Haushalt verabschiedet

Hoch verschuldetes Ludwigshafen: Das sagt die Aufsichtsbehörde zu den Sparbemühungen

31 Millionen Euro Defizit statt ursprünglich 98 Millionen. Das sieht der jetzt in Ludwigshafen verabschiedete Haushalt für 2023 vor. Die Fraktionen sind zuversichtlich, doch was sagt die Aufsichtsbehörde?

Von 
Julian Eistetter
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Vor der Sitzung demonstrierten Vertreter von Sozialverbänden gegen Schließungen von Einrichtungen. Einige konnten abgewendet werden. © Julian Eistetter

Ludwigshafen. Fast fünf Monate ist es her, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) den Haushaltsentwurf der Stadt Ludwigshafen mit einem geplanten Defizit von 98 Millionen Euro für das Jahr 2023 rügte. Das war noch vor seiner Einbringung in den Stadtrat - ein bislang einmaliger Vorgang, der verdeutlichte, wie schlecht es um die mit rund 1,5 Milliarden Euro verschuldete Stadt steht. Jetzt hat der Stadtrat am Mittwoch endlich einen Etat für das laufende Jahr verabschiedet, nachdem die Verwaltung umfassende Nacharbeit geleistet und eine weitreichende Sparliste vorgelegt hatte.

Das Gremium einigte sich mehrheitlich auf einen Änderungsantrag von SPD und CDU, der einerseits Steuererhöhungen, andererseits einige Streichungen auf der Sparliste vorsah. So bleiben Einrichtungen wie Sleep Inn oder Stadtteilbibliotheken entgegen dem Vorschlag der Verwaltung erhalten. Die Freibadsaison wird nicht nur drei, sondern vier Monate dauern, und die Streichung des Sozialtickets wurde verhindert. Ab Juli wird die Vergnügungssteuer von 22 auf 25 Prozent erhöht, eine neue Bettensteuer soll ab dem Haushaltsjahr 2024 greifen.

Ausgeglichener Haushalt noch in weiter Ferne

Der Fehlbetrag für 2023 beträgt mit dem Kompromiss noch rund 31 Millionen Euro. Das ist zwar eine Verbesserung von etwa 67 Millionen Euro, aber immer noch weit entfernt vom Grundsatz des ausgeglichenen Haushalts. Wie geht es also weiter?

„Die Stadt wird die vom Stadtrat beschlossenen Änderungen in den endgültigen Haushaltsplan einarbeiten. Nach Eingang der Haushaltssatzung der ADD wird diese so schnell wie möglich geprüft und beschieden“, sagt eine Sprecherin der Landesbehörde auf Anfrage. Die gesetzliche Frist dafür liege bei zwei Monaten - durch Nachfragen oder Unklarheiten könne es aber zu Verzögerungen kommen. Zum aktuellen Zeitpunkt sei noch nicht final absehbar, ob der Etat genehmigt wird.

Kämmerer Schwarz: „Schwierige Jahre stehen bevor“

Ein maßgeblicher Faktor dafür ist für die ADD ein langfristiges Einsparprogramm. Aus diesem Grund legte Ludwigshafens Kämmerer Andreas Schwarz (SPD) dem Stadtrat am Mittwoch einen Eckwertebeschluss zur Abstimmung vor, mit dem sich Verwaltung und Rat zu einer schrittweisen Haushaltskonsolidierung in den kommenden Jahren verpflichten. „Uns stehen schwierige Jahre bevor“, sagte Schwarz. Der Zehnjahresplan sei aber ein wichtiges Signal an die ADD. Der Vorschlag wurde bei acht Gegenstimmen angenommen.

Die ADD begrüßt den Schritt. „Dass es der Stadt - im Schulterschluss aus Verwaltung und Stadtratsmehrheit und vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen - gelungen ist, sich auf eine verbindliche Konsolidierungsperspektive zu verständigen, wird positiv gewürdigt“, sagt die Sprecherin. „Mit diesem Schritt bringen die politischen Akteure zum Ausdruck, dass sie die Verbesserung der finanziellen Situation der Stadt als wesentliches Ziel der nächsten zehn Jahre angehen werden.“

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Mit einer Genehmigung würde in Ludwigshafen eine mehrmonatige „haushaltsfreie“ Zeit enden. Diese beschrieb SPD-Fraktionschef David Guthier in seiner Haushaltsrede als „absoluten Worst Case“. Vereine, Institutionen und Sozialverbände seien auf die Hilfe der Verwaltung angewiesen. „Heute geht es deshalb um nicht weniger als um den Rückgewinn von Handlungsfähigkeit“, betonte er. Der mit der CDU eingebrachte Antrag werde dem Spagat gerecht, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verabschieden, aber gleichzeitig „Mittel bereitzustellen, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt gewahrt bleibt“.

AfD und Grüne lehnen Antrag von CDU und SPD ab

Durch die Erhöhung der Vergnügungs- und die Einführung der Bettensteuer könnten ab 2024 jährlich 1,3 Millionen Euro zusätzlich eingenommen werden, warb auch CDU-Fraktionschef Peter Uebel für den Antrag. Gleichzeitig würden im Bereich Bildung, Jugend und Soziales schmerzhafte Abstriche verhindert. Uebel merkte aber auch an, dass die derzeitige Lage hausgemacht sei. Bereits im Dezember 2021 habe die CDU eine Kommission zur Haushaltskonsolidierung beantragt. „Die Oberbürgermeisterin hat dies verhindert“, kritisierte er Rathauschefin Jutta Steinruck, die krankheitsbedingt fehlte. „Dieses Fiasko wäre uns erspart geblieben.“

Die AfD stellte in Person von Pascal Bähr fest, dass Bund und Land der Stadt Pflichtaufgaben aufbürden, sie jedoch nicht mit entsprechenden Mitteln ausstatten. „Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es völlig unmöglich, jemals einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden.“

Hans-Uwe Daumann (Grüne) kritisierte, dass der „komplette Prozess zum Haushalt verkorkst“ gewesen sei. Die Stadt komme aus dem „Krisenmodus“ nicht mehr raus. In der aktuellen Situation sei es erwartbar gewesen, dass die Große Koalition aus SPD und CDU wieder zusammenfinde. „Zurück in die Zukunft“, kommentierte er. Wie die AfD lehnten auch die Grünen den Antrag von SPD und CDU und somit den Haushaltsplan ab.

Linke kritisiert BASF

Raik Dreher (Forum und Piraten) machte den Stadtvorstand für die Situation verantwortlich. „Vielleicht ist es ganz gut, dass die ADD die Verwaltung zum Handeln zwingt“, sagte er. Für Thomas Schell (FDP) kommt die Kehrtwende zu spät. Doch sie mache Hoffnung. „Lasst uns den Kämmerer nach Kräften unterstützen, binnen zehn Jahren endlich einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen“, forderte er. Rainer Metz (FWG) bedauerte, dass man als Stadtrat nur die „schlimmsten Verwerfungen“ verhindern könne, aber keinerlei Gestaltungsspielraum mehr habe.

Liborio Ciccarello und seine Linksfraktion nahmen einmal mehr die BASF in die Pflicht. Allein zwischen 2010 und 2020 habe der Konzern durch Steuergestaltung mehr als eine Milliarde Euro am Fiskus vorbeigeschleust, behauptete er. Eine von ihm beantragte Gewerbesteuererhöhung wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Bürger Für LU schlossen sich ebenso dem Kompromissvorschlag von SPD und CDU an wie der Einzelstadtrat Sevki Bilgin (BIG Partei).

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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