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Mannheimer OB-Wahl: Fojkar und die Grünen zögern, Belser verzichtet

Nach der Wahl zeigen sich die Grünen enttäuscht. Bei der Frage nach der Strategie sind sie unentschlossen. Thomas Bischoff von der Satire-Partei zieht sich zurück - so wie Isabell Belser, Kandidatin der Linken

Von 
Sebastian Koch
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Drei Kandidaten, zwei Ausgangslagen: David Frey (l.) und Raymond Fojkar zögern noch, Isabell Belser tritt nicht wieder an. © Christoph Blüthner

Mannheim. Am Tag nach der Wahl sind die Grünen mal wieder mit sich beschäftigt. Die Stimmung sei nicht besonders gut, ist zu hören. Das liegt vor allem daran, dass Raymond Fojkar mit 13,8 Prozent zwar das beste Ergebnis eines Grünen bei einer Oberbürgermeisterwahl in Mannheim eingefahren hat – gemessen an den eigenen hohen Ansprüchen darf man dennoch von einer herben Schlappe für die Grünen in einer Großstadt sprechen, in der sie die stärkste Fraktion im Gemeinderat stellen, und in der ihr Kandidat erklärt hatte, die Ära der SPD beenden zu wollen.

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Unterschiedliche Meinungen bei Grünen über Strategie

Zum anderen sind da die kleineren Parteien. Isabell Belser – sie ist für die Linke, die Tierschutzpartei und die Klimaliste angetreten – erklärt am Nachmittag ihren Verzicht auf den zweiten Wahlgang am 9. Juli. Ihr folgt später Thomas Bischoff von der Satire-Partei. Insbesondere der Verzicht von Belser, die linke  Unterstützer hinter sich hatte, macht die Lage für die Grünen nicht einfacher. „Der Druck steigt“, heißt es. Dem Vernehmen nach gibt es in Fraktion und Kreisverband unterschiedliche Meinungen, wie die Strategie aussehen soll. Tritt Fojkar nochmal an? Zieht er zugunsten von SPD-Kandidat Thorsten Riehle zurück? Unterstützt er den bürgerlichen Christian Specht? Gibt er überhaupt eine Empfehlung?

Raymond Fojkar hält "Lagerbildung" für überzogen

Fojkar selbst hält sich am Abend weiter alles offen. „Ich war immer Teamplayer und will das auch bleiben.“ Fojkar drängt also darauf, dass Partei, Fraktion und er eine gemeinsame Entscheidung finden. Den politisch eher negativ konnotierten Begriff „Lagerbildung“, der am Montag öfter zu hören ist und der eine Verhärtung der Meinungen nahelegt, hält er für überzogen. „Es gibt eine Spaltung der Stimmungen bei den Mitgliedern“, räumt Fojkar ein. „Das heißt aber nicht, in Aktionismus verfallen zu müssen. Vielmehr ist das ein Auftrag an uns, weiter grüne Politik zu machen und zu vertreten.“

Das teilt Stadträtin Christina Eberle. Eine Lagerbildung könne sie „nicht erkennen“. Dass es in einem Verband, der schnell gewachsen ist, unterschiedliche Meinungen gibt, sei selbstverständlich. „Die meisten wollen die Gespräche abwarten und dann entscheiden, wie wir unsere Inhalte weiter einbringen“, ist sie überzeugt. „Die Ernüchterung über das Ergebnis ist aber natürlich da.“

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Fojkar will den Zeitplan "forcieren"

Am Abend wollte sich die Fraktion beraten. Weitere Gespräche zwischen Kreisverband, Fraktion und Fojkar sollen folgen. Auch die Basis soll beteiligt werden. „Das ist dem Kreisverband ganz wichtig“, ist zu hören. Über das Wie wird aber auch noch diskutiert. Dem Vernehmen nach soll es Dienstag auch mindestens mit der SPD Gespräche geben.

„Wir können morgen eine Entscheidung treffen“, ist am Montag aus der Grünen-Fraktion zu hören. Auch Fojkar erklärt, den Zeitplan „forcieren“ zu wollen. Viel Zeit bleibt nicht. Bis Mittwoch, 18 Uhr, müssen die Kandidaten und Kandidatinnen ihren Verzicht mitteilen – ansonsten werden sie auf den Wahlzettel geschrieben und die auf sie entfallenen Stimmen ihnen zugerechnet. Bei einem engen Ausgang könnte das unter Umständen große Folgen haben.

Die Mannheimer Grünen sind uneins

Ein Konsens bei den Grünen aber wird wohl kompliziert. Die Partei ist, wie zuletzt so oft, uneins. So soll bei Spechts Befürwortern aus den Reihen der Grünen eine Äußerung Riehles am Sonntag Unmut erzeugt haben. Er hatte erklärt, die SPD habe das Ziel erreicht, einen zweiten Wahlgang zu erzwingen. Wenn das inhaltlich das stärkste Ziel der SPD gewesen sei, werde es schwer, ihn zu unterstützen, heißt es. „Anderseits wissen wir, dass es einen starken linken Flügel bei den Grünen gibt.“ Auch Fojkar hatte am Sonntag einen zweiten Wahlgang begrüßt. Er begründete das damit, in Verhandlungen nun mehr Inhalte seiner Politik einbringen zu können.

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Fontagnier: Specht und Riehle müssen thematisch auf uns zukommen

Aber auch der linke Flügel tut sich schwer. Zwar sei der „deutliche Abstand“ zwischen Riehle und Specht „erschreckend“, ist zu vernehmen. Trotzdem sei es „nicht so einfach“, ein linkes Lager zu vereinen.

„Wenn Specht oder Riehle wollen, dass wir sie unterstützen, müssen sie thematisch schon auf uns zukommen“, sagt auch Fraktionsvize Gerhard Fontagnier, der dem linken Parteilager zugerechnet wird. Bei wichtigen Themen wie Verkehr gebe es bislang aber kaum Konsens. „Wir können nicht ständig unsere Wähler und Wählerinnen als Verhandlungsmasse hin- und herschieben“, sagt er. Auch Fojkar hatte am Sonntag erklärt, „Grüne Wählerinnen und Wähler als so selbstbewusst wahrgenommen“ zu haben, „dass sie nicht unbedingt eine Empfehlung brauchen, falls ich nicht mehr antrete“.

Auch Tanja Krone noch unentschieden

Apropos: Belser hat erklärt, nicht mehr anzutreten. Sie will am Dienstag über eine Wahlempfehlung entscheiden. Auch Bischoff zieht sich zurück und will über eine Empfehlung noch entscheiden. Noch nichts entschieden hat Tanja Krone. Mit ihrem Ergebnis sei sie, wie Bischoff, zufrieden, habe aber noch keine Entscheidung treffen können. Auch David Frey zögert noch. Sah es zunächst danach aus, als ob er wieder antrete, zog er diese Entscheidung am Abend zurück, um noch „einige Gespräche“ zu führen. Mit 1,4 Prozent hat er von den Unabhängigen das beste Ergebnis erzielt. Ugur Cakir ließ eine Anfrage zunächst unbeantwortet. (mit see und sma)

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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