Mannheim. Dieser Kontrast! Mal edle Hölzer an den Wänden, feines Mobiliar, eine schicke Bar – und mal dieser brutal wirkende Beton, die offen sichtbaren Spuren von Abbrucharbeiten, die nackten Stahlträger, die alten, halb verblassten Farbmarkierungen auf dem Boden oder an Pollern.
Die U-Halle, Herzstück der Bundesgartenschau auf dem Spinelli-Gelände, bietet all das, wunderschöne Blumenpracht ebenso wie schroffe Wände. Manche Besucher sind davon erkennbar fasziniert, manche schimpfen über den „Schrottplatz“.
Panzerkette liegt auf Beton
Man kann an unzähligen Stellen in die U-Halle rein oder durch sie durchlaufen. Aber eigentlich sollten alle Besucher an einer einzigen Stelle ihren Besuch beginnen. Es ist der Punkt 7 des Lageplans, ganz im Osten der U-Halle. Da sieht man eine Panzerkette; so aufgerollt, als wäre sie gerade von dem Kampffahrzeug abgesprengt. Sie liegt auf einem Betonstück, umgeben von Betonbrocken und postiert vor einer Betonwand, aus der die Drähte der Armierung ragen. Wer das ansieht, wer sich hier umschaut, der begreift, wo er sich befindet und warum es hier so ausschaut wie es aussieht.
Bei der U-Halle handelt es sich um den ehemaligen Güterbahnhof der amerikanischen Streitkräfte. Ein Teil des Gebäudes stammt noch aus Zeiten der Wehrmacht, die Amerikaner haben es dann erweitert. Aus der Luft gesehen bilden zwei etwa 330 Meter lange Gebäudeschenkel und ein kurzes, verbindendes Stück ein U – daher der Name des Komplexes.
Warum die U-Halle abgebrochen werden muss
Ursprünglich umfasste die riesige Lagerhalle knapp 22 000 Quadratmeter überdachte Fläche. Weil sie in der Frischluftschneise liegt, durfte sie nicht so groß bleiben. Für die Bundesgartenschau ist sie auf 13 000 Quadratmeter verkleinert worden – und nach dem sommerlangen Fest soll sie noch mal um die Hälfte reduziert werden, so die Beschlusslage. Daher wirkt weiter viel provisorisch. Aber die U-Halle belegt, was man aus Provisorien machen kann. Und vielleicht beweist die Gartenschau ja, dass man einen größeren Teil der Fläche erhalten sollte als geplant.
Ein Ausstellungsteil („Mannheim – Frei.Raum.Stadt“) zeigt, wie es früher hier auf dem Spinelli-Areal ausgesehen hat. Alles voller Jeeps, Geschütze, Lastwagen, Panzer, dicht an dicht. Waren 2012 noch 75 Prozent der Fläche versiegelt, bleiben –auch nach der Wohnbebauung – 28 Prozent versiegelte Fläche zurück. Ein gigantischer Gewinn an Freiraum und Grünland, das Konzept und die Macher – auf überlebensgroßen Fotos – lernt man hier auch kennen.
Für die Bundesgartenschau standen sie vor der Aufgabe, einen Teil so umzubauen, dass er auf Dauer erhalten bleibt – und andere so, dass sie nur ein paar Monate gute Dienste leisten, und stets alle Brandschutzauflagen erfüllt werden.
Das stilvoll eingerichtete italienische Restaurant „Apero“ und das Marktrestaurant „Spinelli Kitchen“ etwa bleiben; der Betreiber hat einen Zehn-Jahres-Vertrag und entsprechend viel Aufwand bei der Inneneinrichtung von Küchen und Gastraum betrieben. Die drei Container und der Imbisswagen von „Spinelli Streetfood“ verschwinden dagegen wieder.
Nur das Skelett bleibt
Wo Wände herausgerissen, Dächer abgedeckt und nur das Skelett der Halle stehengelassen wurde, ergibt sich eine einerseits faszinierende Architektur – und mancher denkt, hier fehle was oder der Bau sei nicht fertig geworden.
