Gesundheit

Was das Aus am Standort Theresienkrankenhaus für die Mannheimer bedeutet

Der Betreiber steckt in einer wirtschaftlich schwierigen Lage und ordnet seine Mannheimer Krankenhäuser neu. Welche Folgen das für Mitarbeiter und Patienten hat, erklären die Verantwortlichen im Interview.

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Die Barmherzigen Brüder Trier als Betreiber geben das Mannheimer Theresien-Krankenhaus als eigenständigen Standort früher als bislang vorgesehen auf. © Christoph Bluethner

Mannheim. Jetzt steht fest: Weit früher als angepeilt bündelt das Brüderklinikum Julia Lanz seine stationäre Patientenversorgung im Mannheimer Süden am Standort Diako und schließt aus wirtschaftlichen Gründen einige der medizinischen Fachabteilungen im Theresien-Krankenhaus. Darüber sprach diese Redaktion mit Frank Zils, Sprecher der Geschäftsführung der BBT-Gruppe (Barmherzige Brüder Tier), mit Ulrike Heesemann, Regionalleiterin und Fachärztin, und mit Julia Bergmann, kaufmännische Vize-Direktorin.

Der Saal im Theresien war knallvoll, als die Geschäftsführung Beschäftigte über ihre Zukunftsstrategie mit spürbaren Einschnitten informierte. Wie lautete die Kernbotschaft?

Frank Zils: Dass wir uns in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Situation befinden und für Defizite keine Gegenfinanzierung haben – was auch für andere Krankenhäuser gilt. Und deshalb heißt es zügig und konsequent handeln.

Das bedeutet konkret?

Zils: Die angestrebte Einhäusigkeit muss schnell umgesetzt werden. Und damit wird die stationäre Versorgung am Standort Diako bis 30. Juni 2026 konzentriert. Das Konzept beinhaltet bedauerlicherweise auch, Fachabteilungen zu schließen.

Welche medizinischen Fächer werden in welchem Zeitraum wegfallen?

Julia Bergmann: Wir bereiten bis Ende des Jahres die beabsichtigte Schließung der Gefäßchirurgie, Urologie, Pneumologie samt Schlaflabor vor. Der Bereich Lungenheilkunde bleibt als einziger bis Mitte 2026 bestehen. Aufgelöst wird ebenfalls die Belegabteilung Hals-Nasen-Ohren. Begleitend laufen intensive Gespräche mit dem Gesundheitsministerium in Stuttgart.

Bei den genannten Fachbereichen stehen keine Pensionierungen von Chefärzten an. Außerdem ist medizinisches wie pflegerisches Personal betroffen.

Zils: Ende Oktober sollen Sozialpläne verhandelt werden. Auch wenn es kein leichter Schritt für die Geschäftsführung ist – betriebsbedingte Kündigungen werden nicht ausbleiben.

Die Nachricht dürfte bei der außerordentlichen Versammlung ziemlich eingeschlagen haben.

Ulrike Heesemann: Wir stehen in engem Austausch mit den betroffenen Teams und werden jede einzelne Person individuell begleiten. Wir wollen für alle die jeweils bestmögliche Lösung finden.

Künftig soll es vier medizinische Zentren geben. Welche Überlegungen waren ausschlaggebend?

Bergmann: Natürlich die organisatorische Machbarkeit, aber auch die Prognose von Abteilungsergebnissen, Wettbewerbsfähigkeit und Qualitätskriterien.

Wie setzten sich die vier Zentren zusammen?

Bergmann: Die chirurgische Abteilung mit Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Allgemein- und Viszeralchirurgie bildet mit der Gynäkologie ein Zentrum. Zum internistischen Schwerpunkt gehören Kardiologie und Gastroenterologie. Altersmedizin bildet ein weiteres Zentrum mit Akutgeriatrie, Neurologie samt Stroke Unit, also Schlaganfalleinheit, Palliativmedizin und Alterstraumatologie –angedockt die geriatrische Reha. Die Geburtsmedizin ist ein eigenes Zentrum.

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Und die Intensivstationen?

