Bundesgartenschau

Buga in Mannheim: Wie die Feuerwehr die Rettung aus der Seilbahn übt

Eine komplette Evakuierung aus der Höhe ist nicht möglich! Die Seilbahn ist eine der Attraktionen der Mannheimer Bundesgartenschau. Für sie gilt ein besonderes Sicherheitskonzept. Nun wurde geprobt

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Peter W. Ragge
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Übung an der Kabine: Höhenretter der Berufsfeuerwehr trainieren das Abseilen einer Person aus einer Gondel der Seilbahn der Bundesgartenschau. © Michael Ruffler

Mannheim. Fünf gelbe Plastiksäcke, jeder rund 30 Kilo schwer, haben es in sich. Sie beinhalten spezielles Rettungsgerät für Seilbahnen, das die Mannheimer Feuerwehr eigens für die Zeit der Bundesgartenschau gemietet hat. Damit üben die Höhenretter der Berufsfeuerwehr derzeit immer mal wieder an der Seilbahn, damit sie im Notfall schnell eingreifen können. Allerdings ist nicht vorgesehen, dass die Feuerwehr bei einem Stillstand der Seilbahn alle Kabinen evakuiert.

„Seilbahnen sind sehr sicher“, betont Alexander Bittner, Betriebsleiter der Hersteller- und Betreiberfirma Doppelmayr. Seit 40 Jahren ist er in dem Metier tätig, seit 1990 als Betriebsleiter. „Seither ist nur einmal was passiert“, erinnert er sich – ein Stillstand eines Sessellifts in den Alpen. „Das Ding war aber uralt“, sagt er: „Sonst laufen die Dinger gut!“

So läuft es bei der Buga-Seilbahn in Koblenz

Das bestätigt Ingo Schneider, Redaktionsleiter der Koblenzer „Rhein-Zeitung“, wo seit der Bundesgartenschau 2011 eine Seilbahn die Stadt mit der Festung Ehrenbreitstein verbindet – und über dem Rhein sogar 112 Höhenmeter überwindet. Schneider sind „keine nennenswerten Vorfälle in Erinnerung“. Nur während der Buga selbst, als die Seilbahn unter absoluter Volllast lief, habe es „kurzzeitige Ausfälle“ gegeben, „da waren es aber oft ganz banale Ursachen wie etwa ein in der Tür eingeklemmter Rucksack im Gedränge oder Vergleichbares, die für kurze Stopps gesorgt haben“.

Doppelte Notfallmotoren

Auch die Koblenzer Bahn ist von Doppelmayr. Dort wie in Mannheim geht das Sicherheitskonzept davon aus, auch bei einer Störung die Gondeln noch in eine der beiden Stationen zu fahren, um alle Passagiere dort sicher aussteigen zu lassen. „Dazu haben wir alles redundant“, erklärt Bittner, also doppelt – zum Beispiel zwei getrennte Diesel-Notstromaggregate in der Station im Luisenpark und auf Spinelli, um bei Stromausfall die Anlage so lange fahren zu können, bis alle Gäste sie verlassen haben.

Buga kompakt

Die wichtigsten Infos zur Buga 23 in Mannheim in Kürze:

  • Die Bundesgartenschau in Mannheim fand vom 14. April bis 8. Oktober 2023 statt.
  • Ausgerichtet wurde sie auf dem Spinelli-Gelände zwischen Feudenheim und Käfertal. Auch der Luisenpark wurde mit eingebunden. Der Luisenpark war bereits 1975 ein wichtiger Teil der Bundesgartenschau in Mannheim.
  • Eine Attraktion der Buga 23 war die Seilbahn, die die neuen Anlagen und den Luisenpark miteinander verband. Die Seilbahn war 2049 Meter lang und bestand aus 64 Kabinen. Damit konnten knapp 3000 Passagiere pro Stunde und Richtung befördert werden.
  • Auf der Bundesgartenschau wurden etliche verschiedene Veranstaltungen angeboten: ein Überblick.
  • Die Internetseite der Buga: www.buga23.de
  • Lageplan Luisenpark - hier klicken (PDF-Download)
  • Lageplan Spinelli-Gelände - hier klicken (PDF-Download)

Zudem sind auf allen Masten der Seilbahn Boxen mit Gerät, mit dem die Betriebsmannschaft die Gondeln wieder, wie das offiziell heißt, „eingleisen“ können, sobald eine Kabine aus dem Seil springen oder sich Seile verheddern sollten.

Lokales

Höhenretter in Aktion an der Buga-Seilbahn Mannheim

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All das ist in der Betriebsgenehmigung geregelt, die das Regierungspräsidium Freiburg, dessen Landesbergdirektion die Aufsicht über alle Seilbahnen in Baden-Württemberg hat, nun erteilte. Sie fußt, so eine Sprecherin, auf einer Sicherheitsanalyse nach der EU-Seilbahnverordnung. Dabei „werden alle denkbaren Risiken betrachtet und entsprechende Maßnahmen festgelegt“, erklärt sie. Da heißt es, dass grundsätzlich die Passagiere bei einem Notfall zurück in die Station sollen, wozu es die zwei voneinander und vom Stromnetz unabhängige Notantriebe geben müsse. Vorgeschrieben ist ebenso, dass „zwischen Stillstand der Anlage und Eintreffen der letzten beförderten Person an einem sicheren Ort“ maximal dreieinhalb Stunden vergehen dürfen.

