Mannheim. Mit dem Verwenden von Superlativen und absoluten Aussagen sollte man stets vorsichtig sein. Und doch kann man bei Nina Baumann guten Gewissens davon sprechen, dass sie vor etwa zwei Jahren eine Entscheidung getroffen hat, die ihr weiteres Leben verändern sollte. Die heute 23-Jährige hat sich 2020 dazu durchgerungen, mit der neuen Pfarrerin in ihrer Gemeinde über ihr Stottern zu sprechen. „Das war die Zeit, in der ich mich noch furchtbar geschämt habe und mein Stottern nicht zeigen wollte“, erinnert sich die Bayreutherin im Gespräch zur neuen Episode des „Ppppodcast“. Heute hat sie keine Probleme mehr, sich stotternd in der Öffentlichkeit zu zeigen.
Seit sie zehn Jahre alt ist, weiß Baumann, dass mit ihrem Sprechen irgendetwas nicht stimmt. Mal spürt sie, dass Blockaden kommen, mal muss sie Wörter wiederholen, mal Silben dehnen. Ihr Umfeld merkt davon aber nichts, selbst ihre Eltern wissen nicht, dass sie stottert. „Ich konnte mich niemandem anvertrauen, weil Scham und Angst vor den Reaktionen meiner Gesprächspartnerinnen und -partnern wahnsinnig groß waren.“
„Unerträgliche Last“
Um ihr Stottern zu verheimlichen, tauscht Baumann in wenigen Sekunden etwa Wörter gegen Synonyme aus, stellt Satzstrukturen um, benutzt Füllwörter, bestellt in Restaurants Speisen und Getränke, die sie eigentlich gar nicht essen oder trinken will - oder sie schweigt. Minutenlang sitzt Baumann im Unterricht über einem Aufsatz, den sie vorlesen soll, bis ihr Lehrer es schließlich selbst macht, erzählt sie. „Dass es mir so gut gelungen ist, das Stottern zu verstecken, erschreckt mich im Nachhinein.“
Die 26. Folge fällt etwas aus dem Rahmen des Formats. Baumann beschreibt über weite Strecken nämlich keine Erfolgsgeschichte im Umgang mit dem Stottern. Ganz im Gegenteil: Die Folge dreht sich vor allem um die Frage, wie es sich damit lebt, mehr als ein Jahrzehnt lang sein Stottern und damit auch einen Teil seiner Persönlichkeit zu verstecken und zu verleugnen. „Ich habe ständig einen Kampf mit mir selbst geführt.“ Jeder Tag sei für Baumann auch immer mit der Angst verbunden gewesen, mit ihrem Stottern doch aufzufallen. „Die Last wird irgendwann so unerträglich, dass man sich nicht mehr wohlfühlt.“
Warum sich Nina Baumann für ihr Stottern geschämt hat, wie sie es geschafft hat, dass aus dem Feind ein Freund geworden ist, welche Rolle das Stottern inzwischen in ihrem Leben spielt, was Baumann Betroffenen in einer ähnlichen Situation rät und ob das soziale Umfeld ein Gespräch übers Stottern von sich aus suchen sollte, ist ab sofort kostenlos auf allen gängigen Podcastplattformen sowie auf der Webseite dieser Redaktion zu hören.