Mannheim. Die ersten Erfahrungen sind vielversprechend: Seit knapp zwei Monaten darf sich das städtische Kinderhaus am Rheinauer Ring Familienkita nennen - und baut mit Sozialarbeiterin Christine Grasser auf eine zusätzliche Kraft im Team. Vorgestellt hat sie sich bei einem Elterncafé, zusammen mit Leiterin Christiane Saßnowski. „Das ist sehr gut gelaufen“, freut sich die Elternbeiratsvorsitzende Cathrin Firchau: „Es ist wichtig, dass es solche Angebote gibt“, mit Corona hätten die Kontakte unter den Eltern sehr gelitten.
Nicht nur das: Die Pandemie hat auch das Familienkita-Konzept ins Stocken gebracht. Eigentlich hätten es bereits seit zwei Jahren sechs städtische Familienkitas in Mannheim geben sollen. Hauptziele: Eltern untereinander und mit dem Team in Kontakt bringen und ihnen im Bedarfsfall bei Problemen zur Seite stehen. Aber gerade das war während Corona nicht möglich - in einer Zeit, in der Mama oder Papa ihr Kind aus Infektionsschutz-Gründen am Tor der Kita abgeben mussten - wenn sie denn überhaupt offen war.
Durch Corona im Verzug
Jetzt kommen die Familienkitas also mit zeitlichem Verzug - aber sie können bauen auf die Erfahrungen, die das Kinderhaus Parseval auf der Schönau in einem Pilotprojekt in zwei Jahren ab Januar 2019 gesammelt hat. Eltern in ihrer erzieherischen Kompetenz stärken, sie in schwierigen Lebenssituationen unterstützen: Das versuchte Parseval neben zahlreichen Beratungsangeboten zum Beispiel mit Fahrrad-Übungswochen, offenen Treffs für Kunst, Handwerk und Tanz oder Eltern-Kind-Turnen. Fast zwei Drittel habe man dadurch erreicht.
Für den Gemeinderat war es denn auch keine Frage, dieses Erfolgskonzept auf fünf weitere Kitas zu übertragen - und die zusätzlichen Sozialarbeiterinnen-Stellen zu genehmigen. Wobei das mit dem Übertragen des Konzepts so eine Sache ist. „Jedes Kinderhaus ist anders. Was hier passt, kommt in der Neckarstadt vielleicht nicht so gut an“, sagt Kita-Leiterin Christiane Saßnowski.
Eigene Ideen werden entwickelt
Denkbar sei vieles. Ulrike Scheurich, Abteilungsleiterin der städtischen Fachberatung Pädagogik, nennt als Beispiele Bewegungsangebote, Treffs nur für Eltern oder Kreativangebote, an denen Eltern und Kinder gemeinsam teilnehmen und dabei einiges über die Bildungsarbeit in der Kita erfahren. Daneben gemeinsame Tagesausflüge oder eine mehrtägige Freizeit, wie beim Pilotprojekt Parseval praktiziert.
Was am Rheinauer Ring oder an den anderen Standorten angeboten wird, steht teilweise noch nicht fest. Die Sozialarbeiterin entwickelt eigene Ideen und setzt sie um. Christine Grasser ist seit Mitte Januar im Kinderhaus Rheinauer Ring. Sie hospitierte zunächst in den Gruppen, „um Kinder und Team kennenzulernen und erste Kontakte mit den Eltern zu schließen“, berichtet sie. Grasser nimmt in aller Regel auch die Kinder in Empfang und versucht dabei, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen.
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Das klappe schon hin und wieder, noch intensiver gelang das aber beim ersten Elterncafé. 15 Personen nutzten dieses Angebot. Danach seien weitere Eltern auf sie zugegangen. „Viele hören davon, werden neugierig und kommen vielleicht zum zweiten Treffen“, hofft Alice Vöhringer. Sie koordiniert auf städtischer Seite die Arbeit der sechs Familienkitas und bringt die Sozialarbeiterinnen miteinander in Kontakt: „Das hilft beim Einstieg.“ Vöhringer setzt auch Fachtage an und ist Ansprechpartnerin bei Problemen.
Entlastung für das Kita-Team
Die Unterstützung durch eine Sozialarbeiterin weiß Christiane Saßnowski sehr zu schätzen. Dass das Kita-Team den Blick in erster Linie auf die Kinder richte, sei normal. Trotzdem gehe es in Elterngesprächen oft um Probleme mit Behörden, Vermietern oder Verschuldung. Da habe man bisher nicht viel helfen können. „Jetzt können wir die Eltern an unsere Sozialarbeiterin verweisen.“ Sie habe die Kapazität und die Möglichkeiten, „Familien zu begleiten“.
Ulrike Scheurich ergänzt: „Das ist eine zusätzliche Zeitressource mit neuem Know-how.“ Und es erspare den Eltern Wege, weil es eine Anlaufstelle direkt in der Kita gebe, die sie ohnehin jeden Tag ansteuern. Die ersten Schritte für Christine Grasser sind: ins Gespräch kommen, Angebote bekanntmachen, Vertrauensverhältnis aufbauen.
Vertraulichkeit garantiert
Und die Eltern selbst Ideen sammeln lassen oder nach ihren Bedürfnissen fragen, so Alice Vöhringer: „Da kommt dann zum Beispiel raus, dass eine Mutter eine andere sucht, mit der sie laufen gehen kann.“ Oder, wie auf der Schönau geschehen, der Wunsch, Fahrrad fahren zu lernen. „Da wären wir wahrscheinlich nicht von selbst drauf gekommen“, sagt Ulrike Scheurich.
Bei der Entwicklung neuer Angebote möchte sich auch der Elternbeirat einbringen. „Wir denken zum Beispiel an Bastelnachmittage, um den Eltern die Umgebung ihrer Kinder vorzustellen“, sagt Beiratsvorsitzende Cathrin Firchau. Oder an einen monatlichen Treff, bei dem Familien im Kinderhaus gemeinsam Zeit verbringen.
Beratungsgespräche dagegen sind streng vertraulich. Wie gut sie ankommen, hat sich beim Pilotprojekt auf der Schönau gezeigt. Zwischen April und Dezember 2019 kamen 76 solcher Gespräche zustande. Das Themenspektrum reichte von wirtschaftlichen Notlagen über Erziehungsthemen und Gesundheitsfragen bis hin zu Bitten um Unterstützung in akuten Konflikt- und Krisensituationen. Alles, was die Eltern entlaste, helfe letztlich den Kindern, meint Ulrike Scheurich. Die Familienkitas seien dafür „toll ausgestattet. Wir müssen alles tun, damit dieser Schatz auch glänzt“.
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