Prozess

Warum Bordellverlegungen im Mannheimer Gerichtssaal öffentlich wurden

Ein betrügerischer Geschäftsmann, erschlichene Bankkredite und eine millionenschwere Wendung: Wie ein Photovoltaik-Projekt in Mannheim zu einem Rotlicht-Skandal wurde

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Die Lupinenstraße in Mannheim ist immer wieder Diskussionsthema. In einem 2022 laufenden Prozess war sie es auch bei Gericht. © Dieter Leder

Mannheim. „Der Zufall sorgt im Drehbuch der Wahrscheinlichkeiten für Knalleffekte“: Dieser Kalenderspruch sollte sich bewahrheiten. Schließlich hätte es niemand für möglich gehalten, dass Gespräche, die die Stadt und die GBG (Gemeinnützige Baugesellschaft) hinter den Kulissen mit einem Immobilienentwickler über die Verlagerung von Bordellen aus der Lupinenstraße zugunsten von Wohnungen geführt haben, ausgerechnet in einem Wirtschaftsstrafverfahren öffentlich werden.

Eigentlich ging es um den Kauf einer Photovoltaik-Anlage

Eigentlich saß in dem Mitte Dezember 2021 vor dem Mannheimer Landgericht gestarteten Verfahren ein betrügerischer Geschäftsmann aus Nußloch auf der Anklagebank. In dem Prozess ging es neben erschlichenen Bankkrediten auch um eine Million Euro, die eigentlich zum Kauf einer Photovoltaik-Anlage bestimmt war, aber für ein Rotlicht-Projekt als Darlehen zu einem Mannheimer Immobilienverwerter „umgeleitet“ worden war . „Wir wollten Geld in erneuerbare Energie stecken und haben in einen Puff investiert“, umschrieb das betrogene Ehepaar die Situation.

Als Teil der Beweisaufnahme leuchtete die Wirtschaftsstrafkammer aus, was es mit dem Rotlicht-Vorhaben auf sich hatte. Der Geschäftsführer jenes Immobilienunternehmens, an das die unterschlagene Summe überwiesen worden war, schilderte im Gerichtssaal: Der von ihm vertretene Projektentwickler habe in der Lupinenstraße knapp 80 Prozent der Häuser erworben.

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Gemeinsam mit Investoren sei das Konzept entwickelt worden, zugunsten von Wohnblocks in Mannheims ältester Prostitutionsgasse dortige Bordelle jenseits der dicht bevölkerten Neckarstadt-West zu verlegen - sofern die Kommune geeignete Ausweichstandorte für Eros-Etablissements anbietet. Zur Sprache kam eine Begehung der Lupinenstraße mit interessierten Geldgebern. Darunter seien auch Banker gewesen, die aber über andere Firmen investieren wollten. Denn offiziell, so der Geschäftsführer, würden Geldinstitute keine Geschäfte in der Rotlichtszene machen. Dies gelte immer noch als anrüchig.

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In dem 2022 laufenden Prozess - Mitte Juli wurde der betrügerische Geschäftsmann zu mehr als sechs Jahren Gefängnis verurteilt - ploppte auf: Bei den Verhandlungen der Mannheimer Immobiliengesellschaft mit Rathaus und GBG standen als eventuelle Bordell-Ausweichorte die Untermühlaustraße und die Ludwig-Jolly-Straße zur Diskussion - was auf „MM“-Nachfrage Petar Drakul bestätigte, der Persönliche Referent des damals amtierenden Oberbürgermeisters Peter Kurz.

Korruption im Bauamt der Stadt Mannheim aufgedeckt

Dass die hinter den Kulissen geführten Gespräche im März 2021 jäh endeten, hatte mit der im Bauamt aufgeflogenen Korruption zu tun: In die Affäre war just jener Projektentwickler verwickelt, der in der Lupinenstraße auf „Großeinkauf“ gegangen war. Der Geschäftsführer und ein im Hintergrund wirkender Teilhaber saßen mehrere Wochen wegen zur Last gelegter Bestechung und Geldwäsche in U-Haft.

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Eine ebenfalls kurzfristig inhaftierte und später fristlos gekündigte Sachbearbeiterin soll behördeninterne Informationen weitergegeben und eine Baugenehmigung unrechtmäßig erteilt haben. Von finanziellen Zuwendungen, Geschenken, Versprechungen und Gefühlen zu einem der Unternehmer ist die Rede. Aufgrund Tausender Chatprotokolle, die auch das Projekt Lupinenstraße betreffen, erklärte die Staatsanwaltschaft vor einigen Wochen gegenüber dieser Redaktion: Mit einem Abschluss des Verfahrens ist vermutlich frühestens im Frühjahr zu rechnen.

Freie Autorin

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