Bergmann: Die bleiben natürlich als wichtiger Bestandteil der chirurgischen und internistischen Zentren. Am Diako gibt es aktuell 18 Betten für Intensivmedizin, die bedarfsgerecht erweitert werden sollen. Neu vorgesehen ist eine Intermediate-Care-Einheit, eine Station für Überwachung, aber ohne künstliche Beatmung.

Aus zwei mach eins: aus TKH und Diako das Brüderklinikum Julia Lanz. Da werden natürlich auch nicht-medizinische Bereiche überflüssig.

Bergmann: Ja, dies trifft auf einige Bereiche zu, beispielsweise für die Küche, Reinigungsdienste, die Zentralsterilisation wie für Technik und Verwaltung.

Die Konzentration der stationären Versorgung im Mannheimer Süden und damit die Aufgabe von teuren Doppelstrukturen an zwei Standorten war eigentlich bis spätestens 2029 angepeilt.

Zils: Bis dahin zu warten, können wir uns nicht leisten. Die Umzüge starten ab Anfang des kommenden Jahres. Und ab nächster Woche werden diese vorbereitet.

Sind dafür am Standort Diako größere Baumaßnahmen nötig?

Bergmann: Eher kleinere Umbauten. Beispielsweise benötigt die Kardiologie Räumlichkeiten, die für ihre Herzkatheter-Labore geeignet sind. Erweitert werden muss die zentrale Notaufnahme. Vielleicht wird ein Anbau im Modulverfahren notwendig.

Ab wann ist das TKH-Gebäude gewissermaßen geräumt?

Zils: Ab Mitte 2026 gibt es dort keine Stationen mehr. Bis Ende nächsten Jahres oder spätestens Ende 2027 wird auch die dortige Verwaltung, außerdem die Schule für Gesundheitsfachberufe ausgezogen sein.

Was geschieht mit dem 1929 zwischen Neckar und Luisenpark errichteten und später mehrfach erweiterten Gebäude?

Heesemann: Das ist noch offen und hängt auch davon ab, wie wir die von den Kassen geforderte Ambulantisierung, also Eingriffe ohne stationären Aufenthalt, umsetzen. Ein für uns wichtiger Bereich. Wir sind gerade dabei, ein Setting zu entwickeln, das hohe Qualität ermöglicht und langfristig tragen soll.

Und wie geht es mit der Ende 2020 in A 2 geschlossenen und seitdem leer stehenden St. Hedwig-Klinik weiter, in der über neun Jahrzehnte Babys zur Welt kamen?

Zils: Bisher haben wir keine Nachnutzung gefunden. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass wir die Immobilie veräußern.

Dr. Ulrike Heesemann, Regionalleiterin, Dr. Frank Zils, Geschäftsführer der BBT-Gruppe und Julia Bergmann, stellv. kaufmännische Direktorin am Brüderklinikum Julia Lanz (v.l.). © Brüderklinikum Julia Lanz

Steht auch das TKH-Gebäude zum Verkauf, falls dies nicht für ambulante Eingriffe genutzt werden sollte?

Zils: Wie gesagt, das ist noch offen – aber möglich.

Fürs wirtschaftliche Überleben eines Krankenhauses wird künftig die Zuteilung sogenannter Leistungsgruppen existentiell sein, um überhaupt Behandlungen abrechnen zu können. Dafür gilt es definierte Qualitätskriterien sowie Fallzahlen zu erfüllen. In welchen Bereichen fühlt sich das Brüderklinikum Julia Lanz besonders gut aufgestellt?

Heesemann: Wir sind in allen Fachbereichen, die wir behalten, gut aufgestellt. In der Kardiologie, unserer größten medizinischen Fachabteilung, werden wir wohl alle drei beantragten Leistungsgruppen auch zugesprochen bekommen. Besonders stark sind wir auch in der Altersmedizin.

Stellt man dafür Anträge, hofft, bangt und wartet ab?

Heesemann: Wir sind mit dem Ministerium in engem Kontakt und tauschen uns auch mit dem Mannheimer Uni-Klinikum wie anderen Häusern aus. Es geht schließlich auch darum, in einer Region sinnvolle Versorgungsstrukturen zu schaffen. Und ja, das Thema Leistungsgruppen treibt uns um.

Freie Autorin

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