OB-Wahl

So lief der Mannheimer Wahlkampf auf Facebook, Instagram, TikTok & Co.

Im Wahlkampf ist es wichtig, auf sozialen Medien präsent zu sein. Wie haben Isabell Belser, Raymond Fojkar, Thorsten Riehle und Christian Specht das organisiert?

Von 
Sebastian Koch
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Isabell Belser, Raymond Fojkar, Thorsten Riehle und Christian Specht haben im Wahlkampf Kanäle auf verschiedenen Online-Plattformen bedient. © MM

Mannheim. Hier die Aufregung der SPD über den Besuch von Friedrich Merz bei Christian Specht, dort Vorwürfe der CDU, Thorsten Riehle argumentiere widersprüchlich. Besonders SPD und CDU bezichtigen sich auf Facebook und Instagram seit Wochen der gezielten Desinformation, sogar von Lüge und Fake News ist die Rede. So friedlich die Wahlforen mit Specht, Riehle, Raymond Fojkar und Isabell Belser waren, so erbittert sind sich teilweise Unterstützer und Unterstützerinnen auf sozialen Medien begegnet. Wohl auch daran zeigt sich, wie groß die Nervosität vor dem Wahlsonntag in vielen Lagern ist.

Aber auch die Kandidatinnen und Kandidaten selbst nutzen das Internet im Wahlkampf. Diese Redaktion hat die vier aussichtsreichsten gefragt, welche Inhalte sie auf welchen Kanälen gespielt haben und wie hoch die Investitionen dafür waren.

Isabell Belser (Linke)

Die Kandidatin der Linken, die auch von Tierschutzpartei und Klimaliste unterstützt wird, führt Wahlkampf auf Facebook und Instagram. Außerdem ist sie auf Twitter aktiv - was sie exklusiv hat. Sie bevorzuge aber den direkten Kontakt an Wahlkampfständen auf der Straße oder bei Veranstaltungen, sagt Belser. „Der Online-Wahlkampf ist da eine wichtige Ergänzung.“ Eine Ergänzung, die vor allem junge Menschen „sehr wahrscheinlich“ am besten erreiche.

Darüber hinaus sollen Posts und Tweets weitere Gruppen bedienen, die als Multiplikatoren ihre Inhalte verbreiten. „Außerdem bekommen wir nahezu barrierefrei Feedback, das wichtige Lerneffekte bringt.“ So würde die Kandidatin erfahren, wo eine klarere Kommunikation nötig ist oder welche Themen möglicherweise noch zu kurz gekommen sind. „Überraschend“ wenig negative Rückmeldung habe sie über die digitalen Kanäle bekommen.

Finanzielle Investitionen habe es nur in Porträtbilder und in die Bewerbung einzelner Beiträge gegeben. Im Gegensatz zu anderen Kandidaten hat Belser keine Agentur engagiert, die ihre Kanäle betreut. Die Inhalte stammen nach eigenen Angaben deshalb direkt von ihr oder ihrem Team. „Bei Diskussionsbedarf habe ich das letzte Wort, weil ich die Inhalte in der Öffentlichkeit vertreten muss.“

Raymond Fojkar (Grüne)

Die Frage, wie der Grüne digital um Stimmen kämpfen würde, war eine interessante: Fojkar hatte bis zur Nominierung kein Handy, geschweige denn war er auf sozialen Medien aktiv. „Wir haben anfangs große Schwächen im Online-Bereich gehabt, die wir mit einer Agentur in den Griff bekommen haben“, sagt er. In den Wahlkampf habe sein Team insgesamt einen sechsstelligen Betrag investiert, davon 14 000 Euro in die Online-Kampagne. Neben Facebook und Instagram wirbt Fojkar auf Youtube.

Ziel sei auch gewesen, dass die für den digitalen Wahlkampf engagierte Agentur mit der für die analoge Kampagne eng zusammenarbeite. „Meine Wahlplakate sind auch online gut verwendbar, weil wir die Testimonials auch für online nutzen.“ Tatsächlich gibt es seit dieser Woche Videos, in denen Unterstützer und Unterstützerinnen werben - auch aus der eigenen Fraktion. Auch die Plakate selbst sind zu sehen. Neben seinem Programm greife er online aktuelle Inhalte auf.

„Es macht aber wenig Sinn, kontroverse Themen wie das Stadion, für das ich kein Geld ausgeben will, online zu spielen“, sagt Fojkar. „Die, die bei dem Thema meiner Meinung sind, wissen das. Und die, die mir da widersprechen, brauche ich nicht online noch gegen mich aufzubringen.“ Neben positivem Feedback habe es „ein paar Hassnachrichten“ gegeben. „Das scheint eine Generation zu sein, die sich hauptsächlich auf Facebook bewegt - wahrscheinlich doch die alten weißen Männer“, sagt er mit einem Lachen.

