Mannheim. „Schon gleich nach Fertigstellung im Jahre 1906 wird die Doppelvilla in der zeitgenössischen Literatur beschrieben als ein Gebäude, das dem Straßenbild den Stempel aufdrückt“, berichtet Reinhard Siegel. In der Tat: Die Jugendstil-Doppelvilla in der Mollstraße 40-42 ist überaus markant. Und außerdem Mittelpunkt der Folge 216 in unserer Reihe „Erkennen Sie Mannheim?“
Den allermeisten der etwa drei Dutzend Leserinnen und Leser, die sich beteiligten, fiel es denn auch ausgesprochen leicht, den gesuchten Ort in der Oststadt exakt zu identifizieren. Eine Handvoll tippte allerdings auf die ehemalige Oststadtklinik. Damit lagen sie zumindest sehr nahe dran. Denn das frühere Krankenhaus residierte nur wenige Meter entfernt, sozusagen auf der anderen Seite der hinten einmündenden Maximilianstraße.
Schon im Mai 2019 hatte es die gerne als „Knochenmühle“ bezeichnete Oststadtklinik als Teil 53 in die „Erkennen“-Serie geschafft. Sie hätte „die Hausnummer 44 der Mollstraße bekommen, wenn dort der Hauptzugang zu dem Anwesen gewesen wäre“, erklärt Karlheinrich Trumpp. Dort sei er in seiner Jugend wegen Knochenbrüchen „mehrfach“ unfreiwilliger „Gast“ gewesen, blickt Werner Hübner zurück. Hannes Rebholz wurde dort als KFG-Gymnasiast in den 1980er Jahren mit gebrochenem Unterarm eingeliefert, weil er „beim Bockspringen gestürzt“ war.
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Doch zurück zum eigentlichen Ort des Geschehens in Folge 216, der „Doppelvilla August Grün“, wie sie die meisten Leserinnen und Leser bezeichnen. Denn das Haus wurde „im Auftrag von August Grün, dem Geschäftspartner von Paul Bilfinger (Grün & Bilfinger) erbaut“, schreibt Doris Weinschenk. „Der Architekt Hermann Billing erschuf ein Bauwerk im vollendeten Jugendstil“, kommt Reinhard Siegel fast ins Schwärmen. Genau: Jener Hermann Billing, der auch die Kunsthalle in Mannheim und mehrere bedeutende Bauwerke in Karlsruhe schuf.
Zu „Grün & Bilfinger“ hat Siegel übrigens einen ganz persönlichen Bezug, das Unternehmen habe „in den späten 1960er Jahren die Telefonkabel aus Blei gegen moderne Kunststoffummantelungen ausgetauscht, ich war da mit vor Ort“.
Agentureigene Kinderbetreuung im Dachgeschoss
Persönliche Bezüge nicht zum Unternehmen, sondern zu dem Haus selbst haben ebenfalls einige. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Familie Lanz die Villa aufgegeben habe, „war meine Tante dort Köchin gewesen“, erinnert sich Paul Braun: „Da sie dieselben Initialen J.L. wie Juliane Lanz hat, bekam sie zum Abschied ein sehr persönliches Geschenk.“
Für Rainer Zickler war die Mollstraße 42 von 1969 bis in die 1990er Jahre sein Arbeitsplatz, beschäftigt war er bei der KMPG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG, die später in die Theodor-Heuss-Anlage umzog. Auch Claudia Meisner kennt das Innenleben eines Gebäudeteils, der Mollstraße 40. „Mich verbindet mit dem Haus mein erster Job in Mannheim.“ Neben dem Studium war sie jahrelang für die dort ansässige Werbeagentur Haas & Partner tätig.
Vom damaligen Interieur ist sie noch heute begeistert: „Ich erinnere mich gut an den ersten Eindruck dieser auch innen so wunderschönen Villa und an die die vielen, vielen Tage und langen Abende in der Agentur, denn es war eine echte Start-up-Phase, die ich erleben durfte.“ Claudia Meissner berichtet von Fotoshootings, „unzähligen Kundenveranstaltungen“ – und von der „agentur-eigenen Kinderbetreuung, die im Dachgeschoss ,wohnte’“.
Die „prächtige Innenausstattung“ ist auch Magda-Katrin Wegerle in Erinnerung geblieben: „Mein Vater Dr. Heinz Christ hatte in dem Gebäude als Geschäftsführer der ,Gesellschaft Süddeutscher Mühlen GmbH’ sein Büro“. Bis in die 1950er Jahre war die GmbH hier aktiv.
Ganz in der Nähe, nur etwa 50 Meter entfernt in der Sophienstraße, hat Brigitte Dennes bis zu ihrem 18. Lebensjahr gewohnt. Sie erzählt von einer weiteren Villa in der Nachbarschaft. „Als ich noch ein Kind war, war dort die die amerikanische Militärpolizei stationiert. Die hatten in ihrem Keller eine Zelle, wo ab und zu Häftlinge untergebracht waren. Die mussten manchmal Gartenarbeiten verrichten oder die Straße kehren und wurden von bewaffneten MPs bewacht“, berichtet Dennes. Die Kinder des Viertels hätten dann „immer einen großen Bogen“ um die Stelle gemacht.
Golf-Modell gibt Hinweis auf Zeitpunkt des historischen Fotos
Nach dem Auszug der Militärpolizei wohnten dort eine Zeit lang Mormonen: „Das waren sehr nette, guterzogene und gepflegte junge Amerikanerinnen und Amerikaner, die uns regelmäßig besuchten, um uns zu ihrem Glauben zu bekehren.“
Die Gewinner
- Mannheimer Morgen und Marchivum arbeiten bei „Erkennen Sie Mannheim?“ Hand in Hand.
- Unter den richtigen Einsendungen werden kleine Geschenke aus dem Bestand des Marchivum verlost.
- Als Gewinner sind gezogen worden: Heidi Feickert, Claudia Meissner, Magda-Katrin-Wegerle.
- Folge 217 unserer historischen Rätsel-Serie „Erkennen Sie Mannheim?“ erscheint am Mittwoch, 5. Juni.
- Die Auflösung zu Folge 217 erscheint am Donnerstag, 13. Juni.
- Alle Serienteile unter www.mannheimer-morgen.de/erkennen-sie-mannheim.
Bleibt die Frage, wann das historische, vom Marchivum nicht datierte Foto entstanden ist. Gleich mehrere Teilnehmende lassen keinen Zweifel daran, dass das in den 1990er Jahren gewesen sein muss. Denn „erst ab 1993“, so Rainer Axtmann, habe es den vorne rechts zu sehenden VW Golf 3 Variant gegeben.
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