Die Parteien haben in der Stadt zuletzt nochmals eine weitere Ladung Wahlplakate aufgehängt. Und in den vergangenen Tagen gab es bei Podiumsdiskussionen viele Möglichkeiten, die Mannheimer Kandidierenden für den Bundestag kennenzulernen – beim DGB genauso wie im Queeren Zentrum und in der „MM“-Wahlarena. Jetzt steuert alles auf die zwei zentralen Fragen zu, auf die das Wahlergebnis eine Antwort bringt: Wer holt das Direktmandat im Wahlkreis? Und welche Kandidaten aus der Stadt schaffen es über die Landesliste in den Bundestag?
Beim Direktmandat dürfte es einen Zweikampf geben zwischen der Grünen Melis Sekmen und Isabel Cademartori von der SPD. Im Frühjahr, als die Grünen im Bund traumhafte Umfragewerte hatten, sahen viele Sekmen als Favoritin in Mannheim. Ihre Partei war schon bei der Gemeinderatswahl vor zwei Jahren stärkste Kraft, Sekmen selbst holte damals parteiübergreifend die meisten Stimmen aller Kandidaten. Die angehende Volkswirtin, die ausgerechnet am Wahlsonntag 28 wird, ist eine von zwei Vorsitzenden der Grünen-Gemeinderatsfraktion.
Aber Mannheim ist eben auch eine Stadt mit großer SPD-Basis. Das und die aktuell große Beliebtheit von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz spricht für die 33-jährige Wirtschaftspädagogin Cademartori. Wie Sekmen hat auch sie – obwohl noch jung – bereits viel politische Erfahrung. Im Gemeinderat ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten.
CDU zauberte Hörner aus dem Hut
Oder wird es am Ende so, dass sich die beiden Frauen gegenseitig die Stimmen abnehmen – und CDU-Kandidat Roland Hörner das bürgerliche Lager hinter sich eint und lachender Dritter ist? Die Mannheimer CDU konnte den 67-jährigen früheren Hafen-Direktor gewinnen, als sie kurzfristig einen Ersatz für Nikolas Löbel brauchte. Löbel, der 2017 knapp vor der SPD das Direktmandat in Mannheim geholt hatte und von den Christdemokraten bereits erneut als Kandidat nominiert war, musste im März wegen seiner Maskengeschäfte von allen politischen Ämtern zurücktreten. Die CDU zauberte Hörner aus dem Hut, der kurzfristig in die Partei eintrat. Der Christdemokrat jedenfalls ist optimistisch – zu Sekmen sagte er diese Woche bei einer Podiumsdiskussion, er werde die nächsten vier Jahre in Berlin verbringen. Wenn sie es auch schaffe, könnten sie gemeinsam mit dem Zug fahren.
Damit Hörner nach Berlin kommt, muss er auf jeden Fall das Direktmandat holen – über die Landesliste der CDU hat er keine Chance, da steht der Jurist auf Position 40. Bei Sekmen ist das anders, sie hat auf der Grünen-Liste Platz 16 – damit werden ihr recht gute Chancen eingeräumt, über die Liste ins Parlament zu kommen. Auch Cademartori steht auf keiner schlechten Position – Platz 17. Vor vier Jahren schafften es 16 SPD-Politiker über die Liste nach Berlin.
Für die Grünen wäre es bei einer Bundestagswahl eine Premiere
Trotzdem wollen natürlich beide Frauen das Direktmandat. Für die Grünen wäre es bei einer Bundestagswahl eine Premiere in Mannheim, die SPD stand mit Lothar Mark zum letzten Mal 2005 ganz vorne. Danach gewann die CDU zweimal mit Egon Jüttner und einmal mit Löbel den Wahlkreis.
Außer Löbel war in den vergangenen vier Jahren auch die Mannheimer Linken-Politikerin Gökay Akbulut im Bundestag, sie schaffte es 2017 über die Landesliste. Die 38-jährige Sozialwissenschaftlerin ist bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Im Kampf ums Direktmandat dürfte sie nicht mitmischen, aber mit Listenplatz zwei ist sie ziemlich sicher im neuen Bundestag – vorausgesetzt, die Linken scheitern nicht an der Fünf-Prozent-Hürde.
Auch keinen schlechten Listenplatz hat FDP-Bewerber Konrad Stockmeier, der Mannheimer Kreischef der Liberalen. Der 44-jährige Volkswirt, der in der „MM“-Wahlarena bei vielen Besuchern gut ankam, steht auf Platz 13. Vor vier Jahren schafften es über die Liste zwölf Liberale nach Berlin. Gar nicht auf der Landesliste vertreten ist AfD-Bewerber Jörg Finkler. Will der 48-jährige Polizist und Stadtrat nach Berlin kommen, muss er das Direktmandat holen.
Das dürfte Finkler aber ebenso wenig schaffen wie die weiteren sechs Bewerberinnen und Bewerber auf dem Wahlzettel, deren Parteien nicht im Bundestag vertreten sind: Stephan Frauenkron (Freie Wähler), Simon Matheis (Die Partei), Joachim Förster (ÖDP), Josef Buck (MLPD), Lars Ebert (Die Basis) und Johanna Legnar (Klimaliste BW). Am Sonntagabend wissen alle mehr.
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