Mannheim. Ein (ehemaliges) Bankhaus in den Quadraten – und ganz in der Nähe eine Kirche: Diese Hinweise haben knapp zwei Dutzend Leserinnen und Lesern gereicht, das Gebäude auf dem Foto aus dem Jahr 1952 zu identifizieren. In der Folge 217 unserer historischen Serie „Erkennen Sie Mannheim?“ verwiesen sie gezielt auf B 4,9, 10 und 10a. Die Gebäude befinden sich nur wenige Meter entfernt von der Jesuitenkirche.
Auf dem Foto zu lesen ist noch „Südwestbank“. Dieses Schild erinnert daran, dass die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg die Deutsche Bank – wegen ihrer Verstrickung in die Nazi-Diktatur – in zehn kleinere Regionalbanken aufgeteilt hatten. Eine davon war die Südwestbank mit Sitz in Stuttgart und Mannheim.
„Später, in den 1950er Jahren, schlossen sich die Teilinstitute, also auch die ,Südwestbank’, wieder zur Deutschen Bank AG zusammen. Die alten Führungskräfte übernahmen wieder“, blickt Rainer Axtmann auf die Historie. Sein Vater habe hier nach dem Abitur Anfang der 1950er Jahre seine Banklehre absolviert“ Im „heißen Sommer 1952“ sei es „in der oberen Etage von B 4,10 sehr stickig gewesen“. Deshalb hätten er und andere Banklehrlinge „so manche Mittagspause bei einer Cola in der angenehm kühlen Jesuitenkirche verbracht“.
Die Bankengeschichte an diesem Standort reicht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Daran erinnert der Verein Rhein-Neckar-Industriekultur ausführlich. Dort, wo im Jahr 1730 das Palais Dalberg errichtet wurde, lässt 1871 die gerade einmal ein Jahr zuvor gegründete Rheinische Creditbank „das Palais abreißen und an gleicher Stelle ein ziemlich fettes Bankgebäude errichten“, teilt der Verein auf seinen Internet-Seiten mit.
Fast die gesamte Mannheimer Industrieprominenz als Kunden
Das Institut sei damals als Aktiengesellschaft und als „kapitalkräftige Kreditorganisation für Handel und emporblühende Industrie“ gestartet: „Sie ist die erste Großbank in Baden“ und habe „fast die gesamte Mannheimer Industrieprominenz“ als Kunden gehabt. Entsprechend sei das Unternehmen „rasant“ gewachsen. Deshalb wurde das Gebäude in B 4 „zwischen 1902 und 1911 mehrfach vergrößert“. In Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise beteiligt sich die Rheinische Creditbank 1929 am Zusammenschluss mehrerer Großbanken zur Deutschen Bank AG. Im Zweiten Weltkrieg wird das Gebäude teilweise zerstört, von der „Vorderfront ist nichts erhalten“, so Rhein-Neckar-Industriekultur. Aber der ehemalige Tresorbau der Creditbank steht noch – „der schöne Rücken“, wie ihn der Verein bezeichnet. Fritz Ank kennt die Räumlichkeiten von innen. Er war in den 1950er Jahren Gebäudereiniger-Lehrling und als solcher morgens von 6 bis 8 Uhr in der Bank beschäftigt.
Heute wird das Gebäude von den Reiss-Engelhorn-Museen als Depot genutzt. Es „wirkt in der Tat wie eine große Schatzkiste“, meint Michel Müller. Nebenan steht inzwischen übrigens ein Neubau der Caritas. Im Vorfeld des Projekts hat Architekt Jochen Lange dort „archäologische Ausgrabungen vornehmen lassen“ und festgestellt, dass die „Gründung des gesuchten Gebäudes nicht den Plänen entsprach“. Deshalb sei eine sehr umfangreiche Standsicherung erforderlich gewesen.
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