Persönliche Erklärung

Nach scharfer Kritik: Ludwigshafens OB Steinruck entschuldigt sich öffentlich

Mit einer Rede ist Jutta Steinruck auf Konfrontationskurs mit dem Stadtrat gegangen. "Ich bin übers Ziel hinausgeschossen", räumt sie jetzt in einer Erklärung ein

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Julian Eistetter
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Rathauschefin Jutta Steinruck bei der Neujahrsrede 2023. © Stadt/Martin Hartmann

Ludwigshafen.

Das Murren war groß bei der letzten Stadtratssitzung in Ludwigshafen. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) rechnete mit der Finanzpolitik der vergangenen 30 Jahre ab und kritisierte die Fraktionen, da diese immer wieder unausgeglichene Haushalte verabschiedet hätten. Sie nahm die Stadträtinnen und Stadträte in die Pflicht, jetzt Sparwillen zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen. "Die Verwaltung hat ihre Arbeit gemacht, jetzt müssen Sie Ihre Hausaufgaben erledigen", hatte sie mit Blick auf zwei vorgelegte Sparlisten mit drastischen Einschnitten gesagt.

Rolle rückwärts

Jetzt rudert die Rathauschefin mächtig zurück. Am Freitag hat sie eine öffentliche Erklärung abgegeben, in der sie um Entschuldigung bittet. "Die Liste sollte Rat, Verwaltung und Öffentlichkeit aufrütteln, damit Bund und Land bei der Zuweisung von Aufgaben genauer hinschauen, was welche Stadt zur Erfüllung ihrer Aufgaben braucht", schreibt sie. "Sie sollte aber auch ermutigen, althergebrachte Verwaltungsstrukturen neu zu denken", erklärt sie mit Blick auf ihrer Ansicht nach deutliche Optimierungsmöglichkeiten.

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"Zu Irritationen und Unmut beigetragen"

"Aber ich sehe auch und stelle mit aller Selbstkritik fest, dass ich meine Intention nicht deutlich zum Ausdruck gebracht habe und über das Ziel hinausgeschossen bin. Mit meiner Liste wollte ich drastisch aufzeigen, was es bedeuten würde, wenn wir so weiter machen wie bisher", betont Steinruck. "Letztendlich habe ich aber durch mein Vorgehen zu Irritationen und Unmut beigetragen, die der Sache nicht dienen. Ich entschuldige mich dafür bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Stadtvorstand, den Stadträtinnen und Stadträten, den städtischen Mitarbeitern und den Bürgern für meine wohl missverständliche Darstellung und ziehe diese Liste zurück."

Gleichwohl hofft die Oberbürgermeisterin weiter auf ein konstruktives Verfahren zur weiteren Haushaltsplanung. "Es liegt an uns allen - an mir, am Kämmerer, den Stadtvorstandsmitgliedern und dem Stadtrat - einen tragfähigen, nachhaltigen Haushalt vorzulegen, der nicht nur von kurzfristigen Einsparungen geprägt ist. Vielleicht hat das, was manche als Chaos bezeichnen, aber auch ein Stück weit eine reinigende Wirkung und versetzt uns in die Lage, noch einmal anders und von vorne zu denken", hofft sie.

Eine Diskussion habe sie nämlich auch mit der Liste in Gang setzen wollen. "Um aufzuzeigen, dass es unmöglich ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, ohne einer Stadt jegliche Lebensqualität zu rauben", erklärt sie.

Im Teufelskreis

"Ich wollte aufzeigen, wie verfahren und teilweise regelrecht absurd die gegenwärtigen Prozesse zur Haushaltsaufstellung und -genehmigung sind, weil wir in allererster Linie aufgrund äußerer Rahmenbedingungen immer wieder gezwungen sind, defizitäre Haushalte einzubringen." Ludwigshafen sei in einem Teufelskreis gefangen. "Da müssen wir heraus, um wieder handlungs- und gestaltungsfähig zu werden."

Ludwigshafen muss sparen

Wie berichtet, hatte die Kommunalaufsicht den ersten Haushaltsentwurf der Stadt für 2023 als nicht genehmigungsfähig eingestuft. Die Verwaltung musste nachbessern und hat eine umfassende Sparliste vorgelegt, die das Defizit von 98 Millionen auf rund 29 Millionen Euro drücken sollte. Zur Stadtratssitzung hatte dann auch Steinruck nochmal eine Liste vorgelegt, die eher perspektivisch ausgerichtet war. Bei vielen Stadträten kam das Verhalten der OB wie eine Schuldzuweisung an.

Am Montag und Dienstag kommender Woche sind nun die Hauptausschusssitzungen mit den Haushaltsberatungen angesetzt. Sie versprechen, spannend zu werden.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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