Mannheim. Seit Sonntagabend steht fest: Christian Specht (CDU) wird neuer Oberbürgermeister in Mannheim und damit Nachfolger von Peter Kurz. Der SPD-Politiker war nach 16 Jahren auf dem Chefsessel im Rathaus nicht mehr zur Wahl angetreten. Nachdem im ersten Wahlgang am 18. Juni keiner der Kandidierenden die absolute Mehrheit erreicht hatte, fiel die Entscheidung im zweiten Wahlgang.

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Der Ausgang der Wahl ist denkbar knapp: Mit 860 Stimmen (1,2 Prozentpunkten) liegt Christian Specht (CDU) vor Thorsten Riehle (SPD). Die Aufholjagd des SPD-Kandidaten hat auch den Mannheimer Politikwissenschaftler Marc Debus überrascht, der von einer weniger knappen Entscheidung ausgegangen war.
Ein Blick in die Wahlgeschichte zeigt: Es ist das bislang engste Rennen bei einer OB-Wahl in Mannheim seit dem Zweiten Weltkrieg.

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Analyse zur Oberbürgermeisterwahl 2023 in Mannheim
Welches Signal geht von der Mannheimer Oberbürgermeisterwahl aus? Wie stehen Christian Specht und Thorsten Riehle im Vergleich zum ersten Wahlgang da? Wer kann vom Rückzug der Kandidierenden Raymond Fojkar (Grüne) und Isabell Belser (Linke) profitieren? Wie knapp ist der Wahlausgang in den Mannheimer Stadtbezirken? Und wie ist die Wahlbeteiligung einzuschätzen? Antworten gibt es in unserer Wahlanalyse mit dem Mannheimer Politikwissenschaftler Marc Debus.
Der Wissenschaftler Marc Debus
- Geboren wurde Marc Debus 1978 im hessischen Biedenkopf.
- Er studierte in Marburg und Mannheim Politikwissenschaft sowie Soziologie.
- Debus ist Projektleiter am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung und an der Universität Professor für Vergleichende Regierungslehre.
Ein historischer Erfolg: Erstmals wird ein direkt gewählter OB von der CDU gestellt
Mannheim, die rote Hochburg - das scheint Geschichte zu sein. Erstmals wird ein Kandidat der CDU in einer direkten Wahl Oberbürgermeister. Bis auf den parteilosen Hans Reschke war Mannheim bislang fest in der Hand der SPD. Welches Signal geht also von Christian Spechts historischem Erfolg aus?
"Ein herber Rückschlag" sei das Wahlergebnis für die SPD, so Politikwissenschaftler Marc Debus. Mannheim sei lange die beinahe einzige Hochburg der Sozialdemokraten im Südwesten gewesen. In der Quadratestadt habe die Partei lange Zeit kontinuierlich den Oberbürgermeister gestellt und häufig Direktmandate bei Bundestags- und Landtagswahlen gewonnen.
Letztlich sei das Ergebnis der OB-Wahl eine klare Stärkung des bürgerlichen Lagers in Mannheim, das mit Rückenwind in den Kommunalwahlkampf 2024 geht, findet Debus. Gleichzeitig müsse Christian Specht als Oberbürgermeister aber mit einer linken Mehrheit im Stadtparlament zusammenarbeiten. Dass diese Mehrheit 2024 verloren geht, sei angesichts des knappen Ergebnisses von Sonntag aber keineswegs sicher.
Oberbürgermeister in Mannheim seit 1948
- Fritz Cahn-Garnier (SPD) 1948-1949
- Hermann Heimrich (SPD) 1949-1955
- Hans Reschke (parteilos) 1956-1972
- Ludwig Ratzel (SPD) 1972-1980
- Wilhelm Varnholt (SPD) 1980-1983
- Gerhard Widder (SPD) 1983-2007
- Peter Kurz (SPD) 2007-2023
Thorsten Riehle mit Aufholjagd ohne Erfolg
Der Vergleich mit dem ersten Wahlgang zeigt: Zwar konnte Thorsten Riehle deutlich mehr Stimmen (+ 12.372) hinzugewinnen als Christian Specht (+1.651), dennoch war die Aufholjagd nicht erfolgreich. Lag Specht im ersten Wahlgang noch satte 15,4 Prozentpunkte vor Thorsten Riehle, sind es im zweiten nur noch 1,2.