Aber für den Gärtner- und Pflanzenmarkt ist das das perfekte Umfeld. Das gilt ebenso für das Lapidarium, also die Ausstellung vieler Originalteile von Denkmälern und Skulpturen vom Marktplatz und vom Wasserturm sowie der alten Jugendstillaternen vom Friedrichsplatz. Die sind ein echter Hingucker und bis jetzt eines der beliebtesten Fotomotive der Buga. Kletterpflanzen umranken Betonstützen. Leider fehlen noch die Beschriftungen.
Bei den Staatlichen Schlössern und Gärten ist das dagegen hervorragend gemacht. Da wird genau erklärt, dass die hier entstandenen Beete, die an die Schönheit der Schlossgärten und Gartendenkmäler Baden-Württembergs erinnern, aus Abbruchmaterial gestaltet sind. Aus Löchern im Betonboden sprießen Blumen – das sieht gut aus. Den Clou erkennt aber letztlich nur, wer die kleinen Schilder liest.
Eigentlich müsste gerade den auswärtigen Gästen – aber auch viele Mannheimer kennen die Geschichte des Gebäudes nicht – viel mehr erklärt werden, wie toll hier die Umnutzung eines Gebäudes gelingt: Wo einst Munition, Stiefel, Gewehre, Helme und vieles mehr lagerten, blühen nun Blumen.
Wer die für Blumen-Hallenschauen genutzten Abschnitte der U-Halle betritt, der vergisst all die Rauheit des nackten Betons und offen sichtbarer Abbruchkanten. Hier duftet es, hier blüht es, hier sind eine Explosion von Farben und prachtvollen Blüten zu sehen. Die Hallenschau „Aze liebt Lea“ nimmt die Besucher mit auf eine Zeitreise, die den Weg der Azalee aus ihren Herkunftsländern Japan und China nach Europa mit allen Sinnen erlebbar macht.
In Blassrosa, Scharlachrot und kräftigen Pinktönen bis zu allen Schattierungen von Lila blühen Azalee und Rhododendron. Daneben leuchtet es gelb, wo man unter freiem Himmel Balkonpflanzen und Vertikal-Begrünung demonstriert.
Gute Lichteffekte und moderne Technik
Manchmal sind in der U-Halle ganz viele Kinderstimmen zu hören. Ob bei der Klimaarena, bei der BASF, beim Treffpunkt Baden-Württemberg – viele Räume und Stände dienen als Klassenzimmer. BASF, Klima-Arena, MVV oder das „Haus der Landschaft“ sind Beispiele, wie gute Messebauer mit pfiffigen Ideen, Lichteffekten und moderner Technik aus den nackten Räumen attraktive Treffpunkte machen können. Die Reiss-Engelhorn-Museen haben für ihre Ausstellung „Eiszeit, Klima, Wandel“ lebensechte Tierrekonstruktionen, Skelette und Mitmachstationen vor großformatigen Panoramafotos in eine Landschaft modelliert. Das wirkt anziehend.
Wo anderswo nur textlastige Stellwände stehen, laufen viele Besucher ganz schnell durch. Umso mehr fesseln jene Werke, die am östlichen Ende der U-Halle die Wände zieren – riesige Insekten, überdimensional, fast bedrohlich gemalt und gesprayt von Künstlern der Initiative „Stadt.Wand.Kunst“ als Denkanstoß mit dem Titel „Nützling vs. Schädling“.
Begrünter Innenhof
Zwischen den Gebäudeschenkeln der U-Halle ist jetzt alles begrünt. Bäume, Büsche, Beete, eine modellierte Landschaft, eine Wasserfläche – kaum noch etwas erinnert daran, dass hier einst wöchentlich, teils fast täglich Züge mit Militärmaterial eingefahren sind. Doch, etwas erinnert dran: Der Verein Historische Eisenbahn Mannheim hat einen Güterwaggon postiert. Wer hier steht und entlang der Hallenfassaden schaut, erkennt, wie Konversion, also Umnutzung, gelingen kann – aber auch, wie aufwendig das ist.
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