Ludwigshafen. Für gewöhnlich zählen die Drehbuchautoren in der Filmszene selten zu denjenigen, denen der ganz große Ruhm zuteilwird. Zu speziell ist ihre Arbeit, zu verborgen ihre Kunst. Und auch Festivaldirektor Michael Kötz macht auf der Parkinsel in Ludwigshafen kein Geheimnis daraus, dass all die lebhaften Dialoge und still ausgedrückten Gedanken, mit denen Schauspieler später glänzen, wohl häufig auf einsamen, kreativen Pfaden ihren Weg auf das Papier finden. Bei einem Kaffee auf der Terrasse, während eines Spaziergangs in der Natur, in durchwachten Nächten. Dennoch - und das stellt Kötz unmissverständlich klar - gäbe es ohne die sehr guten Bücher in einem Ozean der Filmtexte noch nicht einmal die Hälfte an cineastischen Großtaten zu bestaunen.
Vielleicht ist es genau der Grund, aus dem das Festival des Deutschen Films nicht nur einen Drehbuchpreis vergibt, sondern ihn auch ganz bewusst auf der ganz großen Bühne zelebriert. Dass es nach solch großen Worten der Ankündigung auch zwei Größen ihrer Zunft sind, die ihn überreicht bekommen, passt da geradezu sinnträchtig ins Bild.
Seit 30 Jahren Arbeit im Team
Denn es sind Eva und Volker A. Zahn, die vor hunderten Zuschauern im Kinozelt ins Scheinwerferlicht treten - und dabei ganz und gar bescheiden wirken. Er, der studierte Politologe und Germanist, sie die Historikerin und Sozialpsychologin, die sich zuerst als Journalisten einen Namen machten, um sich in den 1990er Jahren als Duo ganz dem Schreiben für den Film zu widmen.
Nicht ohne Stolz betont Kötz, das Festival ehre die Zahns quasi zum perfekten Zeitpunkt. Denn in diesem Jahr blickt das Arbeits- und Ehepaar nicht nur auf insgesamt 130 verfilmte Bücher zurück - es sind auch genau drei Jahrzehnte, die beide im gemeinsamen Wirken verbinden. Denn ob „Bella Block“ oder „Ein starkes Team“, „Die Chefin“ oder dem eindrucksvollen Film „Aufbruch ins Ungewisse“: Zahllose Leinwandminuten wären ohne sie mitunter frei von der inhaltlichen Tiefe geblieben, für die sie nun in Ludwigshafen geehrt wurden.
Subtil bis souverän
Keineswegs zufällig kommt dem Festivalchef daher die Anekdote über die Lippen, er habe an einem ohnehin anstrengenden Tag in der Sichtungsphase des Festivals eigentlich nur begrenzt viel Lust verspürt, von der Schwere eines „Borowski-Tatorts“ kosten zu müssen - bis die 90 Minuten von „Borowski und die große Wut“ dann begonnen hätten. Ganz leise und aufmerksam sei er plötzlich geworden, habe gelauscht und sich hineinfallen lassen in die beklemmend offene Geschichte eines Mädchens, das aus der prägenden Erfahrung des sexuellen Missbrauchs ihre eigenen - tragischen - Konsequenzen zieht.
Auch die Zuschauer im Zelt dürfen Konversationen erleben, die dem großen Krimi-Drama subtile, humorvolle Sticheleichen, aber auch den souveränen Weitblick des Ermittlers Borowski offenbaren - und dabei im besten Sinne des Wortes über die Geschichte alleine hinausreichen. Was auch wieder zurück zu Kötz’ Laudatio führt, in der er - selbst ganz lyrisch - klarstellt: „Die Poesie liegt in den Visionen, die man nicht lesen kann.“ So gesehen ist die Auszeichnung für die Zahns an diesem Abend fast schon eine visionäre Wertschätzung für ihr Lebenswerk. Auch, wenn sich Fernsehdeutschland wünschen darf, dass es zukünftig noch zahlreiche Bücher des Paares geben wird, die wichtigen Reihen und Filmen verbal Kontur verleihen.
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