Finanzen

Was die drohende Ludwigshafener Haushaltskrise für die Hochstraßen bedeutet

Auch der nachgebesserte Ludwigshafener Haushalt könnte abgelehnt werden. Der Kämmerer ist alarmiert, denn auch auf die Großprojekte könnte sich das auswirken. Doch es gibt auch eine gute Nachricht

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Julian Eistetter
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Eine der geplanten Brücken rund um die künftige Helmut-Kohl-Allee (Ersatz für Hochstraße Nord) als könnte den Namen von Michail Gorbatschow tragen. © Bernhard Zinke

Ludwigshafen. Ein Schreiben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums lässt in Ludwigshafen sämtliche Alarmglocken schrillen. Eine erneute Ablehnung des im März kräftig nachgebesserten Haushaltsplans für das Jahr 2023 scheint ein durchaus realistisches Szenario zu sein.

Kämmerer Andreas Schwarz (SPD) sprach am Montag in der Sitzung des Bau- und Grundstücksausschusses von einer „großen Unsicherheit“, was die Genehmigung des Etats angehe, der noch einen Fehlbetrag von rund 30 Millionen Euro aufweist. Wie berichtet, hatten Verwaltung und Stadtrat mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung das Defizit von ursprünglich 98 Millionen Euro mächtig gedrückt und sich einem Ausgleich des Haushalts in den kommenden zehn Jahren verschrieben.

Zweifel an Genehmigung des Etats

Das könnte zu wenig sein. „Es wurde Kommunen die Genehmigung des Haushalts untersagt, die deutlich geringere Fehlbeträge haben als Ludwigshafen“, sagte Schwarz. Daher habe er Zweifel an einem positiven Ausgang der Prüfung durch die Aufsichtsbehörde ADD.

An diese habe sich das Schreiben des Ministeriums ursprünglich gerichtet, so der Kämmerer. „Es setzt die Leitplanken fest, wie seitens der Aufsichtsbehörde mit defizitären Haushalten umzugehen ist. Aus meiner Sicht sind diese sehr eng gesetzt“, so der Kämmerer.

Das Schreiben sei noch keine Entscheidung, gebe aber eine Richtung vor. Vorsorglich hat die Stadtspitze eine Sondersitzung des Stadtrats für den 5. Juni angesetzt, um kurzfristig reagieren und weitere Beschlüsse erörtern zu können. „Die Verwaltung hat zudem umgehend damit begonnen, die notwendigen Handlungsfelder zu prüfen. Auch fließen die Hinweise in die Vorarbeiten für die Haushaltsplanung 2024 ein“, sagte ein Rathaussprecher auf Anfrage.

Zeitnahes Signal der ADD erbeten

Nun warte man auf ein Signal der ADD, das Schwarz „zeitnah erbeten“ habe. Auf Anfrage teilt ein Sprecher der Aufsichtsbehörde mit, dass der Etat Gegenstand laufender Prüfungen sei. „Entsprechend ist noch keine Entscheidung getroffen worden.“ Zu dem laufenden Verfahren nehme die ADD keine Stellung.

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) betonte, dass der Inhalt des Schreibens letztlich nicht neu sei. Die Pflicht zum Haushaltsausgleich sei gesetzlich festgeschrieben. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Neureglung des kommunalen Finanzausgleichs und der Übernahme von Altschulden sei der Druck auf die Kommunen noch größer geworden, keine neuen Schulden aufzubauen und zu sparen.

Das Szenario, das ich im Januar gezeichnet habe, ist also immer noch aktuell“, sagte Steinruck. Damals hatte sie eine Sparliste mit drastischen Einschnitten für das gesellschaftliche Leben vorgelegt und den Sparwillen des Stadtrats in den vergangenen Jahrzehnten bemängelt. „Dann können wir gar nichts mehr machen und sind nicht mehr handlungsfähig.“

Stadt stellt Fragen an Ministerium

Doch was bedeutet das Schreiben nun für die gewaltigen Infrastrukturprojekte in der Chemiestadt: die Erneuerung des Hochstraßensystems? Diese Frage habe die Verwaltung direkt an das Innenministerium gerichtet, so der Sprecher. Eine Antwort stehe aus. Steinruck und Schwarz hoffen darauf, dass es Ausnahmeregelungen geben wird. „Es kennen alle die Situation der Stadt Ludwigshafen und die Herausforderungen“, sagte Steinruck.

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Der Lückenschluss im Süden und die neue Stadtstraße im Norden dürften im Grunde nicht zur Disposition stehen, auch wenn die Stadt die Ausfinanzierung des Eigenanteils von voraussichtlich rund 300 Millionen Euro in den kommenden Haushalten nicht darstellen könne. Es dürfe jedoch auch nicht sein, dass wegen der Finanzierung des Hochstraßenprojekts die restliche Verwaltung auf Eis gelegt werde.

Immerhin auch gute Neuigkeiten

Gute Neuigkeiten hatte die Rathauschefin immerhin in Sachen Förderzusage für eben jene Mammutaufgabe im Gepäck. „Wir rechnen mit einer Förderzusage von Bund und Land für das Hochstraßenprojekt bis zur Stadtratssitzung Mitte Juli“, sagte sie nach einem Gespräch mit den Verkehrsministerien des Bundes und des Landes am Freitag. „Es läuft alles im Interesse der Stadt.“

Diese fordert, dass der Bund 60 und das Land 25 Prozent der Kosten von voraussichtlich mehr als einer Milliarden Euro übernehmen. 15 Prozent blieben dann bei der Stadt.

Aufgrund der positiven Gespräche beantragte die Verwaltung am Montag auch die vorgezogene Ausschreibung von Bauarbeiten an der neuen Westbrücke, die im Norden über die Bahnanlagen führen soll - obwohl noch kein Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Dies sei notwendig, weil bei weiterem Warten die mit der Deutschen Bahn vereinbarten Sperrzeiten verstreichen könnten, erläuterte Tiefbau-Bereichsleiter Björn Berlenbach. Das könnte das gesamte Projekt um Jahre verzögern.

Planfeststellungsbeschluss bis August/September?

Die Baufirmen sollen nun schon einmal Kalkulationen und Angebote erstellen, während das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wird. Berlenbach rechnet damit, dass dies bis zum August oder September geschehen wird. Die Vergabe der Arbeiten soll dann im Frühjahr 2024 erfolgen. Das Risiko sei gering, weshalb das Gremium zustimmte.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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