„Aber wir haben zusätzliche Sicherheit gefordert“, betont Erster Bürgermeister Christian Specht. „Eine komplette Evakuierung der Bahn aus der Höhe ist zwar nicht möglich“, so der Sicherheitsdezernent, „aber wir wollten Vorkehrungen, wenn während eines Stillstands der Bahn ein medizinischer Notfall eintritt“, erklärt Specht. Daher ließ er die zusätzliche Ausstattung für die Feuerwehr beschaffen, speziell entwickelt für Seilbahnrettungen.

Mit diesem speziellen, eigens angemieteten Gerät können sich die Höhenretter in ein Tragseil der Seilbahn einhängen und sich dort fortbewegen. © Michael Ruffler

„Für uns ist das schon eine Umstellung“, sagt Thomas Brendel, seit 1998 Höhenretter und seit 2013 Leiter dieser speziellen Einheit. 32 Beamte mit einer Spezialausbildung für die Rettung aus Höhen und Tiefen gibt es bei der Berufsfeuerwehr. Jeweils fünf von ihnen sind rund um die Uhr im Dienst – zwei Mann als Retter, zwei als Sicherungstrupp und ein Gruppenführer. Das ist freilich nur ihre Zusatzfunktion – sie sind auf dem Löschzug der Wache Nord eingeteilt, bei dem im Fall eines Höhenrettereinsatzes ein Löschfahrzeug weniger ausrücken kann.

Meist geht es um Unterstützung für den Rettungsdienst, wenn sie gerufen werden, um Patienten aus Häusern mit zu engen Treppenhäusern zu holen. Aber die Höhenretter seilen auch Menschen aus einer plötzlich stillstehenden Achterbahn, von Baukränen, aus Hochregallagern, Hochhäusern oder Steinbrüchen ab.

„Aber das hier ist eine ganz andere Vorgehensweise“, erläutert Brendel. Bei einem Alarm müssen die Feuerwehrleute zunächst mit ihrem Schlüssel die Sperre der Steigleitern, die es an jedem der Masten gibt, öffnen und hochklettern. Dabei haben sie schwere Last dabei, denn sie sind nun vorübergehend mit speziellen Seilfahrgeräten ausgerüstet, die unter anderem in den gelben Säcken stecken. „Aufklappen, aufs Tragseil legen, dann zuklappen“, erklärt Brendel die Bedienung. Die Höhenretter haben drei Ösen, an denen sie sich einhängen können, und einen Bremshebel, um zu steuern. So kommen sie auf dem Seil voran.

Akkuschrauber als Antrieb

Geht es abwärts, bewegen sie sich automatisch durch das Gefälle. Geht das Seil an der Einsatzstelle aufwärts, müssen sie zum Akkuschrauber greifen – als Antrieb. Fünf dafür ausgelegte Akkuschrauber und Zusatzakkus sind mit dem speziellen Gerät mitgeliefert worden.

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Das Konzept sieht vor, dass die Feuerwehrleute so zu der Kabine fahren, in der ein Passagier zum Beispiel einen medizinischen Notfall hat, von Außen die Kabine öffnen und ihn mit einem ebenso speziellen Rettungsgerät abseilen. Selbst eine Babynotfalltasche oder spezielle Kleinkindgurte haben die Höhenretter parat, auch ein Konzept für Rollstuhlfahrer. „Es gibts nichts, was wir nicht geregelt bekommen, wenn es sein muss“, betont Brendel.

Für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass der Notfall direkt über dem Neckar passiert, würde das Feuerlöschboot anrücken, „oder wir dirigieren die Leine eben so, dass die Person an Land runtergeht“, so Brendel. Selbst daran, dass notfalls ein Arzt per Seil in die Kabine hochgezogen wird, um einen Patienten dort zunächst transportfähig zu machen und auf eine Trage zu betten, ist gedacht. „Wir planen immer in alle Richtungen“, so der Höhenretter-Chef.

Vorgehen bei Notfall

Allerdings ist das Training aufwendig. „An den Ausstieg vom Pfeiler auf das Seil muss man sich erst gewöhnen, das ist schon sehr schmal und für uns noch etwas ungewohnt“, sagt Brendel, „doch wenn wir erst mal im Seil hängen, ist es problemlos, da auch eine Person herunterzuholen“. Dennoch hätte er sich viel mehr Zeit gewünscht, um mit allen Höhenrettern, die ja auf verschiedenen Schichten verteilt und nicht immer alle anwesend sind, genug zu üben – doch Zeit ist bei der Buga-Vorbereitung arg knapp.

Bei einem größeren Ernstfall würden aber auch die Kollegen, die dienstfrei haben, alarmiert, im allergrößten Notfall sogar die Höhenretter benachbarter Berufsfeuerwehren – etwa Karlsruhe oder Darmstadt – herangezogen.

„Wir gehen aber nicht von Problemen aus“, bekräftigt Thomas Näther, der Kommandant der Feuerwehr. Geübt werde dennoch so viel wie möglich: „Wir denken eben immer: Was wäre wenn?“

Redaktion Chefreporter

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