Mannheim. Die Oberbürgermeister-Kandidatin Tanja Krone hat kein Wahlprogramm, keine Fraktion hinter sich und gehört keiner politischen Partei an. Dafür hat sie zwei Jahre lang das „Bürgermeistern“ studiert, wie auf ihrer Website zu lesen ist, und Stadtoberhäupter in dem männerdominierten Amt begleitet. Ihr Markenzeichen im Wahlkampf um Mannheims Stadtspitze ist ein karierter Trenchcoat, auf dessen Rückseite einige der Stadtwappen aus dieser Zeit prangen. Sozusagen eine Wahl-Kutte. Krone ist Regisseurin, Kuratorin, Performerin und Musikerin.
Ja, ich meine die Kandidatur absolut ernst.
Ist ihre Kandidatur überhaupt ernst gemeint? Oder ist sie ein politisches Statement? „Diese Frage haben mir schon viele Leute gestellt. Ja, ich meine die Kandidatur absolut ernst“, sagt die 46-Jährige im Gespräch mit dem „MM“.
Kandidatin Tanjka Krone geht es um Teilhabe
Bei ihrer künstlerischen Tätigkeit habe schon immer die Stadtgesellschaft im Fokus gestanden. Wie Partizipation funktioniere, sei immer ihre größte Frage gewesen. Damit ist Krone schon mittendrin in ihrem Programm, das eigentlich ein Credo ist: Teilhabe. Sie will wissen, was Menschen umtreibt, was ihre wichtigen Themen sind und vor allem, wie man miteinander ins Gespräch kommen und gesellschaftspolitische Themen setzen kann. Als Künstlerin ging es bei ihr vielfach um die Frage, wie Teilhabe funktioniert.
Wenn also etwas auf ihrer politischen Flagge steht, dann sei es, miteinander ins Gespräch zu kommen und zu bleiben. „Ich weiß, wie schwer das ist, weil ich das den ganzen Tag mache.“ Was sie als Oberbürgermeisterin als Erstes tun würde? „Ich würde vor jede zweite Tür eine Bank stellen – wenn es gewünscht ist“, sagt Tanja Krone.
Kandidatin zur OB-Wahl in Mannheim: Ihr Anliegen, gut im Konflikt sein
Ihr größtes politisches Anliegen: gut im Konflikt sein. Denn die Lösung von Problemen sei nicht, sich zurückzuziehen, sondern Meinungen zu äußern und sich gegenseitig wahrzunehmen.
Als Oberbürgermeisterin wolle sie die Sitzungen des Gemeinderats eher moderieren als führen. Das traut sich Tanja Krone zu. Als Regisseurin habe sie sich während ihres beruflichen Lebens mit unterschiedlichen Regie-Führungsstilen beschäftigt. Ihrer sei schon immer moderierend gewesen.
Keine konkreten Pläne: Krone will zuhören
Wohnungsbau, Integration, Klima: „Das alles sind große Konflikte“, meint Krone. Doch sie will sich nicht mit konkreten Plänen hinstellen, die sie den Bürgern verspricht. Ihr Ansatz ist ein anderer: Es gehe ihr nicht um ein Wahlversprechen, sondern sie wolle zuhören, was die Leute in der Stadt wollen, und das dann umsetzen.
Athen ist eine sehr heiße Stadt, die ein bisschen mehr darüber weiß als Mannheim. Es gibt dort einen Chief Heat Officer, die sich nur damit beschäftigt. Das sind Vorbilder, die wir nutzen können.
Die Lösung von Konflikten sieht Tanja Krone in der Gründung von Bürgerräten und dem Heranholen von Expertise – etwa beim Erreichen der Klimaziele oder beim Hitzeschutz. „Athen ist eine sehr heiße Stadt, die ein bisschen mehr darüber weiß als Mannheim. Es gibt dort einen Chief Heat Officer, die sich nur damit beschäftigt. Das sind Vorbilder, die wir nutzen können.“
Kunstprojekt als Ausgangspunkt für Kandidatur
Die Entscheidung, zu kandidieren, sei erst langsam gewachsen, nachdem Krone das Kunstprojekt „Die Bürgermeisterin“ in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg umgesetzt hatte. Bei dieser Recherche habe sie aus künstlerischer Perspektive erforscht, wie man Bürgermeisterin wird, was die Amtsträgerinnen motiviert, wie viel Macht, Gestaltungsraum, Pflichten sie haben und welche Fähigkeiten es braucht, um Bürgernähe herzustellen.
Der Kandidat-O-Mat zur OB-Wahl Mannheim
Welcher Kandidierende vertritt meine Positionen? Am Samstag ab 10 Uhr geht der Kandidat-O-Mat zur Oberbürgermeisterwahl Mannheim 2023 online
„Es wurde schnell klar, dass es sehr wenige Frauen in der Kommunalpolitik gibt und dass es jeder machen kann. Denn die Kriterien, die für eine Kandidatur zu erfüllen sind, sind sehr gering.“ Der Gedanke, dass keine politische Laufbahn erforderlich ist, um so viel mitbestimmen zu können, habe sie interessiert und auch provoziert. „Als Bürgerin habe ich das Gefühl, nicht so viel mitmischen zu können, was ,die da oben’ machen. Dann war die Schwelle auf einmal so niedrig.“
Schwierige Finanzierung
Die erste Hürde der 250 Unterschriften für ihre Kandidatur habe die Regisseurin recht leicht genommen. Sie sei seit acht Jahren privat und künstlerisch in Mannheim unterwegs und habe einen Kreis von Unterstützern und Multiplikatoren. Die Finanzierung des Wahlkampfs sei eine andere Sache. Insgesamt kann und will Krone 500 Euro aus eigener Tasche ausgeben, maximal 2000 Euro für den Wahlkampf insgesamt.
Das ist wenig im Vergleich zu den Kandidaten, die eine Partei und damit mehr finanziellen Spielraum hinter sich haben. 150 Plakate und sechs Banner waren drin, alle Unterstützer mussten ehrenamtlich arbeiten, sie selbst eingeschlossen. „Man kann das so machen, aber es ist eigentlich unmöglich“, berichtet Krone von ihren eigenen Erfahrungen.
Seit die Wahlplakate hängen, sei sie auf der Straße unterwegs und lerne Menschen kennen. „Das ist der Fokus meines gesamten Wahlkampfs, draußen zu sein und herauszufinden, was Menschen von mir erwarten und fordern, wenn ich denn Oberbürgermeisterin werden würde. Das sammle ich. Die Leute sprechen gerne darüber, was sie bewegt.“ Auf die Frage, wie sie ohne Unterstützung einer Fraktion trotzdem an die Stadtspitze gelangen will, antwortet Krone: „Wenn die 70 Prozent, die bei der letzten OB-Wahl nicht gewählt haben, mich wählen –dann bin ich OB in dieser Stadt.“
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