Wohnen

Warum die Mieten in Mannheim "rasant steigen" werden

GBG-Chef Karl-Heinz Frings erklärt im Interview, welche Folgen steigende Zinsen und Energiekrise für Mieterinnen und Mieter in Mannheim haben werden - und wie Wohnungen entstehen können, ohne weitere Flächen zu versiegeln

Von 
Martin Geiger
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Nicht nur in Feudenheim, sondern in der gesamten Stadt werden die Menschen mehr Geld fürs Wohnen ausgeben müssen, erwartet GBG-Chef Karl-Heinz Frings. © Michael Ruffler

Herr Frings, Inflation, steigende Zinsen, Energiekrise: Im vergangenen Jahr ist viel geschehen. Welche Auswirkungen hat das auf den Wohnungsmarkt in Mannheim?

Karl-Heinz Frings: Für den allgemeinen Wohnungsmarkt rechne ich mit zwei Auswirkungen: Erstens werden die Mieten noch stärker als in der Vergangenheit steigen. Denn die Vermieter werden sich durch die Inflation und die steigenden Baukosten gezwungen sehen, höhere Preise zu verlangen. Und zweitens wird auch die „zweite Miete“, also die Nebenkosten, mindestens genauso stark steigen – wahrscheinlich sogar noch stärker. Und es macht einen riesigen Unterschied, ob Sie heute Nebenkosten von 2,50 Euro pro Quadratmeter haben oder nächstes Jahr 3,50 oder vier Euro. Die verschiedenen Krisen, die zeitgleich auf uns einschlagen, führen dazu, dass die Mieten rasant steigen werden.

Und welche Auswirkungen haben diese Krisen auf die größte Vermieterin in der Stadt, also die GBG?

Frings: Die gleichen wie bei allen anderen auch: Wir haben bei Instandhaltungen, Modernisierungen und Neubauten mit steigenden Kosten zu kämpfen. Wir haben Lieferengpässe, die zu Verzögerungen führen. Die Zinsen steigen, und wir haben die Inflation – der gesamte Geschäftsbetrieb wird also teurer.

Karl-Heinz Frings ist seit acht Jahren Chef der GBG. © GBG/Timo Volz

Was bedeutet das für Ihre Mieter?

Frings: Für die ist es jetzt ein großer Vorteil, dass wir eine städtische Gesellschaft sind und kein privatwirtschaftliches Unternehmen, das nur auf Rendite ausgerichtet ist. Dadurch können wir den Druck etwas abfedern. Trotzdem ist es so, dass wir diese zusätzlichen Belastungen nicht allein auffangen können, sondern einen Teil davon an die Mieter weiterreichen müssen.

Was heißt das konkret?

Frings: Zum Beispiel, dass die Heizkosten steigen werden: Da können wir ohnehin kaum etwas machen, weil wir die Abschläge ja direkt an die MVV weitergeben. Bei den Wohnungen, die mit Fernwärme beheizt werden, müssen wir die Vorauszahlungen um 20 Prozent erhöhen, bei denen mit Gasheizung sogar um 100 Prozent.

Und die Mieten?

Frings: Die werden wir, leider, auch erhöhen müssen. Zurzeit liegt die Durchschnittskaltmiete in Mannheim laut Mietspiegel ja bei 8,37 Euro pro Quadratmeter. Die in unseren Gebäuden liegt dagegen bei sieben Euro. Anfang 2023 wird der neue Mietspiegel veröffentlicht, in dem sicher wesentlich höhere Werte zu finden sein werden. Wir wollen aber, dass der Abstand zwischen den Preisen dort und unseren eher größer als kleiner wird. Das heißt, wir werden die Mieten nicht so stark erhöhen wie der restliche Markt.

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Um wie viel Prozent werden die Mieten steigen?

Frings: Das kann ich gar nicht konkret sagen, weil es von Objekt zu Objekt unterschiedlich ist und wir nicht gleichzeitig bei allen Mietverhältnissen erhöhen. Klar ist aber, dass die Steigerungen etwas größer sein werden als in den vergangenen drei, vier Jahren. Klar ist aber auch, dass wir bei der ganz überwiegenden Zahl der Fälle deutlich unter dem gesetzlich Möglichen von 15 Prozent bleiben werden.

