Pandemie - So wollen die Unternehmen der kritischen Infrastruktur Produktion und Versorgung sichern

Firmen der Region schärfen wegen Omikron Krisenpläne nach

Von 
Bettina Eschbacher , Martin Geiger , Tatjana Junker , Christian Schall und Walter Serif
Lesedauer: 
Omikron-Folgen: Leere Regale in einem Supermarkt in Cranberry Township in den USA. Deutsche Händler wollen es nicht so weit kommen lassen. © dpa

Region Rhein-Neckar. Streng getrennte Schichten und Teams, geschlossene Kantinen, mehr Corona-Tests, Homeoffice, wo es nur geht – so wollen in der Metropolregion die Unternehmen der kritischen Infrastruktur Produktion und Versorgung sichern.

Stadtwerk Tauberfranken

Bei dem Energieversorger arbeiten rund 40 Prozent der Beschäftigten in kritischen Bereichen. Damit hier möglichst wenige gleichzeitig ausfallen, seien u.a. die Mitarbeitenden in der Technik in zwei Teams aufgeteilt, die sich nicht treffen dürfen. „Die Abläufe sind so organisiert, dass sie sich im Betrieb nicht begegnen. Wenn ein Team wegen Krankheit oder Quarantäne ausfällt, bleibt das andere so voll einsatzfähig“, sagt Paul Gehrig, Sprecher der Geschäftsführung. In hochsensiblen Bereichen wie der IT oder der Leitstelle dürfe jeweils nur eine verantwortliche Person im Büro sein, die übrigen seien im Homeoffice. Zudem gebe es schon seit einigen Jahren eine Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Wertheim. „Wenn es zu Engpässen käme, würden wir uns wechselseitig aushelfen, auch personell, um die Energieversorgung zu sichern“, sagt Gehrig.

MVV Energie

Bei dem Mannheimer Energieunternehmen mit rund 6500 Mitarbeitenden wurden die Notfallpläne mit Blick auf eine Omikron-Welle nachgeschärft. Mit besonderem Fokus auf kritische Einheiten: Schichtpläne wurden dahingehend noch einmal verändert, dass die Kontakte der verschiedenen Schichten noch konsequenter getrennt wurden. Damit sollen Infektionsmöglichkeiten untereinander vermieden werden. „Dies gilt beispielsweise für Bereiche wie Netzleitwarten“, erklärt ein Sprecher des Unternehmens. Überall dort, wo die Arbeit aus dem Homeoffice gemacht werden kann, werde sie auch dort erledigt. „Die Belieferung aller unserer Kundinnen und Kunden ist jederzeit gesichert und wird dies auch bleiben.“

Mehr zum Thema

Kommentar Die Wirtschaft ist auf eine Omikron-Welle gut vorbereitet

Veröffentlicht
Kommentar von
Bettina Eschbacher
Mehr erfahren
Corona

Schutz vor Omikron: Mannheimer Retter beugen Infektionen vor

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Drohender Personalmangel

Omikron-Welle: Wie die kritische Infrastruktur in der Region vorbereitet ist

Veröffentlicht
Von
Julius Paul Prior
Mehr erfahren

Rewe

Thomas Viering betreibt zwei Rewe-Märkte in der Mannheimer Innenstadt - einen in Q6/Q7 und einen im Quadrat S6. Er sieht sich und seine Beschäftigten gegen Omikron gut aufgestellt. „Wir haben in meinen beiden Märkten aktuell eine Impfquote von 100 Prozent, weil wir uns unserer Verantwortung bewusst sind. Zudem sind bereits sehr viele Mitarbeiter geboostert“, sagt er. Seit Beginn der Pandemie habe es noch keinen Corona-Fall in der Belegschaft gegeben. „Folglich bin ich recht zuversichtlich, dass unsere Schutzmaßnahmen weiterhin greifen werden - auch im Fall von Omikron.“

