Bundesgartenschau

Wie an die früheren Gartenschauen 1975 und 1907 erinnert wird

Das Marchivum plant im Pflanzenschauhaus eine große Ausstellung mit historischen Fotos und Filmen

Von 
Peter W. Ragge
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Bleibende Kindheitserinnerung an die Bundesgartenschau 1975 und die Jahre danach: das Ballgebirge „Babbelplast“ auf der Freizeitwiese im Luisenpark. © Marchivum

Mannheim. Das wunderbare blaue „Babbelplast“-Ballgebirge auf der Freizeitwiese im Luisenpark, vom Künstler Klaus von Ilusta als Vorgänger der Hüpfburgen geschaffen, ist bei Generationen von Kindern unvergessen. Wer darauf herumgeklettert und herumgehüpft ist, wollte einfach nicht mehr herunter. Solche nostalgischen Erinnerungen an die Bundesgartenschau 1975 sollen bei der neuen Bundesgartenschau nicht zu kurz kommen - dank einer Ausstellung vom Marchivum.

Die ganze frühere Ausstellungshalle im Pflanzenschauhaus des Luisenparks, lange als Indoorspielplatz genutzt, steht dafür zur Verfügung. „Eine Stadt verändert ein Fest - Mannheimer Gartenschauen 1907, 1975 und 2023“ lautet der Titel. Er knüpft bewusst an das Buch „Ein Fest verändert eine Stadt“ von Klaus E. R. Lindemann an, das als Bilanz von 1975 erschienen ist. „Wir wollen aber zeigen, dass Mannheim stets die Gartenschauen anders interpretiert und besonders als Motor der Stadtentwicklung genutzt hat“, erklärt Harald Stockert, stellvertretender Direktor vom Marchivum.

Schon 2019 hatte er mit seinen Kollegen Anja Gillen, Andreas Schenk und Hannah Serfas im Marchivum im Ochsenpferchbunker eine viel beachtete Ausstellung gestaltet, die sich aber nur mit 1975 befasste. „Dieses Mal ist das Konzept breiter angelegt - und viel visueller“, erklärt Stockert. So wird es keine Vitrinen und keine Ausstellungsstücke geben, sondern zahlreiche großformatige historische Fotos auf Fahnen, die von der Decke der Halle hängen, und dazu erklärende Schautafeln.

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Zudem laufen auf großen Bildschirmen historische Filme. Dazu gehört ein besonderes Zeitdokument, nämlich die ältesten Bewegtbild-Aufnahmen im Besitz vom Marchivum. Sie zeigen Erbgroßherzog Friedrich II. von Baden bei der Eröffnung der Internationalen Kunst- und Großen Gartenbauausstellung zum Stadtjubiläum am 1. Mai 1907. Der Mann trägt Uniform mit Pickelhaube, die Herren um ihn herum alle Frack und Zylinder - den sie aber flink und ehrerbietig vor ihm ziehen. Schließlich lautet seine Anrede „Königliche Hoheit“.

Film vom Erbgroßherzog

Der gerade erst fertiggestellte Rosengarten, der nur wenige Jahre ältere Wasserturm - 1907 hat man sie erstmals auf Zelluloid gebannt. Manche Bewegungen sind daher noch etwas ungelenk, wirken unnatürlich-hektisch. Oberbürgermeister Otto Beck trägt stolz seine Amtskette, läuft aber mit Hilda, der Frau des Erbgroßherzogs, zu langsam. Bürgermeister Robert Ritter indes, der Ausstellungsleiter, eilt mit seiner Hoheit voraus, zeigt ihm das Gelände. Man sieht, wie die Wasserspiele rauschen, eine Blaskapelle spielt und sich mehrere Herren vor dem Großherzog verneigen. Zu erkennen sind ebenso die monumentalen, eigens für die Ausstellung zusätzlich errichteten Bauten rund um Wasserturm und Friedrichsplatz - nicht jedoch die damals noch nicht bebaute Augustaanlage mit Industrieausstellung, Vergnügungspark und dem Abessinierdorf. Das alles will das Marchivum dann mit Bildern zeigen.

Auch damals: Bedenken und Widerstand

„Mannheim ist damals auf dem Höhepunkt seines goldenen Zeitalters, und das zeigt die Stadt selbstbewusst mit einer großen Industrieausstellung namhafter Firmen und üppigen Gartenanlagen“, so Stockert. Das Abessinierdorf, wo Ureinwohner aus dem heutigen Äthiopien und Eritrea in Hütten leben, will er nicht aussparen, sondern eben als typisches Beispiel aus der Kolonialzeit zeigen und problematisieren.

Was es 1907 ebenso gibt wie später 1975 und dann auch im Vorfeld der neuen Bundesgartenschau: Bedenken, ja Widerstand in der Bevölkerung. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch“, sagt Stockert. „1907 wollen die Arbeiter nicht mitmachen, wenn das Großbürgertum sich feiert“, weiß er. „Und vor 1975 gab es ja mehrere gescheiterte Versuche, in Mannheim eine Bundesgartenschau zu machen, und auch dann Bedenken wegen der damaligen Wirtschaftskrise und Sorge vor der Verschwendung von Steuergeld“.

Dabei habe sich die Bundesgartenschau 1975 als „ein enormer Schub für die Stadtentwicklung“ erwiesen. Multihalle, Collini-Center, Fernmeldeturm, das neue Wohngebiet Herzogenried, die Fußgängerzone Planken, die erste Erweiterung des Rosengartens - alles ist mit Blick darauf oder direkt 1975 entstanden. Es sei auch „eine sehr demokratische Veranstaltung“ gewesen, zugänglich für alle und mit dem Ergebnis, dass Mannheim mit Luisenpark und Herzogenriedpark danach dauerhaft zwei wertvolle Naherholungsgebiete gewonnen hat.

Nachbau der Seilbahn

Von der Ausstellung 1907 blieb nur die Kunsthalle, aber „von 1975 ist wesentlich mehr in der Stadt erhalten geblieben - und daher ist diese Bundesgartenschau auch viel mehr im kollektiven Gedächtnis geblieben“, so der Marchivum-Experte. Schon 1975 habe insofern „eine große Nachhaltigkeit“ gehabt - und damit ist Stockert bei 2023. Auch die aktuelle Gartenschau ist Thema der Ausstellung. Das bearbeiten aber nicht die Archivare, sondern Chrakan Ismail vom Buga-Team steuert Informationen zum nachhaltigen Konzept und zu den vier Leitthemen Klima, Umwelt, Energie und Nahrungssicherung bei. Und eine der Attraktionen der aktuellen Buga wird in der Ausstellung auf ganz besondere Weise gezeigt: Ein Nachbau der Seilbahn aus Fischertechnik im Maßstab 1:20.

Redaktion Chefreporter

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