Wir müssen als Unternehmen einfach wirtschaftlich gesund bleiben

Das heißt, es läuft auf etwa zehn Prozent hinaus?

Frings: Im Schnitt noch nicht mal, zudem erhöhen wir ja wie gesagt nie bei allen Mietverhältnissen, sondern nur bei denen, wo es mietrechtlich möglich und angebracht ist. Wir werden im Durchschnitt bei rund 2,5 Prozent Erhöhung pro Jahr landen. Trotzdem wissen wir, dass jede Mieterhöhung wehtut. Und in diesen Zeiten, in denen alles teurer wird, sogar noch mehr. Aber wir als Unternehmen müssen einfach wirtschaftlich gesund bleiben – sonst können wir eines Tages unsere Aufgaben gar nicht mehr wahrnehmen. Und damit wäre sicher niemandem geholfen.

Ihre Aufgaben sind in den vergangenen Jahren wesentlich mehr geworden: Inzwischen bauen Sie Kitas, kümmern sich um Schulgebäude, verkaufen Lebensmittel, errichten Rathäuser und pflegen sogar Senioren. Sie kümmern sich praktisch von der Wiege bis zur Bahre um die Bürger. Warum?

Frings: Früher war die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum unsere einzige Aufgabe. Und das wird auch in der Zukunft unsere Kernaufgabe bleiben. Aber wir definieren Wohnen heutzutage breiter als früher: Dazu gehört auch, dass das Umfeld attraktiv ist, dass es sauber und sicher ist, dass die Nahversorgung gut ist. Und darum haben wir uns als GBG-Gruppe eine Strategie gegeben, wonach wir uns mit allen Aufgaben befassen, die mit Immobilien, Quartier und Stadtentwicklung zu tun haben: Wir wollen allen Mannheimerinnen und Mannheimern passend zu ihrer jeweiligen Lebensphase ein Angebot machen.

Die GBG und ihr Chef

Karl-Heinz Frings ist seit 2014 Geschäftsführer der GBG Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH sowie von deren Tochtergesellschaften BBS Bau- und Betriebsservice GmbH und MWS Projektentwicklungsgesellschaft mbH.

Von 2007 bis 2013 war der Diplom-Kaufmann Geschäftsführer der DSK Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH in Wiesbaden, die als bundesweit tätiger Stadtentwickler Sanierungs-, Entwicklungs- sowie Konversionsmaßnahmen betreut.

Die GBG ist als Gemeinnützige Baugesellschaft Mannheim am 2. Juni 1926 gegründet worden.

Ihr gehören mehr als 19 400 Wohnungen. Damit ist sie die größte Vermieterin in der Stadt und die größte kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Baden-Württemberg. Rund zwölf Prozent der Mannheimerinnen und Mannheimer leben in GBG-Wohnungen.

Die GBG gehört zu 100 Prozent der Stadt Mannheim. Aufsichtsratsvorsitzender ist Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), sein Stellvertreter Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD). bro/mig

Warum können Sie beispielsweise das Technische Rathaus besser bauen als die Stadt selbst?

Frings: Ich würde nicht behaupten, dass wir das besser können. Aber erstens ist das manchmal auch eine Frage der Kapazitäten; und zweitens haben wir beim Bauen eine besondere Expertise, weshalb es bei diesem Beispiel eine Reihe von Gründen gab, die es sinnvoll erscheinen ließen, dass wir das machen.

Die Seniorenheime haben Sie auch übernommen, damit diese, sollte sich an der Trägerschaft des Uniklinikums etwas ändern, im Besitz der Stadt bleiben. Oft springen Sie zudem in Notsituationen ein, etwa nach der Markthaus-Insolvenz 2019 oder dem Kita-Baustopp der evangelischen Kirche in diesem Jahr. Haben Sie immer alles freiwillig gemacht?

