Mannheim. Die SMS kommt um 14.20 Uhr. „Wir haben gerade entschieden, morgen um 12:00 Uhr mit dem Einbau der Deckschicht zu beginnen.“ Eine Entscheidung, die sich Dirk Eggert am Mittwoch nicht leicht gemacht hat – weil sie auch mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Zwei Stunden zuvor können wir das natürlich noch nicht wissen, als uns der Geschäftsführer der Rhein-Neckar Flugplatz GmbH in der Eingangshalle des City Airport Mannheim empfängt. Die gelbe Schutzweste hat er schon an, denn wir wollen uns gleich die Großbaustelle ansehen, die Start- und Landebahn wird ja komplett erneuert.
Lockdown am Mannheim City Airport
Im Vorbeigehen noch ein kurzer Plausch mit Chris Rihm, der hinter dem Schalter seines Reisebüros „sonnenklar“ steht. Der Inhaber hat nicht viel zu tun, weil die neu gegründete Mannheim City Air - mit der er zusammenarbeitet – die Saison am ersten Oktoberwochenende beendet hat. Linienflüge gibt es erst wieder im Frühjahr 2026. Derzeit kann Rihm nur Buchungen nach Sylt bearbeiten. Ob und wann das auch für Elba und Usedom der Fall sein wird, entscheidet sich erst in den nächsten Wochen.
Während Rihm in seinen Computer schaut, gehen wir am Bistro vorbei, das anders als zu Corona-Zeiten nicht geschlossen ist. Die Kaffeemaschine läuft aber nicht. Kein Wunder, denn in gewisser Weise hat Eggert auch einen Lockdown verhängt. Der City Airport Mannheim ist wegen der Bauarbeiten für den Flugverkehr gesperrt. Zwei Wochen geht nichts, nur der Rettungshubschrauber Christoph 53 und zwei weitere Helikopter von Privatfirmen dürfen auf dem Vorplatz vom Terminal starten und landen.
„Wir stehen mächtig unter Druck“, sagt Eggert, als wir ins Auto steigen und zur Großbaustelle fahren. „Geschlafen habe ich heute Nacht nicht besonders viel, es gab ein paar Stunden Leerlauf, aber der Terminplan ist nicht gefährdet“, sagt er. Bis Mitternacht, 30. Oktober, müssen die Bauarbeiter fertig sein. Dann läuft nämlich die vom Regierungspräsidium Stuttgart bewilligte Befreiung von der Betriebspflicht ab. Da es noch einen Puffer von zwei Tagen gibt, müsste das doch zu schaffen sein. Der ganz große Stress ist ja anscheinend vorbei, der Bautrupp arbeitet jetzt nicht mehr in zwei Schichten rund um die Uhr, sondern nur noch am Tag.
Im gefühlten Schneckentempo geht es stetig voran
Was soll da also schiefgehen? Mehrere Walzen – warum die eine rot und die andere gelb ist, kann nicht einmal Projektleiter Marco Rieß beantworten – planieren gerade den Asphalt. Im gefühlten Schneckentempo geht es langsam, aber stetig voran. Wenn man den Baufahrzeugen längere Zeit zuschauen würde, hätte das womöglich eine sedierende Wirkung und könnte die Entspannungsphase beim Yoga ersetzen. Scherz beiseite, die Walzen machen einen Höllenlärm, die Bauarbeiter tragen einen Gehörschutz und müssen die Vibrationen ertragen.
Doch wie auf jeder Baustelle müssen die handelnden Personen auch Unwägbarkeiten einkalkulieren. Dirk Eggert und der Projektleiter vom Ingenieursbüro Sack und Partner aus dem Neckar-Odenwald-Kreis schauen gebannt auf die Displays ihrer Mobilgeräte und rufen die Wetter-Apps ab. Sie müssen entscheiden, wie es am nächsten Tag weitergehen soll. Der Bautrupp soll die Deckschicht des ersten Abschnitts der Start- und Landebahn fertigmachen. 40 Lkw werden dann 400 Ladungen Asphalt, der eine Temperatur von 169 Grad haben muss, anliefern. „Eine gewisse Regenmenge ist noch ok, wenn der Niederschlag aber zu groß ist, können wir das Material nicht verarbeiten und müssen es wegwerfen“, sagt Projektleiter Rieß und bringt es auf den Punkt: „Der Wettergott muss mitspielen.“
Klar ist aber auch, dass nur ein mehrtägiger Dauerregen den Zeitplan völlig durcheinander bringen würde. Und sollte es tatsächlich länger dauern, bliebe dem Regierungspräsidium auch nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren. Aber natürlich wünschen sich die Kunden wie zum Beispiel die TSG Hoffenheim, dass der Flugplatz wieder pünktlich aufmacht.
Die schiere Menge des Materials macht den Unterschied aus
Projektleiter Rieß hofft jedenfalls, dass alles glattgeht. „Bautechnisch stellt uns die Erneuerung der Landebahn vor keine große Herausforderung. Aber die Menge des Materials ist schon außergewöhnlich. 50 bis 60 Lkw müssen 16.500 Tonnen Asphalt anliefern und das Material muss dann in kurzer Zeit verarbeitet werden“, sagt er. Doch damit nicht genug. „Wir stellen ja parallel die gesamte Landebahnbeleuchtung auf energiesparende LED um. Das sind im Anflugbereich etwa 100 Lichter“, sagt Eggert. Ist das wirklich so eine große Sache? „Bevor die Asphaltschicht draufkommt, müssen ja die Leerrohre für die insgesamt 39 Kilometer langen Kabel verlegt werden. Jedes der 140 Lichter bekommt ein Fundament, das unter der Deckschicht von oben 60 Zentimeter tief angebohrt werden muss.“
Weil das alles so kompliziert ist, wurde die 1.066 Meter und 25 Meter breite Start- und Landebahn in zwei Bauabschnitte unterteilt. Die ersten 800 Meter sollen am Donnerstag fertig sein, der zweite Abschnitt am Samstag. „Dann kommt die Beleuchtung dran“, sagt Eggert. Das gilt natürlich nur, wenn Petrus mitspielt. „Kosten und Termine sind die wichtigsten Faktoren bei Baumaßnahmen. Die Arbeit macht natürlich Spaß, aber da ist halt auch viel Druck dahinter. Deshalb bin ich dann schon froh, wenn wir fertig sind und Herr Eggert zufrieden ist“, sagt Rieß.
Bisher voll im Kostenplan
Apropos Kosten: 3,5 Millionen Euro hat der Aufsichtsrat der Flugplatz GmbH bewilligt. „Wir sind voll im Plan“, sagt Eggert. Der Hauptauftragnehmer, die Firma Porr aus Münster, und die Mannheimer ADB Safegate (für die Beleuchtung) haben Kostendisziplin bewahrt. Das kommt im Baugewerbe auch nicht alle Tage vor.
Und ein bisschen Glück muss man halt auch auf der Großbaustelle haben. Der Wettergott meint es am Donnerstag gut mit Eggert und Rieß. Am Mittag hört der Regen endlich auf, sogar die Sonne bricht durch die Wolken kurz durch. Die Bauleute können in die Hände spucken und den Asphalt für die Deckschicht auf der Landebahn verarbeiten.
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