wurzeln sind den Landfrauen dabei weiter wichtig: „Wir kämpfen gegen Lebensmittelverschwendung und werben dafür, Produkte aus heimischer Produktion zu kaufen“, erklärt Leyghdt: „Viele Leute in der Stadt wissen ja gar nicht mehr, wie Lebensmittel erzeugt werden.“

Landfrauen informieren, aber bringen sich auch in den Stadtteilen ein

Daher nutzen die Landfrauen jede Gelegenheit zu informieren. Der Mannheimer Kreisverband ist immer auf dem Maimarkt mit Milch- und auf dem Weihnachtsmarkt mit Marmeladenverkauf dabei. Und zugleich bringen sich die Frauen in den Stadtteilen ein – und vor einem besonderen Wallstadter Projekt ist auch das Foto entstanden, das Sonja Leyghdt stellvertretend für alle Mannheimer Landfrauen in der Ausstellung zeigt: der „Minibib“, einem öffentlichen Büchertausch-Schrank in einer alten Telefonzelle.

Für die Präsenz auf der Bundesgartenschau haben die über 150 Wallstadter Landfrauen besonders viel geboten – neben Kaffee und Kuchen auch Waffeln, Apfel- und Quittenschorle sowie Brotaufstriche, aus Karotten etwa. Alleine am ersten Tag gingen 28 Blechkuchen weg. „Die Resonanz war unglaublich groß“, freut sich die Vorsitzende, zumal die Landfrauen nichts verkaufen dürfen, sondern nur um Spenden bitten.

„Am Samstag waren die Leute sehr großzügig, am Sonntag waren auch Steine drin“, fiel ihr auf. Im September werden die Wallstadter wieder ein Wochenende in der kleinen, von Ikea kostenlos ausgestatteten Küche bestreiten. Immer an Wochenenden und Feiertagen sind Frauen von einem der 16 Ortsvereine aus der Region auf der Buga aktiv.

Redaktion Chefreporter

Thema : Buga 23 in Mannheim

  • Bundesgartenschau So sieht es jetzt auf dem Buga-Gelände in Mannheim aus

    Ende Januar soll auch der letzte Teil des Mannheimer Spinelli-Geländes der Bundesgartenschau wieder an die Öffentlichkeit zurückgegeben werden. Wie der Rückbau lief und was dort jetzt noch ist.

    Mehr erfahren
  • Bundesgartenschau Was aus einem Gebäude der Mannheimer Buga wird

    Die Bundesgartenschau-Gesellschaft, die das große Fest vorbereitete und durchführte, wird nun aufgelöst. Das ist in ihrem Verwaltungssitz am Feudenheimer Wingertsbuckel geplant

    Mehr erfahren
  • Bundesgartenschau Was eine Mannheimer Buga-Mitarbeiterin jetzt auf der Gartenschau Wangen macht

    Sie begrüßte in Mannheim die Besucher, jetzt betreut sie über 900 ehrenamtliche Helfer bei der Landesgartenschau in Wangen: Ingrid Dickes. Und es gibt noch mehr Mannheimer Spuren im Allgäu

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen