Schriesheim

Strahlenburg Schriesheim: Wohnen in einem Wahrzeichen

Einen ganz außergewöhnlichen Wohnort hat seit fast einem Jahrhundert die Familie Lauer in Schriesheim: Ihr gehört die aus dem 13. Jahrhundert stammende Strahlenburg hoch über den Weinbergen der Bergstraße

Von 
Konstantin Groß
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Hoch über den Weinbergen der Bergstraße: die Ruine der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Schriesheimer Strahlenburg mit einem ihrer erst im 20. Jahrhundert entstandenen Seitengebäude. Nun steht das Bauwerk zum Verkauf. © Konstantin Groß

Schriesheim. Wie wollen wir wohnen? Würde man Kinder danach fragen, dann käme wohl nicht selten die Antwort: wie ein Ritter oder eine Prinzessin, also auf einer Burg. In Schriesheim ist dieser Kindertraum Realität: Die Strahlenburg hoch über der Bergstraße wird bis heute bewohnt, und zwar von Marcia Lauer (kleines Bild) aus jener Familie, der das denkmalgeschützte Bauwerk seit fast einem Jahrhundert gehört. Noch. Denn nun soll dieses Wahrzeichen von Schriesheim zum Verkauf stehen.

Gerne hätten wir mit Fotos gezeigt, wie das Wohnen auf dieser Burg so aussieht, die Burgherrin in ihrem Heim besucht. Doch Marcia Lauer, Witwe des früheren Besitzers Heinz Lauer, lebt von der Öffentlichkeit zurückgezogen, steht für Interviews oder gar fotografische Home Storys nicht zur Verfügung. Ihr letzter Auftritt vor Presse erfolgt vor zwölf Jahren - bei einem Ortstermin der SPD, die damit ihren Antrag für einen städtischen Zuschuss zur Sanierung des Burgturms propagieren möchte. Damals entsteht auch das auf dieser Seite zu sehende Foto.

Marcia Lauer © privat

Ganz anders agiert Gilbert Lauer, Sohn von Karl Lauer, Bruder von Marcias verstorbenem Ehemann. Gilbert Lauer, der an diesem Freitag übrigens 65. Geburtstag gefeiert hat, wohnt einst ebenfalls auf der Burg, identifiziert sich mit ihr bis heute, betreibt sogar eine eigene Website über das Bauwerk (www.strahlenburg-lauer.de). „Wir bedauern diese Entwicklung sehr“, kommentiert er für seinen Zweig der Familie den anstehenden Verkauf: „Die Strahlenburg ist ein prägender Bestandteil unserer Familiengeschichte.“

Um 1235 durch Conrad von Strahlenberg erbaut, werden die Grafen von Oberndorff 1784 Pächter und 1828 Eigentümer des Bauwerks. 1899 richtet der Verwalter des Grafen, Jakob Erdmann (1826-1905), ein Lokal ein. An Wochenenden bewirtet sein Sohn, ebenfalls mit Namen Jakob (1871-1959), die Ausflügler.

Wie der Name Lauer auf die Strahlenburg kam

In der Wirtschaftskrise um 1930 gerät der Graf in große finanzielle Turbulenzen. 1932 verkauft er daher Burg und Weinberge an die Familie seines Verwalters. Die Tochter des Hauses, Frieda, ist seit 1920 verheiratet mit Friedrich „Fritz“ Lauer. So kommt der Name Lauer auf die Burg.

Lauer ist Architekt. Nun baut er auf der Burg ein Lokal und Wohnbereiche, in die in den 1930er Jahren die Familie Lauer aus der Heidelberger Straße 37 umzieht. Frieda und Fritz haben drei Söhne: Karl, Kurt und Heinz. Karl wird promovierter Chemiker bei Boehringer, Kurt Diplom-Ingenieur bei Giulini. Und so ist es der jüngste, Heinz, der auf der Burg die Gastronomie und das damals noch bestehende Hotel mit fünf Gästezimmern übernimmt.

1963 wird erneut umgebaut. Das Kaminzimmer und die darüber liegende Wohnung für Heinz Lauer und Familie entstehen. Auch Gilbert Lauer wohnt damals hier: „Für uns als Kinder und Jugendliche war das natürlich ein einziger Abenteuerspielplatz“, erinnert er sich. „Im Burgkeller haben wir heimlich gepafft.“ Als Heinz Lauer die Lausbuben entdeckt, hat er die Idee, sie zu erschrecken, lässt einen Lautsprecher einen Schacht hinab und ruft: „Ist da jemand? Dieser Raum soll gesprengt werden.“ Schön schaurig auch der Brunnen, der von der Terrasse aus 20 Meter in die Tiefe geht.

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1966 ziehen Karl und Kurt mit ihren Familien aus. Von ihren beiden übereinander liegenden Wohnungen wird die untere als Büro und Wirtschaftsraum genutzt, die oberste steht fortan leer. Kurz vor dem Tod von Heinz Lauer 2001 übernimmt sein langjähriger Koch Ludger Evers die Gastronomie und führt sie bis zu seinem Ruhestand 2022 weiter. Die Wohnung von Heinz Lauer wird weiter von der Witwe Marcia bewohnt.

Im März 2023 verkauft sie einen der Burg-Teile, die ihr gehören, an einen Heidelberger Bauunternehmer. „Erst am Tag danach hat sie uns informiert: ,Ich habe verkauft’“, berichtet Gilbert Lauer. Über die künftige Nutzung bestehen unterschiedliche Ansichten zwischen beiden Zweigen der Familie, aber auch mit dem neuen Teilhaber aus Heidelberg. So einigt man sich auf eine Lösung: Komplettverkauf der Burg.

Mehr als ein symbolischer Euro

Fragt sich natürlich Otto Normalverbraucher: Wie viel kostet denn so’ ne Burg? Einen symbolischen Euro? „Nein, das auf keinen Fall“, lacht Gilbert Lauer, bittet aber bezüglich näherer Infos um Geduld: „Ich denke, es wird in absehbarer Zukunft eine Preisvorstellung veröffentlicht.“

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Vorstellung davon geben im Web Immobilien-Unternehmen, die Burgen im Angebot haben. Eine aus dem 15. Jahrhundert im Allgäu, deren Standort geheim gehalten wird, wird mit 1800 qm Wohnfläche auf 17 000 qm Grundstück für 3,7 Millionen Euro angeboten. Burg Veynau in NRW aus dem 14. Jahrhundert mit 1200 qm Wohnfläche und 15 000 qm Grundstück kostet „nur“ 1,55 Millionen. Für Burg Neustadt an der Aisch aus dem Jahre 1937 mit 1200 qm Wohnfläche und 32 Zimmern muss man jedoch 17 Millionen berappen.

Möglich, dass der Heidelberger Bauunternehmer die ganze Burg erwirbt. Unklar dann, ob etwa die Terrasse weiter öffentlich zugänglich bleibt. Gilbert Lauer träumt von einer Schriesheimer Lösung: „Könnten nicht viele Bürger und Freunde der Strahlenburg über kleinere und größere Spenden erreichen, dass die Burg in den Besitz der Stadt oder einer anderen geeigneten Organisation übergeht?“, räsoniert er: „Ich denke an das Waldschwimmbad, das es ohne die Beteiligung Tausender Bürger schon lange nicht mehr gäbe.“ Übrigens: Der Gemeinde ist die Burg schon einmal, 1932, angeboten worden. Damals lehnt sie ab.

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