Frings: Das, was wir machen, entspricht unserer selbst gewählten Strategie. Wir werden von der Stadt als unserer alleinigen Gesellschafterin zu nichts gezwungen: Wir erfüllen städtische Wünsche gerne, wenn sie deckungsgleich mit unserer eigenen Strategie sind.

Verstehen Sie die Kritik, dass die demokratischen Rechte des Gemeinderats immer weiter ausgehöhlt werden, je mehr Aktivitäten die Verwaltung in städtische Gesellschaften auslagert?

Frings: Ich kenne diese Kritik, teile sie aber nicht. Unsere Kontrolle findet über den Aufsichtsrat und nicht den Gemeinderat statt. Der Aufsichtsrat ist dem Wohl des Unternehmens verpflichtet, der Gemeinderat hat das Gemeinwohl im Auge. Aber meine Beobachtung in den vergangenen acht Jahren ist die, dass das praktisch deckungsgleich ist – weil 13 unserer 21 Aufsichtsräte Stadträte aller Fraktionen sind.

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Nachdem sich Ihr Aufgabengebiet ausgeweitet hat, wollen Sie auch Ihre Organisationsstruktur verändern. Was soll das bringen?

Frings: Wir wollen uns organisatorisch und gesellschaftsrechtlich verbessern und unsere Strukturen unserer neuen Größe anpassen. Als ich vor acht Jahren zur GBG gekommen bin, hatten wir etwas mehr als 300 Mitarbeiter. Nach dem Wachstum der vergangenen Jahre sind es jetzt gut 1100. So vermischen sich derzeit Aufgaben und Verantwortlichkeiten etwas. Das wollen wir neu ordnen und damit Klarheit schaffen – nach innen und nach außen. Darum trennen wir die operativen Bereiche eindeutig voneinander ab und unterscheiden zudem in eine Dachgesellschaft und das operative Geschäft. Das hilft uns bei der Steuerung der gesamten Gruppe und lässt weitere Erweiterungen zu. Unsere Kernaufgabe bleibt aber die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum.

Wir brauchen ein paar Tausend neue Wohnungen.

Wo sehen Sie dabei in den nächsten Jahren die größten Schwierigkeiten?

Frings: Die größte Herausforderung ist die Bevölkerungsentwicklung: In den nächsten Jahrzehnten wollen nach wie vor sehr viele Menschen in die Stadt ziehen. Das heißt, wir brauchen ein paar Tausend neue Wohnungen. Gleichzeitig haben wir aber nicht mehr die Konversionsflächen, auf denen wir in großer Stückzahl neu bauen können. Die Aufgabe wird also immer kleinteiliger.

Ist das überhaupt zu schaffen, ohne dass neue Flächen versiegelt werden, wie ja die Vorgabe lautet?

Frings: Ja, aber nur, wenn man alle Möglichkeiten nützt: also Nachverdichtungen in zweiter Reihe, Aufstockungen und die Umnutzung von gewerblichen Einheiten, die nicht mehr als solche benötigt werden. Wenn ich die vielen Büroneubauten in der Stadt sehe, bin ich mir sicher, dass wir in den nächsten Jahren einige ehemalige Büroflächen finden werden, die wir zu Wohnraum umwidmen können. Und das ist meiner Einschätzung nach der einzige Weg, den wir gehen können, um das Ziel zu erreichen.

Was würde geschehen, wenn es nicht gelingt, die bis 2040 benötigten knapp 10 000 Wohnungen zu errichten?

Frings: Es gäbe viele Menschen, die auf relativ wenige Wohnungen treffen würden. Und das hätte zur Folge, dass der vorhandene Wohnraum noch teurer werden würde. Das kann niemand wollen, weil es dann zu einem Verdrängungswettbewerb käme, bei dem die Menschen die Verlierer wären, die es sich nicht mehr leisten könnten, in der Stadt zu wohnen. Wenn wir also neue Wohnungen bauen, geht es nicht nur darum, dass die Stadt wächst – sondern hauptsächlich darum, eine weitere Preisspirale zu verhindern und die hiesigen Mieter zu schützen.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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