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Thorsten Riehle (SPD)

Aus der Eventbranche kommend, war der Sozialdemokrat wohl derjenige, der sich vor dem Wahlkampf am meisten mit sozialen Medien beschäftigt hatte. Riehle wirbt vor allem auf Instagram, Facebook und Youtube - aber auch auf LinkedIn. Einen großen Raum haben etwa die analogen sogenannten Zukunftsspaziergänge in den Stadtteilen eingenommen, die er in Videos jeweils digital aufarbeitete. Online könne er flexibler „über die Themen, Ziele und Veranstaltungen berichten, die mir persönlich wichtig sind“, sagt er.

„Eine hauptverantwortliche Person in meinem Team ist rund um die Uhr mit Online-Wahlkampf beschäftigt, weil wir Content-Produktion, Bearbeitung, Redaktion und Management selbst machen.“ Er selbst bevorzuge das analoge Gespräch. Eine Agentur habe er nicht - die Auftritte würden ehrenamtlich betreut. „Einige wenige Videos haben wir professionell drehen und schneiden lassen“, erklärt er und beziffert die Gesamtausgaben für die Drehs im „vierstelligen Bereich“. Ihm sei wichtig, „dass die Bürgerinnen und Bürger über meine Social-Media-Auftritte mich und meinen Blick auf Mannheim kennenlernen“, sagt er.

„Die Persönlichkeiten, die mir wichtig sind, die Orte und Ideen für diese Stadt, die ich anpacken will, und wie ich Mannheim als Oberbürgermeister prägen will, das findet sich auch auf meinen Kanälen wieder.“ Auch Riehle spricht von „höflichem und konstruktivem“ Feedback auf Instagram. „Die wenigen Hassnachrichten und Beschimpfungen finden sich hauptsächlich in den Facebook-Kommentaren.“ Auf „teils sehr beleidigende Kommentare“ reagiere er nicht - auch das teilt er mit Fojkar.

Die Oberbürgermeisterwahl

  • Da im ersten Wahlgang bei der OB-Wahl in Mannheim am 18. Juni niemand die absolute Mehrheit geholt hat, kommt es jetzt zum zweiten Durchgang
  • Alle Informationen für Wählerinnen und Wähler gibt es hier
  • Die Amtszeit des neu gewählten Stadtoberhauptes dauert acht Jahre.
  • Die Amtszeit des derzeitigen Oberbürgermeisters Peter Kurz endet am 3. August. Der Amtsinhaber verzichtete auf eine erneute Kandidatur.
  • Was machen Gemeindrat, Oberbürgermeister und wie werden die Wahlen organisiert? Weitere Informationen dazu gibt es hier 

Christian Specht (CDU)

Der Kandidat von CDU, FDP und ML wirbt auf Facebook, Instagram, LinkedIn - und TikTok. „Ein Gespräch vor Ort ist wichtig, um präsent zu sein und Meinungen und Stimmungen aufzugreifen“, sagt Specht. „Gleichzeitig ist es bedeutsam, den Termin im Nachhinein über soziale Medien zu kommunizieren - auch um die zu erreichen, die gerne gekommen wären, aber vielleicht keine Zeit hatten.“ Er werbe online wie offline mit gleichen Inhalten - „vielleicht mit unterschiedlichen Schwerpunkten“.

Wurde Specht nachgesagt, mit Online-Medien wenig zu tun zu haben, scheint er nun Gefallen daran gefunden zu haben. Zwar werde er auch von Ehrenamtlichen unterstützt. Aber: „Ich versuche, so viel wie möglich selbst zu machen.“ Auch er arbeitet mit einer Agentur zusammen. Über die Höhe der Investitionen in den Online-Wahlkampf ist wenig Konkretes zu erfahren. „Die Ausgaben für den digitalen Wahlkampf liegen im Bereich des Üblichen“, sagt Sprecher Volker Proffen dazu lediglich. Später erklärt er, man könne das nur schwer definieren.

„Sind das nur reine Werbekosten für Ausspielungen von Beiträgen? Sind das Agenturkosten für die Erstellung davon? Zählt man noch eigene Leistungen und Personal dazu?“ Weil Angaben deshalb schwer zu vergleichen seien, wolle man sich zurückhalten. Über soziale Medien kämen „viele Rückmeldungen, weit überwiegend Positives“, sagt Specht. Auf TikTok etwa baue er Feedback direkt in Videos ein. „Das macht ziemlich Spaß und ist eine sehr direkte Form der Interaktion.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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