Mannheim. Wer dort durch den Matsch stapft, wo mal Publikum laufen soll, der versteht es sofort. Der Bau der Oper am Luisenpark (Opal), der Ersatzspielstätte des Nationaltheaters, wird sich noch länger hinziehen als gedacht und wird erneut teurer. Der Gemeinderat hat jetzt weitere 2,7 Millionen Euro für den Bau bewilligt. Es dauert aber noch bis Mitte Oktober 2024, bis sich auf dem früheren Oktoberfest-Platz gegenüber vom Carl-Benz-Stadion erstmals der Vorhang hebt - und damit fast zwei Jahre später als ursprünglich geplant.
Opal in Mannheim wird später fertig: Viele Probleme beim Bau
„Riesenprobleme“ - Tilmann Pröllochs, der Geschäftsführende Intendant, gebraucht das Wort gleich drei Mal während eines Rundgangs über die Baustelle. Diese Riesenprobleme habe die Firma hinterlassen, die Opal eigentlich schlüsselfertig erstellen sollte, aber vor einem Jahr Insolvenz anmeldete: das Unternehmen Metron Vilshofen.
Das zeigt schon der Weg zum künftigen Eingang. Er ist derzeit etwas matschig, aber sei anfangs „eine Schlammwüste“ gewesen, so Christian Hauss, der Projektleiter für Opal in der Geschäftsstelle Generalsanierung des Nationaltheaters. Er spricht von „massiven Problemen bei der Entwässerung“, die aufgetreten sind: „Da mussten wir noch mal ’ran“. Zwar seien erste Anzeichen bereits aufgefallen, als die Firma noch das Sagen auf der Baustelle hatte, „und wir haben oft nachgefragt, aber wir wurden immer wieder vertröstet“, so Hauss.
Und derartige Probleme sind mehrfach aufgetaucht - vom Boden bis zum Dach, wo sogar eine Regenrinne fehlte. Man habe auch bei der Decken- und Wandverkleidung „Tausende Schrauben nachziehen“ müssen, nennt Hauss ein weiteres Beispiel. „Da sind manche Dinge aufgeploppt“, seufzt er. Pröllochs fasst es mit den Worten zusammen, dass man auf „verdeckte und Planungs- und Ausführungsdefizite“ gestoßen sei, mit denen man nicht habe rechnen können.
Gemeinderat hatte zusätzliches Geld für die Ersatzspielstätte des NTM bewilligt
Schließlich hatte sich das Unternehmen Metron beim Baubeginn im Februar 2022 als erfahrenes Messebauunternehmen vorgestellt, das auf Messen, Events sowie Bau- und Innenausbau von Firmengebäuden spezialisiert ist und sonst für große Konzerne und die Internationale Automobilausstellung (IAA) arbeitete. Aber dann gab es mehrfach Verzögerungen - und schließlich im November 2022 die Insolvenz.
Da hatte die Stadt den mit dem Unternehmen verabredeten Festpreis von 13,5 Millionen Euro zwar bereits überwiesen. Doch zuvor vereinbarte sie eine Sicherheitsübereignung, womit der angefangene Bau wenigstens nicht in die Insolvenzmasse fiel. Ein Gutachten ergab zwar, dass Bau- und Montagearbeiten „in Teilbereichen fehlerhaft ausgeführt“ worden seien und es sogar bei der Planung Lücken gegeben habe. Die Stadt rang sich aber dazu durch, dass das Nationaltheater den Bau selbst fertigstellt. „Es hätte ja keinen Sinn gemacht, hier eine angefangene Ersatzspielstätte als Ruine stehenzulassen“, sagt Tilmann Pröllochs.
Baukosten für Opal steigen "überproportional"
Dafür stellte der Gemeinderat im Juni dieses Jahres zusätzliche Investitionsmittel von 6,3 Millionen Euro bereit - die aber nicht reichten. Als „Ergebnis der Ausschreibungen noch nicht vergebener Aufträge und Verhandlungen mit Baufirmen“ beziffert Pröllochs den zusätzlichen Bedarf auf 2,7 Millionen Euro. Er führt die Mehrkosten auf noch gar nicht beauftragte Teilplanungen sowie Mängel im Rohbau und der Technischen Gebäudeausrüstung sowie Aufwendungen für Schadensbehebung zurück.
Die 6,3 Millionen Euro vom Sommer hätten auf den damaligen Gutachten basiert, ergänzt Marcus Augsburger, Technischer Betriebsleiter der Generalsanierung. Aber „die haben uns viele, viele Mängel hinterlassen“ und seither seien die Baukosten zudem „überproportional“ gestiegen. Die Gesamtkosten betragen damit Stand jetzt 25,4 Millionen Euro. Aber eine rechtliche Auseinandersetzung mit der insolventen Firma Metron zu führen, „würde sieben bis acht Jahre dauern - bei ungewissem Ausgang“, so Augsburger.
