MA Mannheim. Für alte Menschen, Obdachlose, Menschen ohne Arbeit und viele andere scheint die Vesperkirche wichtiger denn je zu sein: In den vergangenen vier Wochen wurden insgesamt rund 18.300 Essen ausgegeben. Das sind noch einmal gut 800 mehr als im vergangenen Jahr.
Bedürftige Menschen bekommen allerdings nicht nur eine warme Mahlzeit serviert, sondern erleben die Vesperkirche auch als Ort der Menschlichkeit, an dem man ihnen mit Wertschätzung und Freundlichkeit begegnet – für viele leider keine Selbstverständlichkeit.
Die Initiative, die von der Evangelischen Kirche organisiert und von einem breiten Netzwerk an Spendern und Helfenden mitgetragen wird, ist längst zu einer festen Institution in der Stadt geworden. Den Einsatz so vieler Menschen kann man gar nicht genug loben.
Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass sich hier vier Wochen lang nur das offenbart, was das ganze Jahr über Alltag für einen nicht unbeträchtlichen Teil unserer Stadtbevölkerung ist: dass er am gesellschaftlichen Leben nicht teilnehmen kann. Denn die Vesperkirche ist vor allem auch eins: ein politisches Signal. Und die erneut gestiegene Anzahl an ausgegebenen Mahlzeiten untermauert nur das, was im Sozialatlas bereits schwarz auf weiß geschrieben steht: Die Armut in Mannheim wie in ganz Deutschland stagniert auf hohem Niveau. Und sie trifft zunehmend ältere Menschen, denen ihre Rente hinten und vorne nicht reicht.
Die Diakonie hat in diesem Jahr auf die vielfältigen sozialen Herausforderungen reagiert und ihr Beratungsangebot in der Vesperkirche noch breiter aufgestellt. Die größte Nachfrage verzeichnen die Organisatoren bei der Wohnungsberatung. Mangelnder Wohnraum, hohe Mieten und eine Digitalisierungsbarriere bei der Wohnungssuche bilden schier unüberwindbare Hindernisse. Hier wurde in den vergangenen vier Wochen nun die Idee eines Lotsenprojekts entwickelt. Ratsuchende könnten von einem ehrenamtlichen Tandempartner unterstützt werden, der bei Anträgen hilft. Nur ein Beispiel, wie die Vesperkirche wirkt. Auch über ihre vierwöchige Dauer hinaus.
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