Stadtgeschichte

Wie ein markantes Türmchen eine Mannheimer Straße prägt

In der neuesten Folge von „Erkennen Sie Mannheim?“ war die Karl-Ladenburg-Straße in Neuostheim gesucht. Was sie so besonders macht.

Von 
Bertram Bähr
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Das Haus 55 in der Karl-Ladenburg-Straße ist an dem charakteristischen Türmchen gut zu erkennen – heute... © Thomas Tröster

Mannheim. Die Dachform hat sich geändert. Aber das Türmchen ist noch vorhanden. Eben dieses Türmchen auf dem Haus Nr. 55 in der Neuostheimer Karl-Ladenburg-Straße hat es vielen Leserinnen und Lesern angetan. Und seinen Teil dazu beigetragen, dass die allermeisten der knapp 30 Beteiligten die Folge 225 von „Erkennen Sie Mannheim?“ lösen konnten.

Wolfgang Wette zum Beispiel „hat als Kind beim Gang zum Neckar immer das Türmchen auf dem Haus fasziniert. Daher konnte ich den Standort sofort erkennen.“ Auch Oskar Kreis „beeindruckt dieses Haus, seit ich vor vielen Jahren das erste Mal mit dem Fahrrad auf die Neckarbrücke hochgefahren bin“. Schon von dort falle „der viereckige Turmaufbau mitten auf dem Hausdach“ auf.

...wie damals, vor etwas weniger als 100 Jahren. © Marchivum

Goliath Pionier gibt wichtigen Hinweis aufs Datum

Doch warum wurde das Türmchen gebaut, fragt sich Kreis, der „nie jemanden an den Fenstern gesehen“ hat. Markus Schneider, der quasi nebenan wohnt, glaubt den Zweck des Aufbaus zu kennen: „Der Eigentümer hatte das Türmchen aufsetzen lassen, um die Reitturniere auf der anderen Seite der Bahn ansehen zu können.“ Bernd Psolka wiederum schreibt, es „diente zur Beobachtung des Hochwassers“.

Jedenfalls liegt der Bau sehr lange zurück. Die historische Aufnahme aus dem Marchivum ist zwar undatiert. Aber einige Leser können den Zeitraum, in dem das Foto entstanden ist, ziemlich genau eingrenzen. Matthias Legat orientiert sich an dem dreirädrigen Fahrzeug, das auf dem Bild zu sehen ist: „Es ist kein Transport- bzw. Lieferwagen, wie diese oft in der Nachkriegszeit auf den Straßen zu sehen waren, sondern ein zweisitziger Pkw. Bei diesem Kleinwagen handelt es sich um einen Goliath Pionier, der von Ende 1931 bis 1933 bei der Borgward-Gruppe in Bremen gebaut wurde. Er hatte einen 1-Zylinder Heckmotor, die Karosserie war eine Holzkonstruktion, die mit Kunstleder bespannt war.“ Legat vermutet: „Da die Bäume und Sträucher kein Laub mehr tragen, könnte die Fotografie Anfang 1932 entstanden sein.“

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Schriftstellerin Leonie Ossowski als Nachbarin

Zu diesem Zeitpunkt waren die Häuser auch noch relativ jung an Jahren. So weiß Markus Schneider, der seit 38 Jahren in der Karl-Ladenburg-Straße lebt und zuvor schon regelmäßig seine Tante besucht hatte, dass deren Haus und ein weiteres 1925 erbaut wurden. Übrigens habe wenige Meter von der Tante entfernt Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre die Schriftstellerin Leonie Ossowski gewohnt.

Ursula Sellmer wiederum zog 1948 als neunjähriges Mädchen mit ihren Eltern und ihrer Schwester in die Dachgeschosswohnung des Hauses 55 – und damit genau an die Stelle, an der sich das Türmchen erhebt. „Dort oben konnten wir Kinder herrlich spielen“, erinnert sie sich. Bis 1959 wohnte sie hier und „verlebte eine glückliche Kindheit und Jugend“, bis sie „die Liebe“ 1959 zu ihrem jetzigen Ehemann nach Flensburg führte. Aber auch danach hat sie „noch viele schöne Tage mit meinem Mann und meinen drei Kindern während der Osterferien in diesem Haus verbracht. In Mannheim konnten wir immer schon den Frühling genießen, während es zu dieser Zeit in Flensburg noch winterlich war.“

Die Gewinner

Mannheimer Morgen und Marchivum arbeiten bei „Erkennen Sie Mannheim?“ Hand in Hand.

Unter den richtigen Einsendungen werden kleine Geschenke aus dem Bestand des Marchivum verlost.

Als Gewinner der Folge 225 sind gezogen worden: Oskar Kreis, Ursula Sellmer und Markus Schneider.

Folge 226 unserer Rätsel-Serie „Erkennen Sie Mannheim?“ erscheint am Mittwoch, 5. März.

Die Auflösung zu Folge 226 erscheint am Donnerstag, 14. März.

Alle Serienteile unter www.mannheimer-morgen.de/erkennen-sie-mannheim. bhr

Auf die richtige Lösung gekommen sind etliche Leserinnen und Leser wegen eines anderen Details auf dem historischen Foto. Rechts von den Häusern sind Leitungen und „ein Telegrafenmast zu erkennen, wie sie früher an Bahnstrecken standen“, schreibt Fritz Ebert. Das sei für ihn „ein wichtiger Hinweis“ gewesen. Auch für Bernhard Weiskopf brachten die „Telefonleitungen, die früher oft entlang von Bahnlinien geführt wurden, Sicherheit. Und man erkennt den Bahndamm.“ Zu sehen, so Wolfgang Wette, „ist ein Freileitungsmast, an dem sich Fernsprech- und Blockleitungen der Riedbahn befanden. Diese Leitungen verschwanden mit der Elektrifizierung der Riedbahn im Jahr 1964.“

Im Aufruf zur neuen Erkennen-Folge hatten wir den Tipp gegeben, dass die Straße nach einem Mannheimer Ehrenbürger benannt ist. Carl Ladenburg – eigentlich schrieb er sich mit C – wurde „anlässlich des Stadtjubiläums 1907 zum Ehrenbürger ernannt“, teilt Lutz Winnemann mit. 1827 in Mannheim geboren, wurde er Bankier und Inhaber des Bankhauses W.H. Ladenburg & Söhne. Er war unter anderem auch Gesellschafter der Dr. H. Haas‘schen Buchdruckerei, Herausgeberin des Mannheimer Generalanzeigers. Ladenburg entstammte einer bekannten jüdischen Familie Mannheims und gehörte als Mitglied der Nationalliberalen Partei zwischen 1997 und 1897 acht Jahre lang dem badischen Landtag an. Er starb 1909.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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