Rhein-Neckar-Verkehr GmbH

Das Verkehrsunternehmen hat laut einem Sprecher verschiedene Notfallkonzepte in der Schublade, falls viele der insgesamt gut 1200 Fahrerinnen und Fahrer gleichzeitig ausfallen. Ziel sei es, den Verkehr in den drei Städten Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen flächendeckend und verlässlich aufrechtzuerhalten. Konkret heißt das: Bei Bedarf werden die Bus- und Bahnfahrpläne etwas ausgedünnt und einzelne Fahrten vorübergehend gestrichen. „Das passiert dann aber mit Vorlauf, so dass sich die Fahrgäste darauf einstellen können. Überraschende Ausfälle soll es nicht geben“, so der Sprecher. Auch würden bei der Planung Faktoren wie Stoßzeiten, Anschlüsse und die räumliche Lage großer Arbeitgeber berücksichtigt.

Diringer & Scheidel

Zu der Mannheimer Unternehmensgruppe gehört der Seniorendienstleister avendi mit 20 Pflegeeinrichtungen. Die Notfallpläne würden ständig angepasst, heißt es bei avendi. „Personalengpässe sind im Pflegebereich generell schwer abzufedern“, sagt avendi-Geschäftsführer Achim Ihrig. Er setzt auf die „hohe Impfquote“ der Belegschaft und der Bewohner sowie die jetzt verkürzten Quarantäneregeln für Beschäftigte der kritischen Infrastruktur. Das könne „eventuelle Personalengpässe hinsichtlich Omikron zumindest entzerren“. Und an Standorten, wo avendi mehrere Einrichtungen in räumlicher Nähe betreibt, lassen sich Engpässe laut Ihrig durch Beschäftigte aus anderen avendi-Häusern kompensieren. Anders sieht es in den Bausparten von Diringer & Scheidel aus: Die völlig unterschiedlichen technischen Anforderungen von Baustellen wären personell mit Notfallplänen nicht zu erfüllen, erklärt Karlheinz Heffner, der den Baubereich verantwortet. Gegebenenfalls würde eine Baustelle wegen Corona-Ausfällen später fertig werden. Bisher sei das aber noch nicht vorgekommen.

Grosskraftwerk Mannheim

Deutschlands größtes Steinkohlekraftwerk passt seinen Pandemieplan laufend an die aktuelle Corona-Lage an, sagt Sprecher Thomas Schmidt: „Ein Koordinierungskreis beobachtet und analysiert seit Beginn der Pandemie die Entwicklungen genau, führt regelmäßige Risikobewertungen durch und steht in engem Austausch mit den zuständigen Behörden.“ Wo immer es geht, setze das GKM auf Homeoffice. „Und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für besonders sensible Bereiche verantwortlich sind, arbeiten räumlich getrennt voneinander“, erklärt Schmidt. Für die Leitwarten des Kraftwerks gebe es darüber hinaus noch weitere Regelungen wie Notfallschichtpläne, Maßnahmen zur Isolierung ganzer Abteilungen sowie die Vorbereitung von Übernachtungsmöglichkeiten für das Schlüsselpersonal.

Roche

Das Pharmaunternehmen will vor allem die Infektionsketten unterbrechen oder erst gar nicht entstehen lassen, wie eine Sprecherin erläutert. „Vor Ort arbeiten deshalb nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die es wirklich braucht, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten weltweit mit lebenswichtigen Medikamenten und Diagnostika zu gewährleisten“, sagt Sprecherin Lena Raditsch. Am Mannheimer Standort sind es nach ihren Angaben rund 2800 Beschäftigte, das ist ein Drittel der Belegschaft. Außerdem arbeiteten die Beschäftigten, wenn möglich, nach Kohorten getrennt. „Deshalb schätzen wir die Gefahr eines Betriebsausfalls gering ein“, so die Sprecherin

Pfenning

Beim Logistikunternehmen in Heddesheim heißt das Motto: testen, testen, testen. Ungeimpfte werden täglich, alle anderen drei Mal pro Woche getestet, erklärt Sprecherin Yeliz Kavak-Küstner. „Im Falle einer positiven Infektion testen wir innerhalb des betroffenen Arbeitsumfelds alle Kolleginnen und Kollegen täglich.“ Deshalb, so die Sprecherin, sieht das Unternehmen aktuell keinen Bedarf für weitergehende Maßnahmen. Pfenning begrüßt, dass Kontaktpersonen nicht mehr in Quarantäne müssen, verweist aber darauf, dass diese ohnehin über einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen täglich getestet würden. Außerdem hat das Unternehmen der Belegschaft laut der Sprecherin zahlreiche Impfmöglichkeiten angeboten, weshalb die Impfquote hoch sei.