Ein besonderes Problem sei die spezielle Theater- und Veranstaltungstechnik. Da sich die Branche seit der Corona-Pandemie in einem kompletten Wandel befinde, gebe es nur noch wenige Anbieter, und die könnten durch geschwächten Wettbewerb dank ihrer monopolähnlichen Stellung nun höhere Preise durchsetzen. Das habe allein bei der Bühnentechnik zu einer Kostensteigerung von 50 Prozent geführt.
Opal in Mannheim wird flexibel gebaut
Aber die Fertigstellung geht jetzt, nach anfänglichen Verzögerungen, voran. „Hier kommen außen noch Container für Besuchertoiletten und Garderoben davor“, erklärt Hauss am Eingang. Eine große, zweistöckige Stahlhalle stellt das Foyer dar. Hier seien auch kleine Aufführungen denkbar, „aber nicht parallel zu Programm auf der Bühne“, so Prollochs.
Alle Be- und Entlüftungsrohre sind offen sichtbar, Kabel auf Putz verlegt - das fällt auf. „Wir wollen so günstig wie möglich bauen und hinterfragen alle Materialien, jede technische Ausstattung, um Kosten einzusparen“, betont der Geschäftsführende Intendant. Schließlich gehe es auch darum, „die spätere Demontage zu erleichtern“, denn nach wie vor ist der Plan, dass es sich nur um einen temporären Bau handelt. „Er wird danach zurückgebaut und im Idealfall veräußert“, so Pröllochs.
Das würde auch in einzelnen Segmenten funktionieren. So ist die Tribüne, die rund 800 Plätze bietet, demontierbar. Sie hat 20 Stühle in der mittleren Reihe, jeweils neun in den beiden Außenreihen. „Es ist eine Gerüstkonstruktion, denn wir haben immer den Rückbau im Hinterkopf“, erklärt Projektleiter Hauss.
Der Orchestergraben besteht nur aus Magerbeton ohne Armierung, auf den zur Wärmedämmung Platten gelegt werden. Gerade wird an der Bühne gearbeitet. Der Bühnenboden ist schon da, mit 20 mal 20 Metern ist die Fläche so groß wie im Spielhaus am Goetheplatz. Eingebaut wurde eine Drehscheibe von 15 Metern Durchmesser für schnelle Verwandlungen während der Vorstellung, Versenkungen - wie am Goetheplatz - gibt es aber nicht. Vorhanden ist ein kleiner Bühnenturm, einige Seilzüge sind aus dem Opernhaus ausgebaut und hier installiert, erste Beleuchtungsbrücken montiert worden.
Ersatzspielstätte des NTM: 2025 soll Opal fertiggestellt sein
„Aber der ursprüngliche Zeitplan lässt sich nicht halten“, bedauert Pröllochs: „Wir brauchen mehr Zeit.“ Der nun erneut aktualisierte Terminplan geht davon aus, dass die bauliche Fertigstellung von Opal im Frühsommer 2024 gelingt. Aber dann folgt erst die Abnahme und Inbetriebnahme der Technik, schließlich Umzug und Einrichtung der Räume. „Vor September zu proben, ist nicht erreichbar“, sagt Pröllochs. Die erste Premiere hat die Oper daher auf Mitte Oktober 2024 terminiert.
Ab 2025 bis zum Abschluss der Generalsanierung, die Mitte 2027 beendet sein soll, verzichtet die Oper dafür auf die bisherige Ersatzspielstätte im Pfalzbau in Ludwigshafen. „Das hier wird dann unser zentrales Zuhause“, sagt Pröllochs. Dazu gehört auch ein zweistöckiges Containerdorf neben der Ersatzspielstätte für Büros, Maske, Umkleiden.
Kulturbürgermeister Michael Grötsch findet den Verzicht auf den Pfalzbau zwar „bedauerlich“, wie er sagt: „Allerdings lässt uns die aktuelle Situation keine andere Wahl“. Er bezeichnet die Fertigstellung der Interimsspielstätte Opal als „existenziell für das Nationaltheater“, andererseits müsse man angesichts der gestiegenen Baukosten „an allen Stellschrauben zur Kostenreduktion drehen, die uns noch zur Verfügung stehen“. Daher gewährt die Stadt von den zusätzlich nötigen 2,7 Millionen Euro dem Theater nur eine Million, während es 1,7 Millionen durch den Verzicht auf die Anmietung vom Pfalzbau selbst erbringen muss.
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