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Beide Kandidaten haben ihren prozentualen Stimmenanteil naturgemäß gesteigert. Immerhin hatten sich fünf der acht Kandidierenden aus dem Rennen verabschiedet. Raymond Fojkar (Grüne), Isabell Belser (Linke), Thomas Bischoff (Die Partei), Tanja Krone und David Frey waren im zweiten Wahlgang nicht mehr angetreten. Einzig Uğur Çakir verblieb neben Specht und Riehle noch auf den Stimmzetteln: Mit weniger als einem Prozent im ersten und 1,3 im zweiten Wahlgang war er allerdings chancenlos.

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Wie sehr kann Thorsten Riehle vom “linken Lager” profitieren?
Nach dem Rückzug ihres Kandidaten Raymond Fojkar hatten die Grünen eine Wahlempfehlung für Thorsten Riehle ausgesprochen. Sie blieben damit übrigens die einzigen - weder Fojkar selbst noch Isabell Belser und ihr Unterstützer-Bündnis aus Linke, Klimaliste und Tierschutzpartei hatten in dieser Frage eindeutig Position bezogen. Dennoch zeigte sich Thorsten Riehle optimistisch, die Kräfte "im progressiven politischen Lager” bündeln zu können und präsentierte mit den Grünen gemeinsame politische Eckpunkte.
Von der Kooperation im linken Lager habe Thorsten Riehle sehr profitiert, so Politikwissenschaftler Marc Debus: "Offenbar konnte er das rot-grün(-rote) Lager sehr gut mobilisieren." Gleichzeitig könnte das aber auch Christian Specht Stimmen gebracht haben, indem er Wähler, die Rot-Grün skeptisch gegenüberstehen, für sich gewinnen konnte. Mit mehr als vier Prozentpunkten Zugewinn gegenüber dem ersten Wahlgang habe Specht ja nur knapp die absolute Mehrheit verpasst.

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Der Blick in die Stadtteile: Gibt es hier noch rote Hochburgen?
Nur zwei der 17 Stadtbezirke hatte Thorsten Riehle im ersten Wahlgang für sich entschieden. In 15 lag Christian Specht vorne. Im zweiten Wahlgang gewann Specht 12 Stadtbezirke. Thorsten Riehle konnte sich in fünf innenstadtnahen Stadtteilen durchsetzen.
Dass Thorsten Riehle nicht mehr in den traditionellen Stadtbezirken der SPD in Mannheim wie der Schönau, dem Waldhof oder in Käfertal gewinnen konnte, "sollte der SPD zu denken geben", sagt Marc Debus. "Offenbar scheint sie nicht mehr ihre klassische Anhängerschaft aus der Arbeiterschaft im selben Maße wie früher gewinnen zu können." Wäre dies der SPD gelungen, wäre Thorsten Riehle zusammen mit den Zugewinnen im Stadtzentrum wohl vor Christian Specht gelandet.

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Die Wahlbeteiligung - erneut der Verlierer der Wahl?
Fünfmal wurde seit dem Zweiten Weltkrieg eine Oberbürgermeisterwahl im zweiten Wahlgang entschieden. Dabei ist die sogenannte Neuwahl, vor der in der Regel Kandidierende aus dem Rennen aussteigen, nicht automatisch ein Garant für eine höhere Wahlbeteiligung, wie unsere Grafik zeigt.

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Auch dieses Mal ist die Wahlbeteiligung im Vergleich zum ersten Wahlgang gesunken. "Offenbar hatte die Polarisierung keinen stark mobilisierenden Effekt", bilanziert Marc Debus. Dass sich fünf Kandidierende nach dem ersten Wahlgang zurückgezogen haben, könnte den ein oder anderen durchaus davon abgebracht haben, nochmals zur Wahl zu gehen - sofern die verbleibenden Kandidaten keine Alternative gewesen sein sollten.
Einwohner und Stimmen: So viele Menschen haben für Christian Specht und Thorsten Riehle gestimmt
Mehr als 280.000 Menschen leben in Mannheim, die 16 Jahre oder älter sind und ihren Hauptwohnsitz in der Stadt haben. Doch rund 16 Prozent von ihnen sind bei der OB-Wahl nicht wahlberechtigt, weil sie beispielsweise keinen deutschen Pass besitzen und einem Staat außerhalb der Europäischen Union angehören.
Somit waren beim zweiten Wahlgang der OB-Wahl in Mannheim 234.861 Menschen wahlberechtigt, doch von ihnen sind nur 72.542 tatsächlich zur Wahl gegangen. Wie viele Menschen haben den Kandidierenden ihre Stimme gegeben? Die Grafik zeigt, welche Basis die Kandidierenden in der Stadt und den Stadtbezirken haben.
Hinweis: Diese Analyse beruht auf dem vorläufigen Endergebnis des Wahlabends.

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