Trans-o-flex

Der Speziallogistikanbieter beschäftigt in der Weinheimer Zentrale 452 Mitarbeiter. Dabei handelt es sich vor allem um kaufmännisches Personal, das entweder im Homeoffice oder in Einzelbüros sitzt. Die Anzahl der Mitarbeiter, die für den operativen Bereich erforderlich ist, schwankt demnach je nach Mengenaufkommen. „Deshalb setzen wir zur Unterstützung bereits heute auf zusätzliches Fremdpersonal, Werkdienstleister und externe Fahrer“, so Sprecherin Sabine Kolaric. Dadurch sei das Unternehmen „bis zu einem gewissen Grad auch vor einer Betriebsstörung geschützt“. Gegebenenfalls würden weitere Notfallmechanismen greifen, wie der Einsatz von Arbeitskräften aus anderen Standorten oder die zusätzliche Einstellung von externem Personal.

Alnatura

Am Firmensitz der Bio-Handelskette in Darmstadt, dem Alnatura Campus, arbeiten nach Angaben einer Sprecherin die „allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mobil von zu Hause“. Sollten mehrere Kolleginnen und Kollegen in einem Alnatura Markt an Omikron erkranken, „erhalten sie Unterstützung von Mitarbeitenden aus anderen Märkten oder Städten“.

Phoenix

Beim Mannheimer Pharmagroßhändler gibt es „umfassende Notfallpläne, um für Apotheken und Patienten die tägliche Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen“, sagte ein Sprecher. Durch die Notfallpläne sei die Belieferung weiterhin gewährleistet. Mobiles Arbeiten werde „weitreichend angeboten und genutzt“. Zudem biete Phoenix den Beschäftigten Impftermine sowie kostenlose Masken und Desinfektionsmittel an.

BASF

Der Corona-Krisenstab des Chemiekonzerns hat aktuell die Schutzmaßnahmen am Standort Ludwigshafen angepasst. In Produktion, Technik und Forschung geschieht das individuell je nach Betrieb. Beispielsweise werden laut einer Sprecherin Produktionsschichten strikt getrennt oder Reservepersonal werde in den Schichten vorgehalten. Die Kantinen auf dem Werksgelände des größten Arbeitgebers der Region sind ab diesem Donnerstag geschlossen. BASF biete jedoch wieder Abhol-Angebote und den internen Essenslieferservice an. Präsenz-Meetings werden auf drei Personen eingeschränkt. Ausnahmen gelten für betrieblich oder rechtlich notwendige größere Treffen. Das BASF-Impfzentrum in Ludwigshafen ist weiterhin in Betrieb. Bisher erhielten rund 17 000 Beschäftigte die Boosterimpfung.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

Redaktion Wirtschaftsreporterin

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

Thema : Coronavirus - aktuelle Entwicklungen im Überblick

  • Mannheim Urlaub und die Pflicht zur Online-Registrierung: Was Reiserückkehrer beachten müssen

    Wer Urlaub in einem Risikogebiet (Inzidenz über 50) macht, muss bei der Rückkehr nach Deutschland einiges beachten. Selbst Geimpften und Genesenen drohen Bußgelder, wenn sie sich nicht anmelden.

    Mehr erfahren
  • Karte und Grafiken Coronavirus: Fallzahlen aus Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg und Rhein-Neckar

    Wie viele Coronavirus-Fälle wurden in der Region registriert? Wir geben einen Überblick über die bestätigten Fälle in der Metropolregion Rhein-Neckar und im Main-Tauber-Kreis.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen