Wenn Thomas Grevelhörster an seine Schulzeit zurückdenkt, erinnert er sich auch an ein Gefühl: Verzweiflung. Zugegeben, damit wird er sicherlich nicht allein sein. Und doch unterscheidet sich Grevelhörsters Verzweiflung in einem Punkt von der Millionen anderer Schülerinnen und Schüler. Nicht etwa schlechte Noten oder die Angst davor, eine Klasse zu wiederholen, hätten ihn beunruhigt. „In Teenagerzeiten war ich sehr verzweifelt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, in welchen Beruf ich gehen könnte.“
Bis etwa zu seinem 25. Lebensjahr habe er stark gestottert, erklärt Grevelhörster in der 25. Episode des „Ppppodcast“. „Ich habe keine Chance gesehen, in einem Sprechberuf zu arbeiten“, sagt er über seine Schulzeit in den 1980er-Jahren. Grevelhörster hat diesen Schritt dann aber doch versucht - mit Erfolg. Heute leitet er als Chefarzt die Radiologie eines Krankenhauses im nordrhein-westfälischen Beckum und spricht „von morgens bis abends“ mit Patienten und Mitarbeitern. „Ich hätte früher nicht gedacht, dass ich in einem Beruf arbeiten könnte, auf dem man auf die Sprache stark angewiesen ist.“

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Als Stotternder in einer Führungsposition zu arbeiten - für Betroffene, das haben Gespräche des Autors gezeigt, ein nicht immer vorstellbares Ziel. Allein schon die Vielzahl an Bewerbungsgesprächen, die auf den Weg dorthin geführt werden müssen und in denen man sich trotz Stotterns für Aufgaben empfehlen soll, bereiten häufig Sorgen. „In den ersten Jahren meiner Bewerbungsgespräche habe ich das Stottern stärker thematisiert als später“, erklärt Grevelhörster. Die eigene Identifikation und ein offener Umgang mit dem Stottern helfe auch in Gesprächen mit Personalerinnen und Personalern weiter, rät der Radiologe. Auch mit Stottern könne man sich authentisch verkaufen und so aus einer vermeintlichen Schwäche eine Stärke machen. „Es geht in vielen Bereichen nicht darum, wie flüssig jemand spricht, sondern um fachliche und soziale Kompetenzen.“
Das Gespräch zeigt einen Mann, der mit sich und seinem Stottern, das immer wieder leicht zu erahnen ist, im Reinen ist. Oft kommt er auf positiven Erfahrungen durch den Besuch der Selbsthilfe zu sprechen. Immer wieder betont er, dass es natürlich als Stotternder möglich sei, Karriere zu machen, sagt aber auch, dass es wichtig sei, an der Symptomatik zu arbeiten. In Führungspositionen dürfe das Stottern hörbar sein, aber: „Man benötigt eine gewisse Grundflüssigkeit, um in Konfliktsituationen klarzukommen.“
Wie reagieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf das Stottern? Und was rät Grevelhörster Personalern, wenn sie eine Bewerbung eines Stotternden auf eine Führungsposition bekommen? Die Antworten darauf sind ab sofort auf der Webseite dieser Redaktion sowie auf Deezer, Spotify und Apple Podcast zu hören.
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